Ringerbild: Fest im Griff

Der richtige Zeitpunkt ist bei vielen Fotos wichtig, bei Sportfotos jedoch ist er unerlässlich. Nur Sekundenbruchteile früher oder später kann ein Foto ganz anders aussehen und damit auch anders wirken.

[textad]Leserfoto: Klick für Vollansicht (© Jens Richter).

Kommentar des Fotografen:

Ich hatte ein ähnliches Bild vor ein paar Tagen eingesandt. Hier eine Version die mir persönlich etwas besser gefällt, da sie noch mehr Dynamik hat. Sie ist 0,16 sec nach der 1. Aufnahme entstanden. Ich hoffe sie gefällt Euch auch besser.

Profi Robert Kneschke meint zum Bild von Jens Richter:

Für gute Sportfotos sind drei Dinge wichtig: Timing, Timing und nochmals Timing. Alle drei Dinge hat der Fotograf Jens Richter bei diesem Foto eines Ringkampfs beherzigt und so ein beeindruckendes Bild festhalten können: Zwei muskulöse Männer, die scheinbar mit Leichtigkeit in der Luft zu schweben scheinen und dabei noch innig umschlungen sind.

Neben dieser schwebenden Leichtigkeit faszinieren mich mehrere Details:

Es dauert eine Weile, beim Betrachten zuordnen zu können, welche Arme und Beine welchem Ringer gehören. Damit erinnert mich das Foto an diese Zeichentrickfilme oder Comics, bei denen die kämpfenden Figuren eine rotierende Wolke erzeugen, aus der nur Gliedmaßen herausragen.

Außerdem ist völlig unklar, wer bei diesem Ringkampf dominiert: Ist es der Mann oben, der den unteren runterdrückt oder der untere, welcher den oberen durch die Luft wirbelt? Perfekt auch der angestrengte, konzentrierte Blick des unteren Kämpfers in die Kamera, als würde er denken: „Trainer, mache ich auch alles richtig?“

Um sich als Fotograf so auf den Moment fixieren zu können, um im richtigen Sekundenbruchteil abzudrücken, ist es unbedingt erforderlich, seine Technik blind zu beherrschen. Zwar ist das heute dank Autofokus und Serienbildfunktion einfacher geworden, aber die Wahl von ISO, Blende und Verschlusszeit gehört eben auch dazu. Schön und logisch finde ich auch die Entscheidung, das Foto in ein Schwarz/Weiß-Bild umzuwandeln, weil sich der Betrachter so mehr auf die Haltung der Personen konzentrieren kann statt durch zu viele Farben abgelenkt zu werden. Ich bin mir sicher, dass bei einem Farbfoto die Schuhe und Socken der Männer zu bunt gewesen wären.

Im wahrsten Sinne des Wortes abgerundet wird das Foto durch den runden Lichtkegel, der vermutlich durch einen Spotscheinwerfer entstand. Diesen Effekt hätte der Fotograf noch verstärken können, wenn er am linken und rechten Bildrand die helle Linie im Hintergrund ebenfalls etwas abgewedelt und damit verdunkelt hätte.

In der Rubrik “Bildkritik” analysieren Profi-Fotografen im Auftrag von fokussiert.com montags bis freitags jeweils ein Foto aus der Leserschaft.
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2 Kommentare
  1. Jens Richter
    Jens Richter sagte:

    Sehr geehrter Herr Kneschke,

    Vielen Dank für Ihre Kritik. Um etwas Licht ins Dunkel zu bringen möchte ich die Szene dem Laie (im Ringen selbstverständlich ;-) ) etwas näher bringen.
    Der Obermann ist der Verlierer. Er wird vom Untermann WB (Wurf über die Brust) geworfen. Wenn er diesen Wurf sauber durchzieht, d.h. bei der Landung den Gegner noch fest im Griff hat, erhält er eine 5. Maximimal werden 6 Punkte pro Runde vergeben. In diesem Fall ist aber die Runde zu Ende. In den meisten Fällen, ist nach dieser Aktion auch der Kampf beendet, da der „Werfer“ gut Chancen hat, den Gegner danach auf Schulter zu legen und das ist das Ende eines jeden Ringkampfes. Schultersieg wird auch in Mannschaftskämpfen am höchsten bewertet (4:0).

    Und ja, Sie haben völlig Recht, die Konvertierung in S/W wurde von mir gewählt, da zu viele unterschiedliche Farben (Ringermatte Gelb, Rot, Blau) vom eigentlichen Geschehen ablenken würden.

    Also nochmals mein Dank, dass Sie sich die Zeit genommen haben, sich mit diesem Bild auseinander zu setzen.

    Beste Grüße und ein schönes WE

    Jens Richter

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