Leserbilder in der Profi-Kritik: Extrem-Kontrast

Mit Tele- oder Makroobjektiven lassen sich extreme Kontraste bewirken, die das Motiv beinahe plastisch aus dem Bild herausragen lassen. Der gleiche Effekt kann in der digitalen Dunkelkammer bewirkt werden.

Tanya Naujok
Leserfoto: Klick für Vollansicht (© Tanya Naujok). – Leider keine Exif-Daten

Semi-Profi Peter Sennhauser meint zum Bild von Tanya Naujok:

Die Emotionalität dieses Bildes liegt in den Extremen: Der solide, schwarze Hintergrund birgt die ungewisse Zukunft für die Löwenzahn-Samen, die „abflugbereit“ nur noch mit minimaler Kraft am Blütenkopf hängen. Drei Elemente verstärken diesen Eindruck:

Die Nähe zum Motiv entlarvt die kompakte, weisse Kugel als fragiles Kollektiv weisser Einzelkörperchen; Die geringe Schärfentiefe betont ihre Individualität zusätzlich; und der extreme Kontrast der feinverästelten weissen Schirmchen zum rabenschwarzen Hintergrund hebt sie optisch überhaupt erst ab und schafft zusätzlich den Gegensatz von weisser Unschuld und der dräuenden Ungewissheit der Zukunft.

Die Leuchtkraft solcher Aufnahmen hat’s mir angetan, und trotzdem stören mich hier zwei Dinge:

Die Schärfentiefe ist für meinen Geschmack etwas gar zu gering. Ich nehme deshalbmal an, dass die Aufnahme mit einem Teleobjektiv mit langer Brennweite aus grösster Nähe und nicht mit einem Makro entstanden ist (leider weist das Bild keine Exif-Daten auf). Wenigstens bis zur Oberfläche des Blütenkopfs, wo die Samen sitzen, dürfte die Schärfe reichen, und mir so zumindest die Flugsamen auf der Vorderseite als Ganzes zeigen.

Zweitens ist mir die Komposition etwas zu symmetrisch. Das könnte seinen Reiz haben, aber dann liegt der schräg und nicht genau aus der Bildecke einragende Stil quer im Bild. Eine leichte Verschiebung, ein insgesamt konsequenter Bruch mit der Symmetrie gefiele mir besser. Beispielsweise eine Positionierung der Blüte weiter links oben im Bild, mit mehr Stil, der von unten rechts hineinragt.

Manch ein Betrachter mag sich fragen, wo der schwarze Hintergrund herrührt, respektive wo man eine Blume vor einem schwarzen Hintergrund findet. Die Antwort lautet: Man braucht ihn gar nicht. Ein etwas dunklerer Hintergrund reicht bei Belichtung auf das helle Motiv vollständig aus. Bedingung ist indes, dass der Rest der dunkelgrünen Wiese oder was immer es ist, möglichst weit vom Objekt entfernt ist.

Einen Reiher zum Leuchten bringen: Tonwert-S-Kurve

Unter einigermassen richtigen Voraussetzungen lässt sich der extreme Kontrastunterschied auch in der digitalen Dunkelkammer herbeiführen, indem man in Photoshop oder Aperture oder was immer benutzt wird mit der Tonwertkurve die dunklen Werte absenkt und die hellen leicht anhebt – wie ich es hier am Beispiel eines Reihers gemacht habe: Oben die Originalbelichtung, unten die bearbeitete Fassung mit der (etwas extremen) Tonwert-S-Kurve.

In der Rubrik «Bildkritik» analysieren Profi-Fotografen im Auftrag von fokussiert.com montags bis freitags jeweils ein Foto aus der Leserschaft.
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1 Kommentar
  1. Prokrustes
    Prokrustes sagte:

    Um einen schwarzen Hintergrund zu erreichen kann man auch einfach hell blitzen und eine möglichst kurze Verschlusszeit wählen. Das ist in der Makrophotographie nicht ungewöhnlich.

    Im Übrigen hängt die Schärfentiefe NICHT von der Bauart des Objektivs (Tele oder Makro) sondern von realer Brennweite (nicht KB-Äquivalent), Einstellentfernung und Blende ab. Makroobjektive bieten (wenn überhaupt) nur dadurch mehr Schärfentiefe, dass sie häufig sehr kleine Blenden erlauben (typ. 32), allerdings um den Preis von Beugungsunschärfe. Ihre Vorteile liegen woanders (Bildfeldwölbung, Verzeichnung et cetera).

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