Low-Light Konzept-Porträt: Mischung aus Modell und Freak
Fotografien in in Low-Light-Verhältnissen verlangen besondere technische Sorgfalt, sonst stimmen Belichtungszeiten, Schärfentiefe und andere technische Dinge nicht, die sonst weniger Probleme gemacht hätten.
Kommentar des Fotografen:
Diese Foto zeigt meinen schwarz bemalten Kumpel. Sein Wunsch war es bei diesem Foto, eine Mischung aus Modell und Freak zu erzeugen.
Profi Sofie Dittmann meint zum Bild von Steve Splittgerber:
Steve Splittgerbers Foto zeigt ein Dreiviertelporträt mit einem schwarz bemalten Mann, der eine große Sonnenbrille trägt. Er ist dabei, sich die Krawatte vom Hals zu ziehen, dabei hält er sich am Hemdkragen fest. Das meiste des Bildes liegt im Schatten und ist so dunkel, daß man Einzelheiten kaum erkennen kann. Die Krawatte etwa.
Nach Angaben des Fotografen sollte das Porträt etwas zwischen Modell und Freak darstellen. Eingereicht wurde es unter „Abstrakt“ – warum, ist mir nicht ersichtlich. Es ist ein Porträt, wenn auch ein konzeptionelles. Konzeptionell deshalb, weil es über das Dargestellte hinaus die Idee verkörpert. Das tun Fotos zwar alle zu einem bestimmten Punkt, aber bei einer konzeptionellen Fotografie steht die Idee im Mittelpunkt.
Die Pose, in der das Modell dargestellt wurde, erinnert an eine Modeaufnahme – sexy, leger. Was an der „Modeaufnahme“ nicht stimmt und sie auf den Kopf stellt, ist der Rest: Die Lichtverhältnisse lassen das meiste im Dunkeln, das Modell ist schwarz bemalt, um dem ganzen die Stimmung einer Freakshow zu verleihen. Die Brille des Mannes ist groß und voller Staub. Wo bei einer Modeaufnahme die Kleidung an dem Modell in Szene gesetzt worden wäre, wird sie hier in den Hintergrund gedrängt.
Es ist ein Witz auf Kosten der Modefotografie, und als solcher durchaus ein gelungener Anfang.
Zur Technik: Es wäre dem Foto zuträglicher gewesen, wenn manche Einzelheiten nicht im Dunkel bzw. Hell komplett verschwunden wären, wie etwa die Krawatte, die einem erst nach zweimal Hinsehen auffällt. Dem Gesamteindruck als „Fashion Freak Show“ und fotografischem Witz hätte es keinen Abbruch getan.
Die Person ist von oben links belichtet worden, den Schatten nach zu urteilen mit einer direkten Lichtquelle. Alles ist leicht unscharf, und hinter dem Modell rechts unten sieht man einen prononcierten Schatten, der den Gesamteindruck stört. Das Bildrauschen ist beträchtlich, was auf einen höheren ISO schließen läßt. Trotzdem war die Verschlußzeit den Lichtverhältnissen nicht angemessen, sonst wäre das Bild nicht leicht verschwommen.
Unter geringen Lichtverhältnissen gute Porträts zu fotografieren, bedarf einiger Übung. Je länger die Verschlußzeiten sind, desto schwieriger ist es, in einem Fall wie diesem auch mit einem Stativ zu vermeiden, daß das Modell verschwommen aussieht. Es empfiehlt sich meistens, nachdem man das Bild komponiert hat, unter „normalen“ Lichtverhältnissen scharfzustellen, dann aber ohne Autofokus zu fotografieren.
Etwa in diesem Ablauf:
- Modell in Pose bringen,
- Kamera scharf ausrichten,
- Lichtverhältnisse justieren,
- nochmals Kameraeinstellungen korrigieren,
- ohne Autofokus auf Stativ und mit Fernauslöser belichten.
Das Bildrauschen kann man durch die Wahl eines geringeren ISO verringern, was sich allerdings dann wieder auf Belichtungszeiten auswirkt.
Man könnte auch mit der Lichtquelle experimentieren, wenn man es mit längeren Belichtungszeiten zu tun hat (das hätte den ausgebrannten Fleck auf dem Kopf abgemildert), z.B. das Licht etwas zerstreuen (mit einer Softbox etwa, die auch gut von Hand nachgebaut werden kann, wenn man keine Profibeleuchtung zur Verfügung hat). In jedem Fall hätte ich persönlich den Schatten hinter dem Modell wegretouchiert, oder so beleuchtet, daß er nicht so prägnant erscheint.
Alles in allem meines Erachtens trotz der technischen Mängel ein guter Anfang, denn diese sind durch Übung leicht korrigierbar.
In der Rubrik “Bildkritik” analysieren Profi-Fotografen im Auftrag von fokussiert.com montags bis freitags jeweils ein Foto aus der Leserschaft.
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