Leserfoto – Tintlinge: Kompositionen sollten einfach sein

Theoretisch hätte ich es als Kommentar bei dem Titel dieses Beitrages belassen können. Oder umformuliert: „einfache Kompositionen wirken im allgemeinen stärker“.

(c) Detlef Reich

Hallo liebes Fokussiert-Team,
angeregt durch Eure fundierten Bildbesprechungen wollte ich auch eines meiner Werke zur Diskussion stellen. Ich habe diese Aufnahme im Herbst letzten Jahres im nahe gelegenen Melbtal angefertigt. Dabei handelt es sich um ein Naturschutzgebiet innerhalb der Stadtgrenzen von Bonn. Die beiden Tintlinge standen in stiller Eintracht auf einem Baumstamm. Bei näherer Betrachtung durch den Kamerasucher fiel mir die tolle Lichtstimmung und das Lichtspiel im Hintergrund auf. Um die schönen Details der Pilze herauszuarbeiten habe ich einen Stack dieser Szene angefertigt.
Gearbeitet habe ich mit einer Olympus E-5, Leica Macro-Elmarit 100, Blende 2.8 bei 1/8s und ISO 100.

Theoretisch hätte ich es als Kommentar bei dem Titel dieses Beitrages belassen können. Oder umformuliert: „einfache Kompositionen wirken im allgemeinen stärker“. Denn dieser sagt für sich eigentlich schon genug aus. Da aber natürlich nicht nur von Dir eine fundierte Besprechung erwartet wird, werde ich im folgenden auf ein paar Elemente dieses Bildes eingehen, die es meines Erachtens zu einem gelungenen Foto machen.

Zum Technischen: ich nehme an, Du hast ein Stativ benutzt oder Deine Kamera irgendwo abgelegt, denn diese Verschlußzeit ist nicht mehr zu halten. Bei 100 mm (das Objektiv ist meines Wissens eine Festbrennweite, die bei dieser Kamera mit Formatfaktor 2.0 wie ein 200mm Objektiv wirkt) und dieser Blende verschwamm der Hintergrund weich und hat damit die Pilze gut freigestellt. Auf den zweiten Blick ist das Bokeh im Hintergrund zu erkennen.

Durch die Nachbearbeitung hast Du Details in den Pilzen wieder herausgeholt, die wahrscheinlich im Original zu dunkel waren, weil der Hintergrund im Vergleich zum Vordergrund so ungleich heller ist. Die Farben sind aber nicht überstrahlt oder wirken anderweitig unnatürlich, und es ist genügend visuelles Interesse in den Pilzkappen vorhanden, um sie für den Betrachter anziehend wirken zu lassen.

Worauf ich hier hauptsächlich eingehen möchte ist die Komposition. Dein Foto ist meines Erachtens ein Paradebeispiel für das, was allgemein als Kompositionsideal gepredigt wird: einfache Kompositionen wirken besser. Die Pilze sind perfekt im Goldenen Punkt angeordnet (siehe rote Linien im Vergleichsfoto):

Vergleichsfoto

Durch Deinen Aufnahmestandpunkt scheinen sie größer, als sie in Wahrheit tatsächlich sind, und dieser hat auch dafür gesorgt, daß Einzelheiten in den Kappen überhaupt aufgrund des Gegenlichtes sichtbar wurden. Um sie herum ist nur negativer Raum, so daß man sich ganz auf die Pilze konzentrieren kann und muß. Es ist vielleicht kein besonders aufregendes Foto oder eines, was man so nicht schon gesehen hätte, aber es ist nichts Falsches daran, ein gewohntes Motiv eben gewohnt abzulichten. Ich könnte es mir gut in einem Buch über Pilze oder Natur, oder in einem Beitrag eben über das Naturschutzgebiet, in dem Du sie aufgenommen hast, vorstellen.

Ich habe spasseshalber noch mit einer Vignettierung gespielt, damit der Hintergrund etwas dunkler wird; doch egal, was man mit dem Bild anstellt, es verschlimmbessert das Original eher. Das ist für mich immer ein Zeichen, daß an einer Aufnahme nicht mehr gedreht werden sollte.

Nochmals Glückwunsch zu einer, wie ich meine, gelungenen Aufnahme.

3 Kommentare
  1. Sam
    Sam sagte:

    Hast Du 1/8 ohne Stativ geschossen? Wow, ruhige Hand. Wählst Du grundsätzlich auch immer die grösst mögliche Blende? Stimmt das eigentlich, was man mir beigebracht hat: je offener die Blende, desto schärfer der Fokus und desto brillianter die Farben. Daher soll man immer, wenn man auf Tiefenschärfe verzichten kann, das Rohr möglichst weit auftun. Stimmt das?

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  2. Walter
    Walter sagte:

    Ich hätte noch die Stacking-Artefakte an den Stielen und Huträndern entfernt, ansonsten ist das eine gelungene Aufnahme.

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  3. Kay Kietzmann
    Kay Kietzmann sagte:

    Hallo Detlef,

    auch nach meiner Meinung hast Du ein gutes Bild produziert. Gerne möchte ich aber noch den ein oder anderen Verbesserungsvorschlag anbringen.

    Da ist zum Beispiel dieser vereinzelte Spinnenfaden. Den würde ich spätestens in der Nachbearbeitung entfernen, da er kompositorisch sinnlos, vielleicht sogar kontraproduktiv, ist.

    Weiterhin will mir der Vordergrund nicht recht gefallen. Gerne hätte ich hier einen Schärfeverlauf gesehen. So wirkt das Gewächs etwas, als würde es schweben.

    Ansonsten hätte ich wohl versucht die Details in den Schirmen noch weiter auszuarbeiten. Ob das aber erfolgversprechend ist, weiß ich nicht. Ich hätte es, wie gesagt, einfach mal versucht – genauso spiele ich auch gerne mit Teiltonungen, die ja derzeit auch schwer im Trend zu liegen scheinen. Manchmal ist aber weniger mehr. ;)

    Beste Grüße
    Kay

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