Leica D-Lux 3 im Test: Um eine Armlänge

Test Leica D-Lux 3 (I/III): Leicas Point-and-Shoot-Flaggschiff gefällt mit einigen raffinierten Extras. Was ihr fehlt, ist das Markenzeichen des Vorbilds: ein Sucher.

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Test Leica D-Lux 3: Handling / Bildleistung / Fazit

Das Understatement der Leica-Kameras ist legendär. Vor allem ihre weltberühmte M-Reihe, die Sucherkamera der Wahl vieler Fotoreporter und Dokumentarfotografen, hat sich nie wirklich vom Bauhaus-Stil entfernt: Es ist eine Blechschachtel mit einem aufgepropften Objektiv auf der einen und einem Sucherfenster auf der andern Seite. Oben auf dem Gehäuse sitzen ein paar Knöpfe. Und das wars dann auch schon.

Hier auf fokussiert.com wollen wir zwar vornehmlich die anspruchsvolle Amateurfotografie behandeln, und nur die wenige ernsthafte Fotografen würden sich mit einer kompakten Digitalen zufrieden geben. Allerdings sind die Sony Alpha, die Canon Digital Rebel oder auch eine Nikon D80 doch vielfach zu schwer und zu klobig, um sie auf den kleinen Wochenendausflug mit der Familie mit zu nehmen, und so manche preisgekrönte Fotografie der vergangenen zehn Jahre ist mit einer durchschnittlichen digitalen Kompaktkamera von drei und weniger Megapixeln aufgenommen worden. Fotografie besteht noch immer mehr aus dem Sehen als dem Ablichten.

Mir jedenfalls fehlt seit dem „Tod“ meiner winzigen Minolta Dimage X eine brauchbare Knipsbox für die magischen Momente, die unverhofft im Alltag auftreten. Sie sollte vom Format einer Hosentasche sein. Und nach den Schwierigkeiten mit dem vertikal verbauten integrierten Zoom-Tele der Minolta habe ich mich nach einer kompakten mit einer lichtstarken Optik umgesehen. Hinzu kommt der Image-Faktor: Was, wenn nicht eine Leica, würde den Knipser als inkognito-Spiegelreflex-Nutzer outen?

Zumal Leica mit der D-Lux 3 die Charakteristika ihrer legendären Sucherkameras nachzuahmen versucht hat. Nicht ganz erfolglos: Zumindest hebt sich die kleine schwarze Blechschachtel mit dem runden Objektiv optisch wohltuend von den typischen Kompaktkameras ab. Das sieht doch wieder aus wie ein Fotoapparat! Verstärkt wird die Impression durch den (dünnen und billig wirkenden) Obejektivdeckel, den der Fotograf händig abnehmen muss, um Bilder zu schiessen.

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Das mattschwarze Alugehäuse mit dem roten Leica-Emblem wirkt in der Tat wertvoller als so manche futuristisch gestaltet Knipsbox. In der Tat hat die D-Lux 3 auch einiges an noblen Innereien zu bieten – und sie liegt preislich nicht grade am unteren Tabellenrand.

Während sie indes in der Optik gefällt, hat das kleine und mit einem nicht sonderlich griffigen schwarzen Lack versehene Gehäuse seine Tücken. Die alten M-Modelle nämlich lagen aufgrund ihrer Grösse trotz Schachtel-Form recht gut in der Hand. Die D-Lux hingegen ist ganz einfach zu klein, um sie wirklich sicher in beiden Händen zu halten – und der Griff ans Objektiv mit der Linken macht wenig sinn, denn selbst im voll manuellen Betrieb werden Blende und Schärfe nicht am elektrisch ausgefahrenen Tele-Zoom eingestellt, sondern auf der Kamera-Rückseite mittels Joystick und Menu.

Das war im zweiwöchigen Test denn auch die grösste Enttäuschung: Die kleine Leica sieht zwar aus wie ein klassischer Fotoapparat, aber sie benimmt sich keineswegs so. Die gesamte Handhabung gleicht, den Äusserlichkeiten des Gehäuses zum Trotz, jeder anderen Kompakten. Will heissen: Fast alle wichtigen Funktionen werden nicht über eigene Schalter und Knöpfe, sondern über das Bildschirmmenu gesteuert, was immer wieder in Klick-und-Such-Orgien ausartet.

Auf der Suche nach den Funktionen

Ausgerechnet die Funktionen, denen Leica eigene Knöpfe am Gehäuse spendiert hat, sind nicht wirklich häufig genutzte: Der Bildstabilisator beispielsweise bleibt vorzugsweise eingeschaltet – ausser für Stativaufnahmen gibt es keinen Grund, die hervorragend arbeitende Funktion überhaupt auszuschalten. Und der oben auf dem Objektiv sitzende Schieberegler, mit dem eines der drei Bildformate ausgewählt werden kann, ist meiner Ansicht nach vollständig überflüssig: Der Wechsel von 16:9 auf 4:3 oder 3:2 ist nichts anderes als eine Cropping-Funktion, die sich auch mit einer Software an den generell im 16:9-Format aufgenommenen Bildern einrichten liesse. Aus den 10-Megapixel-Aufnahmen im Breitformat werden also im 4:3-Modus ganz einfach 7-Megapixel-Fotos, und auf dem Monitor der Kamerarückwand werden links und rechts zwei schwarze Balken eingeblendet.

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Leica bewirbt die kleine im Schwarz- oder Silber-Look mit den angeblich „einzigartigen manuellen Einstellmöglichkeiten“, und in der Tat weist das Modus-Wählrad auf der Kameraoberseite die klassische P-Automatik, Blenden- oder Zeitvorwahl, den manuellen M-Modus und daneben nur die Umstellung auf Video-, Abspiel-, Print- oder Scenery-Modus auf. Die Motivprogramme sind sinnvollerweise allesamt im Menu auf dem 2,8-Zoll-Bildschirm untergebracht und lassen sich mit dem Joystick, der neben einer fünfwahl-Knopfanordnung die Steuerung vieler Funktionen übernimmt, mit Klicks nach links und nach rechts auswählen. An der von Spiegelreflex her bekannten Stelle auf der linken Seite des Objektivs findet sich schliesslich der Umschalter von Autofokus auf Makro- und manuelle Scharfstellung.

All dies vermag zu gefallen, aber eigentlich ist das Handling im manuellen Betrieb massgeblich. Und hier erweist sich die Kleine ebenso als elektronische Wundertüte wie ihre weniger edlen Artgenossen. Die Wahl der Blende und der Zeit, aber auch die Scharfstellung geschieht über den Joystick, und je nach gewünschter Funktion muss zuerst mit den Fünfweg-Tasten umgeschaltet werden. Eine Anzeige auf dem Monitor deutet zwar an, ob die Blende mit dem Joystick in der Vertikalen oder in der Horizontalen eingestellt wird – aber diese Anzeige ist keineswegs intuitiv, und ich hatte auch nach zwei Wochen sporadischen Gebrauchs kein eindeutiges Gefühl für die Kamera, was grade, wenn es um Momentaufnahmen mit schneller Reaktion geht, äusserst lästig oder gar motivkillend wirkt.

Ein grosses Plus gegenüber den meisten Kompakten ist der Fokus/Belichtungsspeicher-Knopf auf Daumenhöhe rechts, mit dem sich eine Punktmessung ausserhalb des Motivzentrums vornehmen und für eine Rekomposition des Bildes speichern lässt.

Mit ausgestreckten Armen

Grösstes Manko im Design der D-Lux 3 allerdings ist das Fehlen eines Suchers. Nicht so sehr, weil man mit einem kleinen Guckloch – und viel mehr hätte in dem kompakten Gehäuse ja nicht Platz mehr sehen würde als auf dem scharfen und kontrastreichen Display, das auch in greller Sonne gute Dienste leistet und den Weissabgleich und den gewählten Bildschnitt verdeutlicht. Aber zusammen mit dem Menu-Gefummel vernichtet die Fotografie mit halb ausgestreckten Armen das Gefühl für Kompositionskontrolle und Timing. Abgesehen davon, das die Stabilität fehlt, die eine an den Kopf gepresste, leichte Kamera gewinnt, erschwert der relativ träg reagierende Monitor eine Präzise Wahl des Ausschnitts.

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Das ist ausserdordentlich Schade, weil die Entwickler auf einige Details geachtet haben, die andere Kamerahersteller bis heute übersehen haben. Raffiniert ist beispielsweise die Funktion, welche den Betrachtungswinkel des Displays um rund 45 Grad verschiebt: Damit lässt sich auch bei hoch über den Kopf gehaltener Kamera auf dem Bildschirm noch der Ausschnitt betrachten, wo auf andern Mattscheiben eben nichts mehr zu sehen wäre. Leider ist auch diese Funktion irgendwo in den Menus vernestelt, und es gibt sie nur für einen besseren Betrachtungswinkel von oben.

Dabei würde sich die Leica mit ihrem 28mm-Weitwinkel (Kleinbildäuquivalent, Telezoom bis umgerechnet 112 mm) gerade dazu anbieten, aus ungewohnter Perspektive, nämlich dicht über dem Boden oder von unten, zu experimentieren.

Geradezu peinlich plump wirkt schliesslich der nicht sonderlich starke Blitz, der fast unsichtbar versenkt im Gehäuse sitzt und auf Tastendruck mit einem kratzenden Plastik-Klick und ungebremst daraus hervorschiesst: Der PEZ-Dispenser-Effekt wirkt ganz einfach schrecklich billig.

Aller hier angebrachten Kritik zum Trotz handelt es sich bei der D-Lux 3 um eine gelungene Kompaktkamera – das deutsche Qualitätsprodukt kann es in Sachen Verarbeitung, Optik, Aussehen und Funktionalität locker mit den Standardmodellen der grossen Marken aufnehmen.

Aber eine Leica muss sich nicht an ihrer aktuellen Konkurrenz, sondern am Ruf und am Image der eigenen Marke messen lassen. Und die Sprungmarke an diesem Masstab nimmt sie nur grade noch knapp.

Im kommenden zweiten Teil des Tests befassen wir uns mit den fotografischen Qualitäten der D-Lux3.

[postlist „Leica D-Lux 3“]

4 Kommentare
  1. Peter Sennhauser
    Peter Sennhauser sagte:

    Ja, von Panasonic gibts das gleiche Modell für weniger Geld – aber auch ohne das Prestige.
    Und die digitale M8 ist eben auf den Markt gekommen – sie kann wie alle M-Modelle mit sämtlichen je für die Serie gebauten Objektiven benutzt werden, von denen so manches mehr kostet als ein kleiner Neuwagen. Aber auch das Gehäuse der M kostet irgendwo in der Region von 4000 Euro (oder ähnlich, hab die genaue Zahl grad nicht mehr im Kopf – ich merk mir die so ungern…)

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