Leserfoto – „Wein und Berge“: Der letzte Schliff

Manche Landstriche haben von sich aus einen gewissen „Wow“-Faktor, den es aber fotografisch zu unterstreichen gilt.

 

© Bernd Plumhof

Vor allem Ölbäume und Weinreben bestimmen das Landschaftsbild im Süden Siziliens bei Caltabellotta. Hoch ragen die Gebirgszüge auf und speichern im regenreichen Winter das kostbare Wasser, das das ganze Jahr über aus den zahlreichen Quellen fließt. Das Bild habe ich im Juni gegen 14 Uhr aufgenommen.
Nikon D700 mit Nikkor 24-120 mm f/4; 1/125 s; Blende 19; 24 mm; ISO 200.
Mit Lightroom die Horizontale leicht korrigiert. Beschnitt unten, rechts und links.

Auch nach all den Jahrzehnten, in denen sich Fotografie von klobigen Holzkameras zu Hochleistungsmaschinen hingearbeitet hat, sind Landschaften immer noch etwas, was man gerne fotografiert. Sie halten still, jeder kann dazu einen Bezug aufbauen, und sie sind frei verfügbar. Gute Landschaftsfotografie ist jedoch schwieriger, als sich das mancher vorstellt – nur weil das Motiv spektakulär war, muß es die Aufnahme noch lange nicht sein.

Du hast uns ein Bild von Südsizilien eingereicht. Zu sehen ist ein sich weit nach hinten streckendes Tal, vorne Weinreben, hinten Berge. Es muß atemberaubend gewesen sein, dort zu stehen; ein amerikanischer Freund meinerseits nennt das Gefühl einen „Holy Sh*t“-Moment. Diesen Eindruck gilt es dem Betrachter in Deinem Foto zu vermitteln – warum sonst würde man ein Foto machen?

Kompositionell ist zu Deiner Aufnahme anzumerken, daß der natürliche Horizont (gelb) zwar leicht aus dem Goldenen Schnitt heraus verschoben ist (rosa), aber das fällt kaum auf.

Goldener Schnitt

Die Weinreben im Vordergrund nehmen ziemlich genau die Hälfte des Bildes ein (grün). Das ist für Vordergrund zuviel, aber da die Berge so weit weg sind, geraten sie hier optisch zur Nebensache, so daß ich es nicht problematisch finde. Ich persönlich hätte das Foto nicht so halb-und-halb aufgeteilt, aber es geht hier um die Weinreben, und die Aufteilung war Deine persönliche Entscheidung.

Vordergrund

Du hast uns auch mit den Reben Linien vorgegeben, die das Auge durchs Bild führen (blau). Insofern stimmen also die Dinge im großen und ganzen.

Bestimmende Linien

Problematisch ist für mich, daß vorne links kein Raum gelassen wurde. Dort „klebt“ der Rebstock am Bildrand und ist unten teilweise gekappt, während der Rest der Reben nach oben rechts weg verläuft. Du schreibst, das Foto wurde begradigt und beschnitten. Es würde mich interessieren, um wieviel – vielleicht kann man diese Stelle etwas korrigieren. Jedenfalls hätte ich dort mehr Raum gelassen.

Problemzonen

Weiterhin wirkt das Bild auf meinem Monitor zu blass. Wenn man zur Mittagszeit fotografiert (Du schreibst 14 Uhr), hat das Schlagschatten und ausgebleichte Farben aufgrund des Sonnenstandes zur Folge. Schatten sind hier kein Problem, aber die Farben sind eben für mich zu schal.

Wir haben vor nicht allzu langer Zeit eine Diskussion darüber geführt, ob man, wenn sich die Szene eben so darstellte, das Bild farbkorrigieren sollte. Meine Meinung damals, wie auch jetzt, ist, daß Du dem Betrachter eine ideale Version dessen bietest, was Du gesehen hast. Ich war nicht dort zu der Zeit; aber alles, was ich sehe, ist ein blasses Foto.

Bei der Aufnahme bereits hätte ich einen Grauverlaufsfilter verwendet. Das kann man auch mit Nik Color Efex Pro (Einstellung „Graduated Neutral Density“) nachträglich simulieren. Ich hätte außerdem das Bild etwas angewärmt und die Farbsättigung leicht angehoben (man kann an diesen Einstellungen „drehen“, bis sie für einen selbst stimmen). Das sähe dann etwa so aus:

Vergleichsfoto

 

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