Regenlandschaft: Ballett der Grautöne

Landschaftsfotografie in „schlechtem“ Wetter führt rasch zu faszinierenden Wirkungen – vielleicht, weil wir unter solchen Umständen nicht hinsehen wollen.

Leserfoto: Klick für Vollansicht (© Dierk Topp).

Kommentar des Fotografen:

Leider waren trotz Vorsicht Regentropfen auf das Objekiv gelangt. Im Baumstamm ist bei genauem Hinsehen noch etwas zu finden. Bearbeitung: SC2 mit Nik Silver Efex Rahmen mit Lightroom und Plugin Mogrify

Peter Sennhauser meint zum Bild von Dierk Topp:

Eine Berglandschaft mit vereinzelten Baumgruppen im nebligen Regenwetter. Diese Schwarz-Weiss-Aufnahme nimmt einen starken Vordergrund aus einem zweistämmigen Nadelbaum als Rahmen für den Blick in den Mittelgrund der Hochebene, in dem eine Gruppe von drei Bäumen zu sehen ist; dahinter löst sich die Landschaft in einem sanften Hügel, der im Nebel nach oben hin ausfranst, auf.

Ein sehr starkes Bild. Und zwar buchstäblich in mehreren Dimensionen. Zunächst fällt die Komposition sofort auf:

Die Horizontale Aufteilung der akzentuierten Motive ist verzahnt mit ihrer Tiefenschichtung. Blicke „durch“ einen Vordergrund hindurch verstärken die Raumwirkung grundsätzlich, sind aber auch gefährlich, weil sie sich abnutzen und einen starken Effekt im Mittelgrund brauchen.

Der ist hier mit der kleinen Baumgruppe vorhanden: Sie verdient diesen Rahmen auf jeden Fall, sie bildet ein Bild im Bild. Dass die Gruppe am rechten Rand sozusagen wiederholt wird und sich schon fast in einem Wald ausblendet, ist ein weiteres neckisches Detail in diesem Bild, in dem trotz seiner Stille viel passiert.

Der im Regenhimmel verschwimmende, aber in den Konturen erkennbare weiche Hügel schafft eine weitere, wichtige Linie in der Querebene des Bildes und führt das Auge zusätzlich von links nach rechts durch alle Ebenen des Bildes.

Die Komposition dieses wunderbaren Motivs ist aber nur ein Teil seiner starken Kraft. Der Umstand, dass es sich um ein Schlechtwetter-Landschaftsbild handelt, weckt das Interesse der Betrachterin. Zum einen, weil Wettereinflüsse wie Nebel und Wolken und Regen zusätzliche Schichtungen in Landschaften hervorrufen und für Dramatik sorgen – kein Fotograf will einen knallblauen Himmel sehen.

Zweitens aber auch, weil diese Wettereinflüsse die Landschaft selber verändern, die gesamte Stimmung sich wandelt – und wir darauf im normalen Leben selten achten, weil wir uns bei Regen unter Schirmen und Kapuzen verkriechen und vergessen, den Blick in die Landschaftstiefe schweifen zu lassen. Eigentlich müsste man es sich als Landschaftsfotograf zur Aufgabe machen, bei schlechtem Wetter regelmässig den inneren Schweinehund zu überwinden und sich draussen nach Motiven umzusehen – auch Städte verwandeln sich im Regen in völlig neue optische Welten.

Das setzt natürlich voraus, dass man die richtige Regen- und Schlechtwetter-Ausrüstung hat oder unterwegs sehr vorsichtig ist, damit man nicht zu Hause die Regentropfen auf der Linse in den Bildern entdeckt…

Diese Aufnahme hat Dich aber zweifellos trotz der Tropfenflecken für den Schlechtwetterausflug belohnt, und ich hoffe für Dich, dass sie sich grossformatig ausdrucken lässt.

Die Umsetzung in Schwarz-Weiss ist angesichts der Graustufen einer Nebel- und Regenlandschaft richtig. Dabei halte ich allerdings den Vordergrund für etwas zu stark aufgehellt und die Tonwertverteilung etwas zu rechtslastig – von blossem Auge ist im ganzen Bild im Vergleich zum Rahmen kaum ein voller Schwarzwert zu erkennen.

Den Rahmen finde ich persönlich überflüssig – aber es lohnt sich sowieso, Ausdrucke mit einem echten Passepartout zu versehen, und den würde ich bei diesem Bild deutlich umfangreicher wählen als es hier mit dem Rahmen der Fall ist.

In der Rubrik “Bildkritik” analysieren Profi-Fotografen im Auftrag von fokussiert.com montags bis freitags jeweils ein Foto aus der Leserschaft.
Mehr über die Profi-Bildkritik erfahren / Eigene Bilder zur Kritik einreichen.

2 Kommentare
  1. dierk
    dierk sagte:

    Hallo Peter,
    vielen Dank für die freundlichen Kommentare :-)

    Das Foto wurde mit der kleinen Leica D-Lux3 (10 Mpix mit dem schönen 16:9-Format) aufgenommen, hatte leider keine andere dabei. Da oben herrscht oft starker Fallwind (der Nordostpassat, der über die Vulkankette herunter kommt) und an dem Tag leider auch Regen, so dass ich nur kurz aus dem Auto bin (Hand über dem Objektiv) und einige Fotos gemacht habe. Die Qualität ist leider besonders durch die Regentropfen nicht so gut und nur fürs Internet geeignet. Dadurch ist natürlich der Kontrast besonders betroffen und die Tiefen noch weiter runter zu regeln wird dann einfach zu dunkel.

    Vor einigen Jahren habe ich fast an dieser Stelle Fotos mit meiner Gandolfi 9×12 gemacht und davon hängt ein Druck in A2 über meinem PC :-))

    Weitere Bilder aus der Serie sind in meiner pbase Galerie zu finden.

    Für Interessierte: es ist ein Lavafeld auf der Kanaren-Insel La Palma „Llano del Jable“ auf etwas 1000m Höhe. Wenn ich dort oben die tollen Wolken sehe, möchte ich am liebsten sofort rauf fahren und Fotos machen.

    viele Grüsse
    dierk

    Antworten

Trackbacks & Pingbacks

  1. […] – bettreif war, kam mir ein Kommentar in den Sinn, den ich eben erst selber abgegeben hatte: vermeintlich schlechtes Wetter ist häufig eine fotografische Chance. Bilder vom Mono Lake in untergehender Sonne mit glasklaren […]

Hinterlasse einen Kommentar

An der Diskussion beteiligen?
Hinterlasse uns deinen Kommentar!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert