Pferde-Foto: Reduktion aufs Motiv

Weniger ist mehr. Vor allem dann, wenn die zusätzlichen Elemente im Bild nicht zur Bildwirkung beitragen und vom Hauptmotiv – in diesem Fall einem Pferd – ablenken.

Leserfoto: Klick für Vollansicht (© Max Priller).

Kommentar des Fotografen:

Dieses Foto entstand während den Vorbereitungen des Polterabends meiner Schwester auf dem Hof. Ich hatte gerade nichts zu tun, als mir diese Situation der perfekt stehenden Sonne und dem Pferd, auf dem sich Schatten abzeichneten von einem Baum, der nebenan stand. Ich holte schnell meine Kamera heraus und hielt diesen Moment fest. Als ich am nächsten Morgen mir die Bilder der Polterabendfeier auf den iMac zog, tauchte plötzlich dieses Bild vor mir auf dem Bildschirm auf. Ich für meinen Teil war von diesem Bild unglaublich angetan wobei ich noch nicht mal sagen kann warum. Vermutlich liegt es daran, dass diese Aufnahme in meinen Augen nahezu perfekt gelungen ist und den Moment sehr schön festgehalten halt. Aber vielleicht ist das Bild gar nicht so sehenswert und bin vielleicht nur zu sehr von meiner selber überzeugt. Habe bewusst darauf verzichtet diese Bild nachzubearbeiten, da ich es so natürlich wie möglich belassen wollte.

Profi Robert Kneschke meint zum Bild von Max Priller:

Perfekt ist bei Fotos ein relatives Wort. Während der Fotograf – und wahrscheinlich auch die Pferdebesitzerin – das Foto damit bezeichnen möchten, würden viele unbeteiligte Betrachter das Attribut sicher nicht verwenden.

Was an dem Bild verbessert werden könnte, sind vor allem zwei Bereiche: Das Motiv und der Hintergrund.

Mit dem Hintergrund meine ich die vielen störenden Elemente, die vom Pferd ablenken und nicht zur Bildstimmung beitragen. Dazu gehören zum Beispiel der Ast oben, das knallrote Besenende und die Mauer selbst. Einiges davon hätte noch in der Nachbearbeitung retuschiert werden können, aber sinnvoller wäre gleich eine andere Perspektivwahl gewesen.

Damit hätte auch das Pferd als Motiv besser herausgearbeitet werden können. Für Tierportraits gilt oft das Gleiche wie für Aufnahmen von Menschen: Eine der Kamera zugewandte Position wird als angenehmer und offener empfunden. Hier schaut das Pferd von der Kamera weg und wirkt so, als wolle es nicht auf dem Bild sein.

Eine andere Perspektive wäre nicht schwer zu finden gewesen, da das Foto oben ja schon die schöne Ansicht des Feldes andeutet. Zwar noch mit störenden Zaunpfosten, die jedoch ebenfalls retuschiert werden könnten. Unten habe ich einen Ausschnitt aus dem Bild genommen, der gleich ganz anders wirkt, weil die oben beschriebenen ablenkenden Elemente fehlen und weil das Bild ohne Mauer freier wirkt. Außerdem habe ich das Foto ein wenig gesättigt und geschärft.

Wenn der Fotograf durch Geräusche o.ä. das Pferd zu einem Blick in Richtung Kamera hätte bewegen können, wäre das so eher durchschnittliche Pferde-Foto deutlich besser geworden.

In der Rubrik “Bildkritik” analysieren Profi-Fotografen im Auftrag von fokussiert.com montags bis freitags jeweils ein Foto aus der Leserschaft.
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10 Kommentare
  1. michael
    michael sagte:

    ich bin gerade rein zufällig auf dieser seite gelandet und klickte das bild an, weil ich das thumbnail als einladend empfand.
    nun in grösserer darstellung betrachtet, kann ich mich teilweise der kritk anschliesen.
    dass das wort „perfekt“ als terminus relativ ist, sollte jedem klar sein und natürlich sollte mit der wortwahl grundsätzlich vorsichtig umgegangen werden. doch dies gilt ebenfalls für die kritik. denn der ton, welchen ich herauslese, wirkt besserwisserich.
    gern unterstreiche auch ich die hinweise zu dem baumast und dem roten besen. nach darstellung, wie dieses foto entstanden ist (und dem nicht wissen, wie der autor zu dem pferd grundsätzlich steht), halte ich es allerdings auch für sehr schwierig den besen vor ort zu entfernen, ohne das pferd beim luckilucki-machen zu stören. meinetwegen ist es also legitim dies zu retuschieren.
    wenn die koppel ebenfalls entfernt würde, dann würde das bild einseitig werden. wenn dann auch noch ein pferd hinzukommt, welches in die kamera schaut, dann hat man am ende nichts weiter als die nackte frau auf der bildseite nr. 1. ich finde es prima, dass es herausschaut.
    auf meinem laptop wirkt das foto sehr pastellig, welches mir ein westerngefühl der Filme in den 50ern vermittelt. dies mag ich, denn dieses gefühl ist ambivalent: schön und trashig zugleich. wann kann man heute noch so rosig erzählen und fotografieren? ein nachträgliches anziehen des kontrastes empfinde ich als nicht notwendig bzw. übertrieben … über das nachschärfen kann man spekulieren. Es macht das bild wahrscheinlich eher digital und tendenziell kälter: „zu“ perfekt.
    wenn man also alle empfehlungen umsetzte, käme schlichtweg ein klischeehaftes-postkartenmotiv heraus, welches ohne spannung ist, weil es ein abziehbild einfach gestrickter romantischer wünsche wird.
    somit schliesse ich mich dem kommentar von Uwe S. an:
    ein schönes pferd.
    (und eigentlich habe ich mit pferden nichts am hut)

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  2. Max Priller
    Max Priller sagte:

    Thomas,

    in etwa so wie du habe ich auch gedacht als ich das Bild gemacht habe. Aber wie man sieht denken wir alle halt nicht immer gleich. Über Geschmack lässt sich ja bekanntlich nicht streiten da jeder Mensch einen anderen hat. Ich für meinen Teil sage nur: Weniger ist manchmal mehr.

    Wenn ich mir das Bild anschaue denk ich mir immer wie schön es geworden ist, das ist das einzige was für mich zählt.

    Antworten
  3. Thomas
    Thomas sagte:

    also ich kann mich der bildkritik gar nicht anschließen. ich finde das dieses bild bisher eines der besten ist das ich hier gesehn habe.
    mein erster gedanke war sehnsucht nach freiheit. ich finde es wirkt als ob das pferd in die ferne blickt und der schatten des baumes wirkt so, als ob es außerhalb es des bildes ein art gitter ist welches das pferd zurückhalt.
    ich gratuliere dir zu dem foto.
    den effekt den der kleine bildausschnitt gebracht hat finde ich erreichst du auch wenn du das foto auf einen 2 mal 3 meter print ausdruckst oder. nur das dann der blick des pferdes nicht aus dem kontext gerissen wird.
    so kann mans auch sehen :D

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  4. Swonkie
    Swonkie sagte:

    was glaub noch viel wichtiger ist als die nachträgliche bearbeitung, ist der andere teil den robert kneschke nennt: nämlich die überlegungen / bildkomposition bevor man auf den auslöser drückt.

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  5. Max Priller
    Max Priller sagte:

    Ich hatte schon geahnt das ich bzw. mein Bild nicht sehr gut wegkommen wird. Aber ich werde mich nicht beschweren sondern erstmal für die Kritik bedanken. Kann mit Kritik sehr gut umgehn und bin für jeden Tip dankbar. Im nachhinein hätte ich mir vielleicht doch die Arbeit machen sollen das Foto nachzubearbeiten. Wenn ich jetzt sehe wie das Bild hätte aussehen können dann kann ich Robert Kneschke nur Recht geben. Wobei ich auch sagen muss das die unbearbeitete Version mir ebenfalls sehr gut gefällt.
    Werde versuchen auf die Dinge die in der kritik angesprochen wurden zu achten und in die Tat umzusetzten.

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  6. Daniel S.
    Daniel S. sagte:

    Was mir immer stark zu denken gibt sind Aussagen wie „Habe bewusst darauf verzichtet diese Bild nachzubearbeiten, da ich es so natürlich wie möglich belassen wollte.“

    Wie kommt man zu so einer Aussage? „Natürliche Bilder“ liefern vielleicht unsere Augen-eine Fotografie ist per Definition nicht „natürlich“, da es immer eine Interpretation der Wirklichkeit durch den Fotografén ist.

    Ein Bild ist nicht natürlich, nur weil es vom Anwender so belassen wird wie es aus der Kamera kommt. Das Bild wird-wenn es als Jpeg aus der Kamera kommt-diversen kamerainternen Bildbearbeitungsroutinen unterzogen. Nur eben nicht durch den Anwender kontrollierbar, da es eben kameraintern passiert. Maximal kann durch verschiedene Voreinstellungen der Kamera (Schärfe, Sättigung, etc.pp) noch Einfluss auf das spätere Ergebniss genommen werden. Wobei sich bei der späteren Nachbearbeitung am Computer die Nuancen noch sehr viel feiner steuern lassen.

    Man könnte also auch ketzerisch sagen: „Ich habe bewusst auf die mir gegeben Gestaltungsmöglichkeiten in der Nachbearbeitung verzichet, da ich zu faul dazu war, und es lieber der Kamera überlassen habe“… ;-)

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