Modellfotografie Die Liebe zum Detail

Modellfotografie schärft unseren Blick für die kleinen Dinge und ermöglicht Perspektiven, die uns in der lebensgroßen Realität oft verborgen bleiben.


Thomas Demand

Ganz im Gegensatz zur Fake-Tilt-Shift Fotografie, die die Wirklichkeit als Modell abbildet, lässt die Modellfotografie die nachgebaute Wirklichkeit in der Fotografie als Realität erscheinen. So werden spannende Blickwinkel möglich, und der Künstler selbst kann „seine“ gewünschte Welt bauen, bevor er sie ablichtet.

In der Architektur war die Modellfotografie lange Instrument zur Darstellung von geplanten Bauten. Schließlich kann nur im Modell das Licht und die Wirkung von Farbe, Beleuchtung und Raum wirklichkeitsgetreu simuliert werden – und die Fotografie hebt das Modell auf die Ebene der Realität. Aber auch in der Kunst hat das Fotografieren von detailliert nachgebauten Modellen seine Stelle gefunden.

Der wohl bekannteste Vertreter dieser Richtung ist Thomas Demand. Er treibt das Spiel mit der Wirklichkeit soweit, dass er die Szenen berühmter Fotos aus Papier nachbaut, um sie dann erneut zu fotografieren und diese Bilder auszustellen. Durch Lichtsetzung und dank seiner unglaublichen Liebe zum Detail ist die Illusion teilweise so perfekt, dass der Betrachter den Unterschied zu den Originalen erst beim zweiten Hinsehen auszumachen vermag. Diese Auseinandersetzung mit dem Motiv schafft für den Künstler eine ganze andere Identifikation mit der abgebildeten Szenerie, entdeckt man doch erst beim händischen (Nach)bau die Details, die einem vorher verborgen blieben.


Corrie Witt

Aber nicht nur die Reproduktion bekannter Motive, auch die Erschaffung völlig neuer Realitäten bieten erlauben Modelle. So baut die amerikanische Künstlerin Corrie Witt nicht nur ihr eigenes Apartment in Puppenhausgröße nach, sie entwirft auch das Modell ihres künftigen Zuhauses und wird damit zur Architektin ihrer eigenen Visionen, die sie so fotografisch festhalten und präsentieren kann.

Die Modellfotografie lässt uns näher an die Motive herangehen und schafft dem Fotografen einen Freiraum, den er in der wirklichen Größe nie haben würde. Sie ermöglicht neue Perspektiven und schult unseren Blick für die kleinen Details. Außerdem lässt sich ohne großen Aufwand eine Menge über das Verhalten von Blenden und Schärfentiefe lernen.

Und selbst wer nicht gleich seine ganze Wohnung im Miniaturformat nachbauen möchte, sollte sich vielleicht einmal an den kleinen Dingen versuchen. Schnell entstehen so spannende Fotos, die angenehm „anders“ sind und faszinierende Blicke auf alltägliche Gegenstände und Situationen preisgeben.

Webseite: Thomas Demand
Webseite: Corrie Witt

4 Kommentare

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  1. […] der Pseudo-Modellfotografie (Fake-Tilt-Shift) und der echten Modellfotografie handelt es sich hier wohl um […]

  2. […] Gursky hatte Lüpertz einen Brief geschrieben, in dem er sich für Thomas Demand (Bericht bei fokussiert.com) als weiteren Professor stark machte. Darauf habe er nicht einmal eine Antwort bekommen. Inzwischen […]

  3. […] “Teil gibt es einerseits wichtige Vertreter zeitgenössischer Fotografie zu sehen: Thomas Demand etwa, auf dessen Modellfotografie wir hier schon eingegangen sind, Florian Maier-Aichen oder Javier […]

  4. […] Thomas Demand aus der jüngeren Fotografengeneration. Auf ihn und seine Arbeitsweise hatten wir bei fokussiert.com bereits hingewiesen. Die Hamburger Kunsthalle teilt mit: Thomas Demand gehört heute zu den […]

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