Minimalistisches Landschaftsfoto: Reduktion verlangt Perfektion

Minimalistische Kompositionen können extrem effektiv sein, verlangen aber auch besondere Liebe zum Detail. Weil der Betrachter durch nichts abgelenkt wird, fallen Mängel eher auf.

Leserfoto: Klick für Vollansicht (© Achim Schrepfer).

Kommentar des Fotografen:

Das Bild ist im Dezember 2010 entstanden. Es war am morgen kurz nach Sonnenaufgang. Durch den Bodennebel warf der Baum einen beeindruckenden 300m langen Schatten. Für mich schuf diese Situation ein völlig neues Bild von dem – ansonsten eher banlen – Apfelbaum.

Profi Sofie Dittmann meint zum Bild von Achim Schrepfer:

Zunächst einmal Glückwunsch zu diesem, meines Erachtens insgesamt gelungenen Foto. Das Bild ist so minimalistisch gehalten, dass Du Gefahr hättest laufen können, daß es langweilig ausfällt, wenn nicht die Details im Sand wären. Auch hätte der Sand um den Baum herum ausbrennen können, was Du aber mit der Aufnahme und der Nachbearbeitung vermieden hast. Banalität wird hier zum Kunstobjekt, und das gekonnt.

Eine minimalistische Komposition wie diese hat aber einen Nachteil:

Der Betrachter wird durch nichts abgelenkt, und so ist es umso wichtiger, Perfektion anzustreben. Das gilt für Bildaufbau, wie auch für die Nachbearbeitung.

Baum und Horizont sind hier aus dem Goldenen Schnitt heraus verschoben, und ich hätte daher das Foto entsprechend beschnitten. Das tut ihm keineswegs Abbruch, sondern wäre dem Gesamteindruck meines Erachtens eher zuträglich. Die Verschiebung war das erste, was mir ins Auge stach.

Auch würde ich an Farben und Kontrast noch etwas drehen. Auch wenn das Bild in der frühen Morgensonne aufgenommen wurde, wirkt es für mich seltsam flach. Das liegt unter anderem an den blassen Farben und daran, daß die Linien auf dem Boden nicht sehr ausgeprägt sind. Man hätte daran noch etwas feilen können und wäre der Szene doch treu geblieben. Die Maserung des Bodens hätte einen prägnanteren Gegensatz zum Einfarbigen des Himmels geboten.

Landschaftsfotos stellen Natur und Landschaft oft spektakulär in Form und Farbe dar. Was Du hier fotografiert hast, ist in diesem Sinn für mich kein wirkliches Landschaftsfoto, sondern eher Kunstfotografie. Zur Anschauung etwa der Unterschied, wie ein Robert Häusser und ein Ansel Adams Natur wiedergeben. In einer anderen Version desselben Motivs, das ich auf Deiner Webseite gesehen habe, wird dieser Unterschied ebenfalls deutlich – dort sind links der Wald und rechts des Baumes die Sonne zu sehen, die aber, was mich betrifft, im vorliegenden Foto besser zur Geltung kommt.

Es würde mich freuen, das Bild noch einmal mit entsprechenden Korrekturen zu sehen.

In der Rubrik “Bildkritik” analysieren Profi-Fotografen im Auftrag von fokussiert.com montags bis freitags jeweils ein Foto aus der Leserschaft.
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4 Kommentare
  1. Achim Schrepfer
    Achim Schrepfer sagte:

    Hallo Frau Dittmann,

    danke für diese Kritik. Ich bin damals per Mail darüber informiert worden, konnte den Beitrag aber nicht finden. Nun habe ich heute danach gesucht und bin endlich fündig geworden :-)

    Der Goldene Schnitt… das ist so eine Sache. Er ist hilfreich und sorgt für Harmonie. Meiner Meinung nach ist er aber auch banal. Ich bin hier bewusst ausgestiegen um auch das Thema „Weite“ ein bisschen zu pushen.

    Was Sie aber zu den Farben sagen, dem kann ich nur zustimmen. Ich werde mich mal an eine Überarbeitung der Farbabstimmung machen und versuchen, dem Bild ein wenig mehr Tiefe zu geben. Kann gut sein, dass ich da aufgrund des Kontrastumfangs ein bisschen tiefer in die Trickkiste greifen muss :-)

    Herzliche Grüße & Danke nochmal
    Achim Schrepfer

    Antworten
  2. Sofie Dittmann
    Sofie Dittmann sagte:

    Friends don’t let friends write critiques at 2 AM in the morning… hahaha, Ja, Schnee natuerlich – das Bild hat mich an Wuestenaufnahmen erinnert, und das hat sich dann in meinem Hirn festgesetzt… Am Rest der Kritik halte ich fest.

    Antworten
  3. Jens Richter
    Jens Richter sagte:

    Liebe Frau Dittmann,

    das Foto entstand im Dezember und zeigt einen Apfelbaum….,
    ich würde den Sand für Schnee halten ;-)

    Zum Foto: gefällt mir ausgesprochen gut.

    Beste Grüße

    Jens Richter

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