Porträt im Ambrotypie-Look: Grundlagen nicht vernachlässigen

Gerade bei einfach und sauber komponierten Porträts kommt es besonders darauf an, daß keine störenden Elemente vorhanden sind, da diese um so mehr auffallen. Auch die Nachbearbeitung kann hier eher hinderlich sein, wenn sie das Foto selbst nicht wirklich unterstützt.

Leserfoto: Klick für Vollansicht (© André Bax).

Kommentar des Fotografen:

Hallo. Dieses Portrait enstand in meiner Familie. Ich habe versucht den Charakter dieser jungen Frau auf diesem Foto festzuhalten. Ich wollte mit dem Ambrotypen-Look die Bildwirkung verstärken. Ob ich damit auf dem Holzweg bin, werdet Ihr mir hoffentlich sagen können.

Profi Sofie Dittmann meint zum Bild von André Bax:

Eine junge Frau blickt uns unverwand und ungestellt an. Sie wirkt nachdenklich, aber gleichzeitig auch irgendwie herausfordernd.

Es ist schwierig, solche Porträts zu schießen, weil viele Leute denken, sie müßten grundsätzlich lächeln, wenn sie fotografiert werden. Was mir bei diesem Foto gut gefällt, ist die saubere, klare Pose:

Unaffektiert, natürlich wirkend. Das Bild ist insgesamt gut komponiert.

Allerdings fällt durch die Komposition auch auf, daß die junge Frau gewissermaßen einen Armfortsatz hat. Der ist zwar wohl ein Teil einer Sessel- oder Couchlehne, aber durch die monochrome Bearbeitung verschmilzt er mit dem Arm des Modells und wirkt hier störend (er würde auch in Farbe stören). Ich hätte sie so erst gar nicht fotografiert, oder wenn es sich in der Situation nicht verhindern ließ, dann das Stück in der Nachbearbeitung herausgenommen. Es tut einem an sich guten Porträt Abbruch.

Ich habe mir lange überlegt, ob ich die Ambro-Bearbeitung hier ebenfalls zum Einsatz gebracht hätte. Grundsätzlich ist das meines Erachtens Geschmackssache, und seitdem es einem Anwendungen wie Nik Silver Efex etc. so leicht machen, diese Art Effekt zu produzieren, macht man sich oft keine Gedanken, wenn man ein Foto dergestalt bearbeitet.

Meine persönliche Meinung ist, daß dieses Porträt es nicht gebraucht hätte. Erstens einmal paßt das, was die junge Frau trägt, nicht zu diesem Retro-Look. Ohrringe, Haartracht, Kleidung deuten alle auf Jetzt, nicht Gestern, und von daher wirkt es wie Effekthascherei. Zweitens wäre das Foto bestimmt auch ohne Ambro ein aus sich heraus wirkendes, gutes Porträt gewesen, ob in schwarzweiß oder Farbe. Es hat diese Bearbeitung daher nicht nötig.

In der Rubrik “Bildkritik” analysieren Profi-Fotografen im Auftrag von fokussiert.com montags bis freitags jeweils ein Foto aus der Leserschaft.
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5 Kommentare
  1. Katja
    Katja sagte:

    Die Bearbeitung finde ich nicht gelungen.
    Ich empfinde das genauso wie die Analyse das auch sagt. Diese Körnung und der Farbstich passen einfach nicht zum Model. Der Hintergrund lenkt dadurch auch zu sehr von der Frau ab, da alles nur noch Ton in Ton ist.
    Die Lehne stört mich ziemlich. Warum nicht einfach beschneiden?

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  2. André Bax
    André Bax sagte:

    Hallo Christian,

    der Hintergrund war auch mein größtes Problem. Ich fand auch das die Reflexe des Stoffs sehr stark waren und den Blick ablenken. Es ist garnicht so einfach einen Hintergrund zu finden der nicht zu neutral wirkt und meinen Vorstellungen entspricht.

    Ich versuche mich gerade in meinem neuem Projekt mit normalem Filz…. aus dem Baumarkt.

    Ein Hintergrund wie ihn Jim Rakete benutzt wäre mir allerdings auch lieber.

    Grüsse André

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  3. Christian Gruber
    Christian Gruber sagte:

    Ein Portrait mit gelungener Ausdruckskraft.
    Den Effekt kann ich noch nicht richtig einordnen, kenne dazu zuwenige Bilder. Von den Resultaten wirkt spontan auf mich die Landschaftsaufnahme auf deiner Hp gewinnender als dieses Foto.
    Zum kritisieren ist in meinen Augen aber mehr der Hintergrund. So oft ich das Bild auch ansehe, die Lehne stört mich weniger als der Hintergrund. Der Kontrastverlauf um die linke Gesichtskontur (die Seite wo das Ohr nicht zu sehen ist :-) ) ist in meinen Augen nicht optimal.
    Aber das lässt sich am Computer noch machen, sonst sehr gelungen

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  4. susa
    susa sagte:

    Für mich sind die Augen der jungen Frau auf dem Portrait das entscheidende Element, das der Fotografie Leben einhaucht. Natürlich gehört die Stuhllehne nicht zu dem Gesamtbild, gerade bei einem Portrait sollte man sich die Zeit nehmen, den entsprechenden Hintergrund genau zu taxieren. Aber im großen und ganzen…für mich eine gelungene Aufnahme mit einem Hauch von Nostalgie.

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