Leica X1: Die (sucherlose) Leica für Arme

Mit der kompakten X1 mit APS-C-Sensor bringt Leica eine lichtstarke Festbrennweiten-Kompaktkamera – die Sucher-Leica für Arme (ohne integrierten Sucher).

Leica X1: Die Leica M für Arme? (Bild Leica)

Weil sie so klein und leise waren, genossen die Leica-Sucherkameras seit Jahrzehnten einen hervorragenden Ruf bei Fotoreportern: Das M-System von Leica war eine Sucherkamera mit Wechselobjektiven, das puristischer kaum hätte sein können – und grade darin lag – neben dem Ruf der Leica-Objektive – seine Qualität.

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Mit der X1 bringt Leica jetzt eine Kompaktkamera dicht an der Philosophie der M-Serie, allerdings in einem – verhältnismässig – bezahlbareren Bereich als die digitalen M-Kameras. Die Leica X1 verfügt dabei nicht nur über einen APS-C-Sensor (von der Grösse der Semiprofi-Spiegelreflex von Nikon oder Canon) und über eine Blende von 2.8, sondern fotografiert auch in einem RAW-Format:

Sie nimmt Fotos in JPG und im von Adobe vorgeschlagenen DNG-Dateiformat auf, das eine Art standardisiertes RAW und viel weitgehender bearbeitbar ist als JPG.

Mit 1550 Euro ist die Leica X1 zwar vielleicht nicht grade ein Schnäppchen – aber im Vergleich zu den Preisen der ausgewachsenen M-Modelle von Leica ist sie einigermassen erschwinglich.

Worauf die „armen“ unter den Leica-Käufern mit der X1 verzichten müssen: Einen Sucher bringt die X1 nur als Zubehör zum Aufstecken auf den Blitzschuh mit, und das Objektiv ist eine Festbrennweite von 24mm, respektive 36mm im Kleinbildäquivalent.

Trotzdem ist die Kamera, die alle manuellen Einstellungen erlaubt und von 100 bis 3200 ISO empfindlich ist, eine Ausnahmeerscheinung: Eine Kompakte mit einem derart grossen Sensor gabs schon lange nicht mehr; die Schärfentiefen-Möglichkeiten liegen demnach im Bereich der gehobeneren DSLR, und mit moderaten 12.9 Megapixeln könnte sich die kleine Leica in Sachen Lichstärke, Rauschen und Bildqaulität dicht an die SLR-Boliden heranschieben: Eine echte Reise- oder Alltags-Zweitkamera für Profis also?

Wenn die Optik dem Leica-Ruf gerecht wird, könnte sie das sein. Ein Wermutstropfen allerdings ist das Fehlen des Suchers – und der Monitor, der ihn ersetzen soll, mit dieser Auflösung aber nicht kann: Ein 2.7-Zoll-Bildschirm, der eine Auflösung von 230Pixeln hat – rund ein Drittel dessen, was die aktuellen SLRs bieten. Man könnte argumentieren, dass auch die preiswerteren unter den Spiegelreflex nicht viel höher auflösen – bei denen aber dient der Monitor nur als Kontrollbildschirm und gelegentlich als LiveView-Sucher.

Eine Kompakte mit Semiprofi-Anmassung muss ein vernünftiges System für die Bildkomposition bieten. Ich wäre schon mit einem hochauflösenden Monitor nicht ganz glücklich und würde den Zusatzsucher zweifellos ohnehin benutzen. Aber bei dieser Auflösung fällt der Monitor für die manuelle Scharfstellung ohnehin weg.

Die Leica X1 soll rund 1550 Euro kosten.

Leica X1 Produktseite

[hide] Leica X1: Spartanisch aussen, mit grossem APS-C-Sensor innen. Der Monitor hat leider nur 230K Pixel.Die Leica X1 hat einen integrierten Blitz, aber auch einen Blitzschuh... (Bild Leica)...wobei der Blitzschuh vom Zubehör-Sucher der Leica X1 besetzt wird. (Bild Leica)Die Draufsicht auf das Metallgehäuse der Leica X1 zeigt noch mehr puristisch anmutende Bedienelemente. (Bild Leica)

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11 Kommentare
  1. Stefan Krüger
    Stefan Krüger sagte:

    Als Leica M Aktivist und Ausprobierer beim Photohändler der X1 muß ich sagen, ich habe mich in das kleine große Werk der Solmser verliebt.
    Nun hader ich ein wenig mit ihrer Anschaffung.
    Wie schon angesprochen, die Focussierung mit dem Stellrad ist auch meine Sache nicht.
    Ähnliches gibt es mit einer solchen Lupe bei der V-LUX 1.
    Von daher war ich dort schon in deren manuellen Bereich etwas irriert.
    Aber es funktioniert immerhin tadellos und ich denke, es ist eine Sache der Gewohnheit und Übung.
    Aber als „einfach so mal mit Kamera“ ist das Ding schon klasse.
    Nur die Belederung hätte die einer M7 oder M9 in schwarz, Zwecks besserer Griffigkeit, sein müssen.
    Aber es ist ja noch Zeit für Verbesserungen.

    Gruß Stefan

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  2. Marcus
    Marcus sagte:

    @Peter Sennhauser

    Vielen Dank für die ausführliche Auskunft. Die erläuterten Zusammenhänge waren mir bisher nicht bekannt, sehr interessant. Ich denke, ich werde mir die x1 mal näher anschauen, die Auflösung des Displays dämpft meine Erwartung allerdings deutlich.

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  3. Marcus
    Marcus sagte:

    Eine Kompakte mit einem derart grossen Sensor gabs schon lange nicht mehr; die Schärfentiefen-Möglichkeiten liegen demnach im Bereich der gehobeneren DSLR, und mit moderaten 12.9 Megapixeln könnte sich die kleine Leica in Sachen Lichstärke, Rauschen und Bildqaulität dicht an die SLR-Boliden heranschieben:

    Hallo, ich habe eine Verständnisfrage:

    Was hat Schärfentiefe mit Sensorgröße zu tun, hängt díe nicht in erster Linie von der Objektivart ab?

    Und auch was 12,9 Megapixel mit Lichtstärke zu tun hat, begreif ich nicht.

    Gruß Marcus

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    • Peter Sennhauser
      Peter Sennhauser sagte:

      @ Marcus:
      – Beides hängt mit der Pixelgrösse zusammen.
      – Grosser Sensor mit verhältnismässig geringer Auflösung (tiefe Megapixelzahl) = grosse Pixel im Sensor = wenig Licht nötig, um den einzelnen Pixel korrekt zu belichten = wenig Rauschen durch Fehlmessungen der Pixel = Lichtstärke. das ist streng technisch nicht ganz korrekt, aber im Alltag stimmts – je grösser der Sensor und je weniger MP er zugleich hat, umso weniger Licht braucht die Kamera für rauschfreie Bilder.

      – Grosser Sensor mit grossen Pixeln = grosser Unschärfekreis. Neben Blende und Fokusdistanz ist das der wichtigste Faktor in der Schärfentiefenberechnung, die, wie die Blendenzahl, ein Verhältnis ausdrückt. Kameras mit kleinem Unschärfekreis (hohe Auflösung auf kleiner Sensorfläche) bilden das Verhältnis bei der Schärfentiefenberechnung im verringerten Verhältnis ab. Das heisst: Die Beziehungen der Schärfentiefe je nach Fokusdistanz und Blende bleiben gleich wie bei einer Kamera mit grösserem Sensor, aber die absoluten Distanzen zwischen Nah- und Fernpunkt wird reziprok zur Sensorminiaturisierung. Bei Kompaktkameras mit kleinem Sensor liegt der Unschärfebereich in absoluten Zahlen viel näher am Objektiv, die Schärfentiefe wird viel grösser.

  4. Ichundich
    Ichundich sagte:

    Unfassbar dieser Artikel. Ohne die Kamera auch nur von Weitem gesehen zu haben geschweige denn sie in der Hand gehabt zu haben so voreingenommen zu sein ist wirklich unglaublich.
    Von Hand fokussieren ist mit der X1 tadellos möglich, hier wäre ein gang zum nächsten Leica-Händler sicher hilfreich, dann könnte man sehen dass sobald das Fokussierrad bewegt wird, eine leicht zu manövrierende Bildschirmlupe erscheint mit der man ultrapräzise fokussieren kann.

    Ich empfehle die Seite von Steve Huff zu besuchen und ein HANDS ON REVIEW zu lesen. Das bringt einem wesentlich weiter als dieser Artikel mit der Phantasie des Autors.

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    • Peter Sennhauser
      Peter Sennhauser sagte:

      Es ist nicht Voreingenommenheit, es ist Erfahrung – Natürlich: fokussieren geht ja auch mit allen anderen kompakten am Monitor. Bloss habe ich noch keinen Monitor gesehen, der auch nur in die Nähe eines Sucherbildes käme – für mehr als eine Kompositionskontrolle ist Liveview – ausser auf dem Stativ mit EXTREMER Bildschirmlupe – unbrauchbar.
      Ich habe Leica um eine Testkamera gebeten und vor drei Monaten in Aussicht gestellt gekriegt – seither aber nichts mehr gehört.
      Ferner darfst Du hier bei uns durchaus gleich den Link zum empfohlenen Artikel einbauen – und Deinen Namen nennen, wir machen das schliesslich auch.

  5. Tobi-S.
    Tobi-S. sagte:

    Hallo zusammen,

    ich finde die Argumentation meiner Vorredner ganz interessant.
    Ich nutze selbst eine Canon Ausrüstung mit einigen hochwertigen Linsen von Canon.
    Mich interessiert der Flair von Leica schon einige Zeit. Jedoch ist für mich eine M9 nicht wirklich relevant. Einfach aus dem Auspekt Preis/Nutzen.
    Für mich wäre eine kompakte Leica eine immer/öfter dabei als die schwere Canon Ausrüstung.
    Und genau da spricht mich die X1 an. Preislich ist sie „erträglich“. Interessant macht sie der große Sensor. (Wo auch 12MP kein Unding sind) Aber vielmehr aus bildgestalterischen Möglichkeiten was Freistellung angeht.
    Das Objektiv mit Blende 2.8 ist für mich ok. Eine größere Blende wäre sicherlich von nutzen. Wichtiger ist mir aber das sie dann wenigstens ab 2.8 brauchbare Ergebnisse liefert.
    Für mich als potentieller Leica-Quereinsteiger auf alle Fälle eine Kamera mit Zukunft.
    Für Leica Entusiasten schließe ich mich aber den Kollegen an, ist die X1 wohl eher zu viel Mainstream.
    Ich hab übrigens aktuell die DP1s von Sigma zum Test.
    Fazit: Grundidee cool. Ausführung schlecht, was Autofokus, Schnelligkeit und Genauigkeit angeht.
    Schöne Grüße Tobi
    http://www.tobi-s.com/

    Antworten
  6. Rudi Huber
    Rudi Huber sagte:

    Lieber Peter Sennhauser,
    einen Zusammenhang zwischen Kameragröße und Auflösung habe ich eigentlich nicht hergestellt. wäre ja eher doof.
    Meine ad hoc Kritik bezog sich nur auf den fehlenden Sucher, den für heutige Digitalkameras recht niedrigen ISO Wert und das nicht lichtstarke 35er.
    Stell Dir mal vor diese Leica hätte einen eingebauten Sucher, ISO 6400, ein 1:1,4/35 Objektiv (KB) und ein „angenehmes“ Rauschverhalten !
    Und das in Leica-Qualität wäre toll, oder ?

    Liebe Grüße aus Wien
    Rudi Huber
    PS.: 8 MP wären auch ausreichend.

    Antworten
  7. Peter Sennhauser
    Peter Sennhauser sagte:

    Rudi, den Zusammenhang zwischen Kameragrösse und Auflösung, den Du herstellst, kapiere ich nicht. Es gibt einen Zusammenhang zwischen Sensorgrösse und Auflösung, und deswegen ist es begrüssenswert, dass Canon bei der neuen Powershot G11 die Auflösung gegenüber dem Vorgängermodell reduziert hat – aber die Leica hier hat einen Sensor von der Grösse der Canon- und Nikon Spiegelreflex: Wieso soll da die Auflösung reduziert werden?

    Eine Kompakte mit ISO 3200 und dem Rauschverhalten dieses Sensors wirst Du nur noch bei Sigma finden, und „immerdabei“ hat eigentlich mit dem Preis wohl auch weniger zu tun als mit der Grösse.

    Eine Kompakte mit vernünftiger Sensorgrösse ist nun alles andere als „Mainstream“.

    Antworten
  8. Rudi Huber
    Rudi Huber sagte:

    Eine Kamera ohne Sucher ist einfach lächerlich und eine Leica ohne Sucher nur peinlich. Aufstecksucher, denke ich, werden sicher laufend verloren.
    Und was ist wenn man doch einmal ein Blitzgerät benötigt? ISO 3200 ist nun auch kein Hammer mehr und F 2,8 für ein 35 er, na ja.
    Als „Immerdabeikamera“ ist sie doch etwas zu teuer. Das können andere wesentlich preisgünstiger und sicher in ähnlicher Qualität. Ausserdem wer bitte braucht bei so einer Kamera 12,9 MP ( evt. die PR Abteilung von Leica )?

    Schade, das auch Leica sich dem Mainstream anpassen will.

    Rudi Huber
    Wiener Photograph
    http://www.rudihuber.meinatelier.de
    http://www.oldtimer.meinatelier.de

    Antworten
  9. erntehelfer
    erntehelfer sagte:

    Außerdem wiegt die Kamera (mit Objektiv) nur knapp 250 gr. Dies ist ein Bruchteil einer M-Ausrüstung mit einem Objektiv, wenn’s mal wirklich leicht sein soll. Der Preis entspricht etwa dem eines zusätzlichen Objektivs für die M-Linie.

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