neoHDR: Technik als Mittel

David Kaplan hat nicht nur eine neue Technik für HDR-Bilder entwickelt. Er hat auch ein Auge, sie anzuwenden.

[textad]Leserfoto: Klick für Vollansicht (© David Kaplan).

Kommentar des Fotografen:

Bei diesem Foto handelt es sich um ein neoHDR. Die aufsummierte Belichtungszeit aller Belichtungen beträgt rund 400s. Bei Blende 1.4 reichte hier, dank der grosszügigen Beleuchtung, ISO 200. Soweit zum technischen.
Aufgenommen wurde es über einem Nebelmeer am Lauerzersee. Auf diese Wetterkonstellation habe ich wochenlang gewartet. Wegen den schwierigen Wetterbedingungen war es auch schwierig da hochzukommen. Mit dem Auto und etwas wandern in der Nacht bin ich dann aber zu diesem tollen Aussichtspunkt gekommen.

Peter Sennhauser meint zum Bild von David Kaplan:

Das Nebelmeer über dem Lauerzersee – eine Nachtaufnahme in Farbe, die sich einerseits wie eine Langzeit-, andererseits aber wie eine Momentaufnahme präsentiert.

Kritisieren kann in man das eigentlich nicht, aber ich glaube, das ist auch nicht Davids Absicht. Er bewirbt hier sein „neoHDR“-Verfahren, und wir helfen ihm gerne dabei – denn die Bilder, die er bisher mit dem Programm geschaffen hat, sind keine Techno-Spielerei, sondern eine faszinierende neue Ansicht der Nachtwelt und ausserdem fast ausnahmslos sehr schön komponiert:

David hat mir zu einem früheren Zeitpunkt erklärt, dass solche Bilder aus mehreren Belichtungen mit einem speziellen, von ihm geschriebenen Programm (nein, es ist noch nicht erhältlich) erstellt werden.

Wie „neoHDR“ genau funktioniert, will er logischerweise nicht ausplaudern; er sagt aber, dass das Programm Bewegungen einzelner Motivteile herausgerechnet, ich gehe davon aus, dass im Fall der Sterne der Sternhimmel von Bild zu Bild „zurückgedreht“ und die Punkte deckungsgleich angeordnet werden – darauf deuten die Vignettierung in den früheren Bildern und leichte Sternspuren an den Bildrändern hin.

Im Gegensatz zu vielen andern „Bildtechnikern“ verlässt Du Dich aber nicht auf die reine Wirkung Deiner „Erfindung“, so eindringlich ihre Bildwirkung auch sein mag, sondern suchst darüber hinaus bestechende Motive und sorgst für gelungene Kompositionen.

So auch hier: Der Hof im Vordergrund ist gut platziert, das beleuchtete Nebelmeer und die über den Himmel streichenden Wolken verleihen dem Bild etwas mystisches und waren die Wartezeit auf die richtige Konstellation jedenfalls wert, und der mit der Technik erzielte klare Sternenhimmel ist nicht das Hauptmotiv, sondern unterstreicht es in einer selten oder bisher nie gesehenen Art und Weise – die Technik folgt damit genau der Aufgabe, die sie haben soll.

Statt hier Haare in der Suppe zu suchen – die es sicherlich gibt, ich finde etwa, der Weg am unteren Bildrand ist etwas zu sehr abgedrängt und trägt eigentlich nichts zum Bild bei – möchte ich eher einen Besuch auf David Kaplans Flickr-Page empfehlen.

In der Rubrik “Bildkritik” analysieren Profi-Fotografen im Auftrag von fokussiert.com montags bis freitags jeweils ein Foto aus der Leserschaft.
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11 Kommentare
  1. Jonas
    Jonas sagte:

    Hallo, ich schalte mich mal in eure Diskussion ein.
    Eines vorweg: Die Bilder von David sind super. Ich bin ein Fan davon!

    Allerdings kann ich euren Schlagabtausch hier nicht nachvollziehen.
    1. Es gibt eine Menge Möglichkeiten und Programme, die jetzt schon verfügbar sind um solche Bilder zu bauen (schaut doch einfach mal im Astro-Software-Bereich). So umwerfend bahnbrechend ist die Technik nicht. David beherrscht es einfach und kennt mit Sicherheit gute Tricks und Kniffe, um das Ergebnis zu optimieren.

    2. Wenn David glaubt, aus „nicht leicht nachahmbaren Bildern“ Kapital schlagen zu können, da wünsche ich ihm dabei viel Erfolg.

    3. Ich schätze das Internet, Blogs und Seiten wie diese hier dafür, dass dort Fotografen ihr Wissen Teilen und Tricks verraten. Die großen Namen in der Szene machen das fast ausnahmslos. Und es schadet ihnen nicht. Denn neben der ganzen technischen Spielerei, gehört noch viel mehr dazu, um ein gutes Bild zu machen, aber das wisst ihr. Hier wurden ja Punkte wie Motivwahl und Komposition angeschnitten.

    4. Ich verstehe Davids Angst nicht so ganz, etwas von seinem Workflow preiszugeben. Diese Geheimnistuerei um neoHDR (die ja auch schon in der fotocomunity und auf flickr eine Weile von dir betrieben wird) finde ich persönlich übertrieben. Aber wenn du sie als Teil deiner Marketing-Strategie verstehst, dann hoffe ich, es zahlt sich aus.

    5. Ansonsten besteht der Mehrwert dieses Internets und speziell der Foto-Blogs und Foren eben im Teilen und Austauschen, Inspirieren und Weiterhelfen. Das gehört für mich einfach dazu.

    Nichts desto trotz. Mach weiter so schöne Bilder und hab nicht so viel Angst.

    Antworten
    • David Kaplan
      David Kaplan sagte:

      Lieber Jonas

      Freut mich, dass dir das Ergebnis gefällt. Ich kann deinen Unmut über meine Einstellung verstehen. Ich hoffe, du kannst auch meinen Standpunkt ein wenig nachvollziehen. Ich gehöre ganz sicher nicht in die Kategorie Fotografen, die alles geheim halten wollen. Im Internet findest du einige Tutorials von mir und viele Forenbeiträge in denen ich alle meine fotografischen Tipps und Tricks ausplaudere.
      Mit „neoHDR“ bin ich selber etwas im Clinch. Angefangen hat alles vor gut eineinhalb Jahren, als ich mich während eines USA-Tripps anfing für Landschaftsfotografie mit Sternenhimmel zu interessieren. Schnell bemerkte ich, dass ich mit meiner damaligen Ausrüstung keine qualitativ zufriedenstellenden Aufnahmen hinbekommen konnte. Wenig später ist mir dann die Idee zu neoHDR gekommen. Seit über einem Jahr stecke ich nun einen Grossteil meiner Freizeit in dieses Projekt. Es war nie geplant auch nur zu erwähnen, wie ich zu meinen Aufnahmen komme. Aber schon als ich die ersten Bilder im Internet präsentierte, wurde ich mit Fragen überhäuft. Damit ist überhaupt erst der Begriff „neoHDR“ entstanden. Um allzu ausufernde Frage&Antwort-Spielchen zu vermeiden erwähne ich nun immer den Begriff „neoHDR“, damit die Leute dann mit Hilfe von Google über die versträuten und knapp gehaltenen Informationen stolpern können. Als Werbung für mich ist das überhaupt nicht gedacht. Ganz im Gegenteil: Es wäre mir lieber ich müsste es nicht schreiben. Denn ich leide ehrlich gesagt ziemlich darunter, dass kaum jemand sich meine Fotos ansehen kann ohne sich gleich den Kopf darüber zu zerbrechen wie das technisch möglich gewesen ist. Meine Fotos werden als „technische Wunderwerke“ angesehen, dabei will ich doch nur das Motiv auf eine neue Art und Weise zeigen. Das geht aber leider immer unter in einer nicht enden wollenden Diskussion über HDR und Strichspuren!

      Trotzdem ist mir das immer noch lieber als einfach ein Jahr meiner Freizeit zu verschenken, indem ich die Software frei zugänglich mache.
      Im übrigen bin ich durchaus bereit, die Bilder von interessierten Fotografen entsprechend aufzubereiten – auftragsmässig.

    • Peter Sennhauser
      Peter Sennhauser sagte:

      David,

      Trotzdem ist mir das immer noch lieber als einfach ein Jahr meiner Freizeit zu verschenken, indem ich die Software frei zugänglich mache.

      Das ist das Problem: Kein Mensch erwartet das von Dir! TPE zum Beispiel ist kostenlos auf dem Desktop – aus lizenzrechtlichen Gründen. Die iPhone-Anwendung kostet knapp 10 Dollar, und die würde ich sofort ausgeben (ich warte aber auf Stephens Android-App). PTLens kostet ein paar Dollar, und die ist es mir allemal wert, wenn ich dafür auch Knopfdruck meine Objektivverzerrungen aus den Bildern rechnen kann. Sogar für ein kleines Tool, das Windows befähigt, RAW-Bilder als Icons darzustellen, habe ich Geld bezahlt.

      Wenn Du Unternehmer wärst, könntest Du zwei Drittel Deines Businessplans abhaken: R&D-Investitionen und Marktforschung.

      Dein Jahr Freizeit solltest Du auf jeden Fall abschreiben und grundsätzlich nicht davon ausgehen, dass es Dir von jemandem bezahlt wird.

      Aber da die Nachfrage nach dem Algorithmus schon mal da ist, solltest Du Dir überlegen, die Investition in ein verkaufbares Produkt zu wagen mit der Chance, etwas damit zu verdienen UND den interessierten Menschen auszuhelfen. Niemand sagt, dass Du es kostenlos, für jede einzelne Kamera und jedes Objektiv und mit perfekter Usability ausstatten musst – aber ich bin ziemlich sicher, allein die Besitzer von Vollformat-Kameras mit hochwertigen Objektiven würden zu grossen Teilen 29 Dollar für ein Programm bezahlen, das ihnen viel Bastelarbeit abnimmt, mit der sie zu ähnlichen Resultaten kämen.

      Dass die Technik ohnehin früher oder später Mainstream wird, an diesen Gedanken musst Du Dich gewöhnen (ich hab’s oben schon angetönt): Millionen von Fotografen und Fotografinnen rund um den Erdball streben nach neuen Möglichkeiten. Du solltest sie als Deine Partner und Kunden sehen, nicht als gierige Masse, die Dir etwas zu entreissen sucht.

      Du kannst natürlich auch sagen: nee, verkaufen kann ich es nicht, weil’s nicht gut genug ist, und verschenken werde ich es nicht, weil das MEINE Arbeit ist. Das klingt aber ein bisschen trotzig. Und dann wirst Du erfahren, dass es jemand anderes tut und die Technik am Ende als calcHDR oder SuperHDR oder sonstwas zu Mainstream wird.

    • Christian Gruber
      Christian Gruber sagte:

      Einerseits finde ich es beeindrucken, wie du deine Bilder mithilfe der Technik gestaltest.
      Anderseits muß dir eins klar werden. Heutzutage zählt in der Technik nicht die Umsetzung,

      es zählt die Idee.

      Dazwischen gibt es noch den Marktvorsprung. Beispielsweise Softwaremarkt: Unter hunderten Bildbetrachter gibt es das kostenlose Irfanview (Downloads monatlich etwa 1 Million), ein Name den jeder kennt der sich auskennt.
      Beispiel iPhone, die Technik und Software kann jeder, Apple war nur mit dem Paket schneller und verdient sich noch die nächsten 10 Jahre eine goldene Nase daran.
      Beispiel Windows und Microsoft – objektiv betrachtet war es nie das beste Produkt, und war auch nie technisch ausgereift. Sie (bzw. Er) waren nur schneller.
      Ich schätze mal, ein Softwarekonzern wie beispielsweise Adobe muß „nur“ 2 Profifotografen und 5 Programmierer eine Woche beauftragen, und ähnliche Effekte laufen. Ganz zu schweigen von den HDR – Software Produzenten, gibt ja derer auch schon einige.

      Darum sichere dir den Namen (neoHDR klingt gut), veröffentliche was irgendwie läuft als meinetwegen Beta und kostenlos für private Zwecke, vergiss die Plattformunabhängigkeit erstmal. Und alle zwei Monate wird dein Produkt besser, aber du bist im Markt
      Und deine Bilder verkauf an Ikea, mit deren Motiven hältst du allemal mit.

  2. David Kaplan
    David Kaplan sagte:

    Lieber Peter

    Jetzt wirst du aber gemein! Ich finde, da gibt es doch noch eine grosse Bandbreite zwischen Egoismus und „Kommunismus“. Ist doch völlig normal, dass Fotografen nicht alle ihre Tricks verraten wollen. Wäre ja auch langweilig, weil dann alle das gleiche machen würden. Und nur weil einer meiner Tricks ein Stück Software ist, haben alle das Gefühl, einen Anspruch darauf zu haben.
    Nebst den exorbitanten Hardwareanforderungen, der umständlichen Profilierung von Objektiven/Kameras, der Plattformabhängigkeit und dem aufwändigen Aufnahmeverfahren gibt es noch eine ganze Reihe von Gründen die gegen eine Veröffentlichung sprechen würden.
    Des weiteren sehe ich als Grundvoraussetzung eine Kamera mit KB-Sensor und lichtstarkem Weitwinkelobjektiv – für Sternenaufnahmen. Ohne das, muss man gar nicht erst damit anfangen.
    Und als PS-Plugin würde es nicht funktionieren.

    Was man oft leicht übersieht ist, dass neoHDR nur eine Qualitätssteigerung ist. Man könnte genausogut ein HDR aus einer Belichtung machen, wenn man sich mit geringerer Qualität abfinden kann. Die Hauptsache bleibt die gleiche wie auch schon vor 100 Jahren: Man muss zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein. Und dort sehe ich bei vielen Fotografen mehr Nachholbedarf als in der technischen Komponente der Fotografie.

    Gruss David

    Antworten
    • Peter Sennhauser
      Peter Sennhauser sagte:

      LOL. Ich möchte nicht so verstanden werden, dass ich denke, die Allgemeinheit habe einen Anspruch auf Dein Programm.

      Ich bin jedenfalls überzeugt, dass Du mit dem Programm Geld verdienen könntest. PTLens ist ja, was Kalibrierung angeht, ebenfalls extrem aufwändig, aber ich gehe davon aus, das dessen Autor inzwischen ein erkleckliches Einkommen daraus generiert.

      Man muss zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein. Und dort sehe ich bei vielen Fotografen mehr Nachholbedarf als in der technischen Komponente der Fotografie.

      Vollkommen einverstanden, deswegen bin ich von deinen Bildern auch so begeistert, weil Du Dich eben nicht auf Deine Technik verlässt.

      Es ist aber auch so, dass die Leute, welche alle Strapazen, Reisekosten und Organisationsaufwand auf sich nehmen, um an solche Orte zu gelangen, wohl auch zwei oder drei Hände voll Dollars für ein Programm ausgeben würden, das ihre Bilder optimiert.

  3. David Kaplan
    David Kaplan sagte:

    Ja, das wüsste ich auch gerne!
    Leider ist das nicht ganz unaufwändig. Und nicht leicht nachahmbare Bilder im Portfolio zu haben könnte unter dem Strich lukrativer sein, als eine Bastelsoftware an ein paar Freaks zu verkaufen.

    Ach ja: neoHDR funktioniert nicht nur bei Sternen, sondern bei allen möglichen Arten von bewegten Objekten. Allerdings ist die Qualität beim Sternenhimmel am besten, da die Bewegungen deterministisch sind.

    Antworten
    • Peter Sennhauser
      Peter Sennhauser sagte:

      Tsts, was für eine egoistische Haltung… Du weisst auch, dass Heerscharen von Programmierern PS-Plugins schreiben, gell. HDR machen heute die Kameras schon selber… Ich würde gaaaanz schnell das Proggi abschliessen und vermarkten, wenn Du’s richtig machst, landest Du einen Treffer bei Adobe – oder Du patentierst die Software, das soll ja inzwischen auch gehen. ;-)

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