Leserfoto: Tokio bei Nacht

Einhändig im fahrenden Auto solche Bildkompositionen einzufangen, ist nicht einfach. Dafür kann sich die Mühe lohnen, wie das Bild hier zeigt.

Leserfoto: Klick für Vollansicht (© Daniel Schölzel)

Kommentar des Fotografen:

Das Bild war eine spontane Idee auf einem Streifzug in Tokio 2007. Die nächtlichen Farben und die Dynamik der Metropole haben mich fasziniert und beim Herumexperimentieren mit der Langzeitbelichtung meiner Kompaktkamera ist mir dieser Schnappschuss gelungen. Die Belichtungszeit betrug 1 Sekunde. Leider sind einige Bereiche in der linken Bildhälfte überstrahlt, was ich im Nachhinein gern korrigieren würde.

Profi Robert Kneschke meint zum Bild von Daniel Schölzel:

Wie fängt man den Charakter einer Großstadt wie Tokio ein? Die Schnelligkeit, Lebendigkeit, die Technikaffinität? Vielleicht wie es Daniel Schötzel in dieser nächtlichen Langzeitaufnahme gemacht hat. Das Bild zeigt gleichzeitig die Vor- und Nachteile einer Kompaktkamera. Einerseits hat man die Kamera schneller griffbereit und kann sie auch vom Gewicht her problemlos aus einem fahrenden Taxi halten – das ist zumindest meine Vermutung, wie das Foto aufgenommen wurde, denn ansonsten wäre es bei einer Sekunde sehr schwer gewesen, genauso schnell wie das Taxi zu fahren. Außerdem ist das Foto von vorne bis hinten knackscharf, vom glänzend-gelben Metalllack des Taxis bis zum futuristisch wirkenden Mylord-Gebäude.

Den Nachteil hat der Fotograf schon gut erkannt, denn die gleißend-hellen Lichtern überstrahlen vor allem in der linken Bildmitte. Mit einer RAW-Aufnahme wäre mindestens 1 Blendenstufe Toleranz vorhanden gewesen, mit der zumindest die gröbsten Überstrahlungen etwas gemildert hätten werden können. Im Nachhinein ist das leider kaum möglich.

Davon abgesehen ist es aber eine sehr gut gewählte Perspektive, die umso mehr erstaunt, wenn man weiß, dass das Bild – vermutlich einhändig – aus dem fahrenden Auto heraus aufgenommen wurde. Durch das gelbe Taxidach im Vordergrund erhält das Bild einen Farbakzent in der ansonsten eher blau-gräulich schimmernden Stadt und etwas mehr Tiefenwirkung. Die restlichen verwischten Fahrzeuge dahinter sorgen für die Illusion von Tempo und Bewegung und zeigen, wie voll und quirlig die Großstadt Tokio auch in der Nacht noch ist.

In der Rubrik “Bildkritik” analysieren Profi-Fotografen im Auftrag von fokussiert.com montags bis freitags jeweils ein Foto aus der Leserschaft.

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7 Kommentare
  1. Daniel
    Daniel sagte:

    Also die Vermutung über die Entstehung des Bildes durch den Kritiker ist tatsächlich nicht ganz korrekt.
    Wie beschrieben ist das Foto auf einem Streifzug entstanden. Ich war mit meiner Kompakten Fujifilm F31d zu Fuß unterwegs gewesen. Ein Stativ hatte ich nicht dabei, aber wenn ich mich richtig erinnere, hatte ich die Kamera für die Langzeitbelichtung auf ein Geländer oder eine Mauer aufgelegt. Die Taxis im Vordergrund stehen tatsächlich und warten auf Kundschaft. Das mit dem Linksverkehr in Japan ist korrekt.
    Trotzdem vielen Dank für die Kommentare und Hinweise!

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    • donvanone
      donvanone sagte:

      Ja, je mehr man drüber nachdenkt…
      Auch mein Hinweis, dass die Spiegelung des Hauses verschwommen sein müsste war schon eine Ecke zu viel. Bei einem fahrenden Auto müsste natürlich der gesamte Hintergrund verschwommen sein, nicht nur deren Spiegelung…

    • donvanone
      donvanone sagte:

      Oh, und auch die Spiegelung des Hauses auf dem Autodach wäre bei einem fahrenden Auto (mit „mitfahrender“ Kamera“) nicht erkennbar, sondern ebenfalls verschwommen

  2. Norbert Reinsch
    Norbert Reinsch sagte:

    Hallo Robert, ich glaube mit Deiner Vermutung zur Entstehung dieses Fotos bist Du auf dem Holzweg. Mir scheint es schier unmöglich bei 1s Belichtungszeit irgendetwas so ruhig und hoch aus einem fahrenden Auto heraus an der freien Hand zu halten. Ich setze mal eine andere Vermutung dagegen. In Tokio ist Linksverkehr, die Taxis im Vordergrund stehen am Straßenrand und das Foto könnte vermutlich sogar mit Stativ entstanden sein. Vielleicht klärt uns der Fotograf ja darüber auf….

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