Minimalismus: Verlangt das Maximum

Bei Fotos mit wenigen Bildelementen spielen Balance und Interpretation eine wichtige Rolle.

Leserfoto: Klick für Vollansicht (© Endres Helbig).

Kommentar des Fotografen:

Aufgefallen ist mir dieses Motiv, durch die verwehten Strukturen auf dem Feld, durch die tiefstehende Sonne besonders sichtbar und den erkennbaren Schneeverwehungen im Hintergrund. Das Fabrikgelände im Hintergrund wirkt für mich noch als Stabilisator im Geschehen.

Profi Douglas Abuelo meint zum Bild von Endres Helbig:

Dieses Foto ist irgendwie irreführend. Auf den ersten Blick wirkt es sehr einfach, vielleicht sogar langweilig und uninspiriert. Es gibt nur wenige Bildelemente und nichts, das unsere Aufmerksamkeit erregt. Meiner Meinung nach machen aber die wenigen Dinge, die zu sehen sind, kombiniert mit einem minimalistischen Stil das Foto interessant. Obwohl du auf dem richtigen Weg bist, ist das Foto aber letztendlich nicht wirklich einprägsam:

Der Stil ähnelt dem des Fotografen Minor White, der berühmt ist für seine eindrucksvollen Interpretationen einfacher Szenen. Er sagte einmal: „Man sollte Dinge nicht nur fotografieren, wie sie sind, sondern wie sie außerdem noch sind.“

Die Tatsache, dass du diese Szene bemerkt hast und die Art und Weise, wie du sie eingerahmt hast, beweisen dein gutes Auge für Komposition.

Was aber fehlt ist echte Tiefe. Es scheint keine Interpretation davon zu geben, was White mit den Dingen, die außerdem noch sind, meint.

Du musst selbst entscheiden, aber ich denke, ein paar kleine Veränderungen hätten einen großen Unterschied gemacht.

Wenn dieses Foto schwarz-weiß wäre, würde die Aufmerksamkeit mehr auf die Formen, Linien und Kontraste gelenkt werden und gleichzeitig würden die etwas störenden Farben am oberen Bildrand verschwinden.

Bei Fotos, die so wenige Bildelemente enthalten, ist eine fast perfekte Balance zwischen den Elementen sehr wichtig. Wenn man einen alten Cartier-Bresson-Trick benutzt, um die Balance zu überprüfen und das Foto auf den Kopf stellt, wird klar, dass das Einhalten des goldenen Schnitts durch mehr Raum am oberen Bildrand das Foto bedeutend verbessert hätte.

Schnee auf dem Kopf

Wenige Objekte und minimalistische Fotos erfordern immer maximale Kenntnisse über Komposition und Interpretation.

In der Rubrik “Bildkritik” analysieren Profi-Fotografen im Auftrag von fokussiert.com montags bis freitags jeweils ein Foto aus der Leserschaft.
Mehr über die Profi-Bildkritik erfahren / Eigene Bilder zur Kritik einreichen.

0 Kommentare

Hinterlasse einen Kommentar

An der Diskussion beteiligen?
Hinterlasse uns deinen Kommentar!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert