Nelli Palomäki: Stille Zeit

Nelli Palomäkis Porträtfotografien könnten aus dem letzten Jahrhundert sein oder von heute, wir sind uns da unsicher. Die Zeit steht still in diesen Aufnahmen, die selbst still sind und so intensiv.

Nelli Palomäki - Andréas, 2010 Die kleinen Details, die wir beim konzentrierten Hinschauen entdecken, weisen auf die Gegenwart. Die finnische Fotografin gehört zur einer jungen Generation, die mehr und mehr von sich reden macht.

 

„Breathing the Same Air“ – wir atmen die gleiche Luft – so heißt der 2013 erschienene Bildband, der Nelli Palomäkis aktuelle Arbeit zusammenfasst. Sie meint damit den Moment, in dem Modell und Fotografin sich gegenüber stehen, die schwere Luft des gleichen Raumes einatmen, sich gegenseitig so bewusst und gewahr sind wie vorher nicht und nachher nicht wieder. Was sie in diesem Moment herausfinden und sichtbar machen will, schreibt Nelli Palomäki, das ist das Geheimnis des Gegenübers. Diese Geheimnisse will sie am Ende den Betrachtern ihrer Bilder zeigen, als wären es ihre eigenen.

Nelli Palomäki fotografiert Kinder, Jugendliche, junge Menschen. Schwarzweiß. Oft zu verschiedenen Altern: Julia mit 4, Julia mit 5. Wenn wir sie in zeitlosen, in altertümlicher Bekleidung sehen, in historisch anmutenden Umgebungen und Möblierungen, in der Serie Impossible Works mit einer alten Plattenkamera fotografiert, verlieren wir die Orientierung in der Zeit. Und wir finden sie selbst dann nicht wieder – seltsam – wenn wir andere Porträts mit (offensichtlich) zeitgenössischem Ambiente betrachten, dann scheinen uns selbst diese entrückt. So schweben wir in einer Zeitlosigkeit, die den Porträts jene Ewigkeit über den Tod hinaus verleiht, von denen Roland Barthes in der „Hellen Kammer“ gesprochen hat. „Ein Porträt bleibt für immer“, schreibt Nelli Palomäki. – Es sei ihr verzweifelter Versuch, mit jemandem verbunden zu bleiben, der – obwohl ein Fremder – einem, vielleicht nur in dem Moment der Aufnahme vertraut wurde. „Sie werden sterben und ich werde schließlich auch sterben“ – und das Bild bleibt.

[photos]

Nelli Palomäki, Jahrgang 1981, lebt und arbeitet in Helsinki. Sie wird zu jener finnischen Fotografenschule namens „Helsinki School“ gerechnet, die aber weder eine Schule ist noch feste Regeln vorschreibt. Gemeinsam ist ihnen eher das feste konzeptuelle und serielle Arbeiten. Jedenfalls studierte Palomäki in London und an der Aalto-Universität Fotografie. 2010 belegte sie den zweiten Platz in der Kategorie Porträt des Sony World Photography Awards. Die Hasselblad-Stiftung stattete sie mit einem Stipendium aus. Nelli Palomäkis Website zeigt uns ihre Arbeiten. Der Bildband [amazon 3775734554]Breathing the Same Air[/amazon] erschien im Februar dieses Jahres im Hatje Cantz-Verlag, Ostfildern.

Nelli Palomäki – Breathing the Same Air
Hatje Cantz-Verlag Ostfildern, 2013; 38 Euro

Nelli Palomäki
Hatje Cantz-Verlag

1 Kommentar
  1. Rainer
    Rainer sagte:

    Stilvolle Aufnahmen welche mir sehr gefallen. Wie kommt man an solche schöne Motive, sofern es keine Studio-Aufnahmen sind? Danke – ein Schöner Augenblick um die einmaligen Aufnahmen zu bestaunen, und die Ruhe einzusaugen. Bravo!

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