Naturfotografie: Fluss in Bewegung

Wer Bewegungsunschärfe als gestalterisches Mittel nutzt, sollte aufpassen, dass die unbeweglichen Teile des Bildes trotzdem scharf bleiben. Auch der Einsatz anderer Gestaltungsmittel zur Verbesserung der Bildwirkung bleibt erlaubt.

[textad]Leserfoto: Klick für Vollansicht (© Timo K.).

Kommentar des Fotografen:

Das Bild ist im Juli auf Fehmarn entstanden. Es soll die dynamische Bewegung des Wassers zeigen. Hierzu habe ich einen Graufilter verwendet und stark abgeblendet und, um den perfekten Moment einzufangen, die Serienbildfunktion benutzt. Um die Kamera vor dem Wasser zu schützen, wurde ein Teleobjektiv verwendet.

Profi Robert Kneschke meint zum Bild von Timo K.:

Bewegungen einzufangen, ist für Fotografen mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln immer eine Herausforderung. Eine bewährte Lösung ist die Langzeitbelichtung. Auch hier beim Fotografieren eines fließenden Bachs hast Du zu diesem Mittel gegriffen.

Aber eine Langzeitbelichtung allein erzeugt noch kein beeindruckendes Foto. Im Eifer des Gefechts, zwischen Aufschrauben des Graufilters, Auswahl des Teleobjektivs und dem In-Zaum-Halten der Serienbildfunktion hast Du leider zwei wichtige Elemente vergessen:

Die Komposition und die Schärfe.

Doch betrachten wir die Entstehung des Fotos von vorne. Die Entscheidung für einen Graufilter zur Verlängerung der Belichtungszeit ist eine richtige Entscheidung. Wichtig, aber hier nicht bewertbar, ist die Qualität des Graufilters, denn ein Objektiv ist immer nur so gut wie das schlechteste Glas. Das könnte ein Grund für die mangelnde Schärfe sein, doch dazu später mehr.

Aus Erfahrung kann ich sagen, dass die Serienbildfunktion bei fließendem Wasser eher kontraproduktiv ist. Die Steine bzw. das Ufer bewegen sich eh nicht und das Wasser wird durch die lange Belichtungszeit immer sehr identisch aussehen. Für viel wichtiger als die Serienfunktion halte ich das kontrollierte Auslösen der Kamera, um Verwackelungen durch den Druck auf den Auslöser zu minimieren. Vor allem bei Verschlusszeiten zwischen 1/10s und 1s empfiehlt sich die Spiegelvorauslösung, damit der Spiegelschlag selbst nicht zur Erschütterung führt. Ein Stativ und Fernauslöser sind selbstverständlich.

Die Wahl eines Teleobjektivs als Schutz vor Wasserspritzern liegt auf der Hand, führt aber bei solchen Motiven meist zu weniger tollen Bildern. Weitwinkelobjektive bringen bei Flüssen und Wasserfällen mehr Tiefe ins Bild, welche die Wassermassen beeindruckender aussehen lässt.

Dem Bild selbst fehlt jedoch ein Bildmittelpunkt, eine Klarheit der Formen, Symmetrie, Farbwirkungen und so weiter. Alles, was ein Bild sehenswert machen könnte, vermisse ich in dieser Fotografie. Die vorderen beiden Steine erdrücken die Komposition, und hinten im Wasser fressen die Lichter aus. Bei Bächen gilt es genau zu beobachten, wo das Wasser wie über welchen Stein fließt, und was davon am interessantesten aussehen kann. Ohne die Umgebung zu kennen, sehe ich mindestens mittig am linken Rand eine Steinformation, die fotografisch geeigneter gewesen wäre.

Auch die fehlende Schärfe ist leider ein gravierendes Manko. Von einem Stativ erwähnst Du im Bildkommentar nichts, und auf dem Bild ist davon nichts zu merken. Der Effekt des fließenden Wassers wirkt nur, wenn die unbeweglichen Steine „knackscharf“ sind. Wenn kein Stativ zur Hand ist, ist es oft möglich, einige Steine aus dem Flussbett so zu stapeln, um die Kamera ruhig und bewegungslos ablegen zu können. So habe ich das beispielsweise auf einer Trekkingtour gemacht, wo ein sperriges Stativ unnötiges Gewicht gewesen wäre.

In der Rubrik “Bildkritik” analysieren Profi-Fotografen im Auftrag von fokussiert.com montags bis freitags jeweils ein Foto aus der Leserschaft.
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11 Kommentare
  1. Christian Loose
    Christian Loose sagte:

    Ich weiss jetzt, woher die Unschärfe kommt – das mir das vorher nicht in den Sinn gekommen ist :-)
    Timo, Du hast wahrscheinlich den Bildstabilisator nicht ausgeschaltet, habe ich Recht ?
    Stativaufnahmen mit länger Beli.zeit + Bildstabi. sind tötlich !
    Ist mir auch mal passiert – bei übrigens gleichen Aufnahmebedingungen ! Danach habe ich mich auch gefragt, was wohl der Grund für die Unschärfe war, bis es mir wieder einfiel…

    Peter Sennhauser hatte es bereits ebenfalls angedeutet.

    Gruß,
    Christian

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  2. Sven Hirthe
    Sven Hirthe sagte:

    Also Timo mir ist noch nicht ganz klar was du in der Komposition erreichen wolltest.
    Einfach nur Wasser in Bewegung oder die Dynamik speziell der Ostsee bei kräftigeren Wellengang.
    Denn beim ersten Blick bin ich auch erstmal auf einen Fluß gekommen oder einen kleinen „Bach“ wie Robert schreibt.
    Die Frage wäre dann ob ein größerer Bildauschnitt oder ein anderer Winkel nicht mehr vom „Meer“ Charakter gelassen hätte.
    Vorrausgesetzt das war eins deiner Ziele.
    Und ich denke mal abgesehen von der Güte der verwendeten Technik kann es doch durchaus sein das eine kräftige Böe ausreicht um im falschen Moment das Stativ um ein paar Millimeter zu verschieben gerade bei der längeren Belichtungszeit und dem 160 Zoom.

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  3. Timo K.
    Timo K. sagte:

    Bei dem Objektiv handelt es sich um das Sigma 50-200/4-5.6 DC OS HSM.

    Ich habe mir das Bild nocheinmal genauer angeschaut und es scheint sich bei der Unschärfe wirkliche um eine Verwackelung zu handeln.
    Leider bin ich nun ratlos. Einen Fernauslöser und das Stativ habe ich verwendet. Liegt der Fehler vielleicht im Untergrund? Es wäre möglich, dass das Stativ mit der Kamera nicht zu 100% fest stand. Könnte (wenn auch eher unwahrscheinlich) eine weitere mögliche Ursache der starke Sturm an dem Tag sein?

    Über weitere Tipps wäre ich sehr dankbar!

    Antworten
    • Christian Loose
      Christian Loose sagte:

      @Timo:
      Wenn es denn wirklich Verwacklungsunschärfe sein sollte, dann kann so etwas auch vom Stativ passieren. Hängt dann u.a. von der Stabilität/Gewicht des Stativs ab.
      Mein Tipp: Fernauslöser und Spiegelvorauslösung. Und ganz wichtig: nachdem den Bildausschnitt festgelegt wurde, zunächst mal die Kamera in Ruhe lassen, da die Kamera-Stativ-Kombination durchaus noch minimalen Schwingungen ausgesetzt sein kann (aber nicht muss).
      Habe dahingehend mal ähnlich negative Erfahrungen mit meinem 70-300 von Nikon gemacht :-)

      Gruß,
      Christian

    • Peter Sennhauser
      Peter Sennhauser sagte:

      Weitere Ergänzungen:

      Bei Wind kann ein Gewicht am Stativ (die meisten haben im Zentralrohr einen Haken) helfen – aber es sollte nicht frei schwingend die Fototasche sein…

      Die Meinungen gehen auseinander, aber Objektive mit Bildstabi sollten nach gängiger Lehre auf dem Stativ die Stabilisierung ausgeschaltet haben. Ich habe bisher keine entsprechenden Erfahrungen gemacht, aber bei 160mm kann auch mal die Elektronik ein bisschen quer stehen – wie eben auch eine sehr einfache kleine Erschütterung.

      Abhilfe: Näher ran, kürzere Brennweite.

  4. Timo K.
    Timo K. sagte:

    Hallo!

    Vielen Dank für Ihren Kommentar!
    Bei dem Graufilter handelt es sich um einen Hoya NDX8 Pro1. Ich denke daran sollte die Unschärfe nicht liegen. Ein Stativ und ein Fernauslöser wurden ebenfalls verwendet. Ich denke, dass mein Fehler hierbei eher in einer ungenauen Fokussierung liegt.

    Da es sich dabei um meine ersten Versuche mit dem Graufilter handelt, bin ich sehr dankbar über ihre Tipps!

    Gemacht wurde das Foto jedoch nicht an einem Fluss, sondern an der Ostsee. Aus diesem Grund sind die Wellen weitaus weniger vorhersehbar.

    Die unregelmäßige Anordnung empfand ich selbst als sehr reizvoll, da die Steine schließlich unregelmäßig über den Strand verteilt waren bzw. sind. Doch bei nächster Gelegnheit werde nochmals eine andere Position ausprobieren.

    Nochmals vielen Dank für Ihre sehr hilfreichen Hinweise!

    Timo K.

    Antworten
    • Christian Loose
      Christian Loose sagte:

      Die vermeintliche Unschärfe ist in diesem Fall Beugungsunschärfe.
      Mehr als Blende 16 würde ich nicht abblenden. Oftmals kann man bei Crop-Kameras eine Beugungsunschärfe bereits nach Blende 11 erkennen, womit 11 dann die maximal, förderliche Blende wäre. Hängt natürlich auch schwer von der Qualität des Objektivs ab.
      Die bessere Lösung hier wäre als gewesen 2 Stunden später wieder zu kommen und bei weniger Licht Aufnahmen zu machen. Manchmal hilft auch ein Graufilter nicht mehr weiter.

      Gruß,
      Christian

    • Peter Sennhauser
      Peter Sennhauser sagte:

      Christian, bist Du Dir da sicher?

      Mit andern Worten, Blende 22 ist an diesem Sony-SLR-Objektiv völlig unbrauchbar?

      Ich habe mit meinen preiswerteren Nikkors schon mit derlei Blenden gearbeitet, und die Bilder waren *für mich* nicht erkennbar unscharf. Selbst bei absichtlicher Blendenschliessung und der Fotografie direkt in die teilweise von einer Kante verdeckte Sonne kam es zwar zu Sternbildung und Halo, aber nicht zu erkennbarer Unschärfe.

      Die Beugungsunschärfe ist von der realen Blendenöffnung, dem Bildwinkel und der Grösse des Sensors im Verhältnis zur Auflösung abhängig.

      Die Sony A200 hat einen 10.2 Megapixel APS-C-Sensor, was nun nicht gerade gedrängte Pixel sind. So lange der Pixelabstand grösser ist als die Grösse der Beugungsscheibchen, sollte die Beugungsunschärfe nicht zu sehen sein.

      Hier ist sie aber nicht nur im Original zu sehen – Sie ist sogar bei einer Reduktion des Bildes von seiner ursprünglichen Grösse auf etwa einen Achtel noch problemlos erkennbar.

      Vielleicht mache ich einen Denkfehler, aber ich halte die Unschärfe hier doch eher für Verwackelung.

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