Leserbilder in der Profi-Kritik Goldene Schnitte überall

Nicht nur das Verhältnis der Flächen zwischen den Brückenkabeln und den Vogelgruppen, auch der total ausgeschossene Hintergrund geben diesem Bild eine enorm grafische Wirkung.

Stefan Urbitsch
Leserfoto (Klick für Vollansicht) (© Stefan Urbitsch). – Panasonic Lumix FZ30 – 1/80s – f/9.0 – ISO 100 – 88.8mm (420mm)

Kommentar des Fotografen:

Eigentlich könnte das Bild auch unter Natur eingestellt werden, aber ich finde „abstrakt“ passender.

Amateur Peter Sennhauser meint zum Bild von Stefan Urbitsch:

Aus technischen Gründen versuche ich mich an statt eines unserer Profis heute an einer Bildkritik. Stefan Urbitsch möge mir verzeihen – wobei Kritik ein grosses Wort ist, nachdem ich von seiner Aufnahme nämlich ganz einfach hell begeistert bin:

Die Komposition ist umwerfend, der Moment und die technische Umsetzung könnten kaum besser sein.

Der Goldene Schnitt als Kompositionsfaustregel hat sich tausendfach bewährt: Kaum eine Aufnahme, die nicht durch einen Ausschnitt mit dem 2/3:1/3-Verhältnis zumindest einigermassen spannend würde.

Aber dieses Bild treibt es auf die Spitze: Man kann die Goldenen Schnitte kaum mehr zählen. Das Brückenkabel am rechten Bildrand teilt die Vertikale im goldenen Schnitt, die nach links verlaufenen Kabel (beinahe) die Horizontale. Und schliesslich sitzen auch noch die Vögel fast perfekt in zwei Gruppen im 2/3 zu 1/3-Verhältnis. Dass vor allem sie – mit dem einzelnen Ausreisser oben rechts sowieso -, aber auch die horizontale Aufteilung nicht ganz stimmt, sorgt gerade für soviel zusätzlich Unruhe, dass ich erst recht hinschaue. Es nimmt dem Bild die Perfektion, die es ansonsten vielleicht gekünstelt hätte wirken lassen.

Das kräftige Rot des Brückenmasts ist das einzige, was die Aufnahme als Farbfoto identifiziert und ihm – vor dem vollständig ausgeschossenen Hintergrund – eine grafische Qualität verleiht. Aber eben nicht nur das: Zusammen mit der erkennbaren Zeichnung im Gefieder der Vögel beweist der Farbtupfer, dass die Aufnahme „richtig“ belichtet worden und nicht als pure Gegenlichtaufnahme entstanden ist, was viel einfacher zu bewerkstelligen gewesen wäre. Ich habe zwar, angesicht der Technischen Werte (ISO 100, 1/80s, Blende 9) den „Verdacht“, dass beim Auslöschen des Hintergrunds auch noch ein bisschen Photoshop im Spiel war, mit dem die oberen Lichtwerte gepusht wurden. Aber das ist Dunkelkammer-Arbeit, an der wohl kaum etwas auszusetzen ist.

Als Wermutstropfen könnte allenfalls die Platzierung der Mastspitze angeführt werden, die deutlich zu weit oben im Bild liegt – aber anders hätten sich Mastfuss und das Kabel ganz links nicht in die Bildecken schieben lassen. Jedenfalls nicht mit dieser Aufnahme – ganz spitzfindig könnte man höchstens anführen, der Fotograf hätte diesen „Makel“ an Ort erkennen und einen noch besseren Standort suchen müssen. Andrerseits wäre das vielleicht des Guten gar zu viel.

Für mich ist das ein klarer Fall von: Geeigneten Rahmen suchen (gebürstetes Alu?), Bild vergrössern, richtigen Passepartout wählen und an einer gut sichtbaren Stelle in der Wohnung aufhängen.

In der Rubrik „Bildkritik“ analysieren Profi-Fotografen im Auftrag von fokussiert.com montags bis freitags jeweils ein Foto aus der Leserschaft.
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3 Kommentare
  1. Anonym
    Anonym sagte:

    Dies ist wirklich eine klasse Momentaufnahme. Man kann die Professionalität des Fotografen mehr als nur erahnen. KLasse!

    […weniger Klasse ist der SEO-Spam. Bitte Kommentarregeln beachten. Link entfernt. red.]

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  2. Stefan Urbitsch
    Stefan Urbitsch sagte:

    Angesichts dieser ausführlichen Kritik verzeihe ich Peter Sennhauser gerne. Erst Recht nachdem ich seine eigenen Bilder im Profil betrachtet habe. Trotz allem hätte mich die Meinung der „beruflichen“ Fotoprofis interessiert.

    Peter Sennhauser hat mich durchschaut. Photoshop wurde tatsächlich bei dem Bildchen eingesetzt. Allerdings sehr sparsam, der Hintergrund ist original. Ich habe mir allerdings erlaubt die schon etwas matte Farbe des Krans etwas zu pushen und ein wenig nachzuschärfen.

    Vielen Dank an Peter Sennhauser für die Auseinandersetzung und Mühe mit meinem „Bildchen“ !

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