Sanddünen: Weiche Linien

Die Wüste fasziniert mit Farbe, Licht und Linien. Die wenigsten davon sind allerdings symmetrisch.

[textad]Leserfoto: Klick für Vollansicht (© Mario Wagner).

Kommentar des Fotografen:

Das Bild entstand bei meiner Reise durch die Sahara (Marokko), ich habe es mit einem iPhone gemacht, da die Lichtverhältnisse sehr gut waren… Ich habe dort noch viele Bilder gemacht, aber keins hat mir danach so gut gefallen wie dieses… (geringe Nachbearbeitung, kein Ausschnitt etc.) Was meint Ihr?

Peter Sennhauser meint zum Bild von Mario Wagner:

Eine Sanddüne erstreckt sich vor dem Betrachter und steigt, leicht gerippelt, nach rechts oben ins Bild hinein an. Der rote Sand bildet einen starken Kontrast zum tiefblauen, nach oben sich in einem Verlauf verdunkelnden Himmel.

In der linken Bildhälfte heben sich am nahen Horizont zwei weitere Dünenspitzen gegen den braunroten Vordergrund ab. Erstaunlich weiches Licht von links sorgt für gut sichtbare Wellen in der Frontdüne und stark formenden Schatten an den beiden Dünen im Hintergrund.

Es spielt keine Rolle, womit man ein Bild geschossen hat – solange es ein Bild und nicht bloss eine Abbildung ist. Und dies ist ein Bild: Einfache Linien, Komplementärfarben und trotzdem sehr viel Räumlichkeit. Hier kommt das Wesen der Sandwüste zum Ausdruck, die Einsamkeit ebenso wie die Schönheit, das Licht genauso wie die Farben. Da wir auf Rot und Blau im Kontrast besonders stark reagieren haben Wüstenfotografen einen Vorteil in der Landschaftsfotografie, der allerdings von einem Nachteil wett gemacht wird: Der Himmel ist an solchen orten meistens langweilig gleichmässig blau und wolkenlos.

Dir kommt hier eine umgekehrte Vignettierung zugute, und das Rauschen im Himmel wirkt wie ein Zitat der Sandkörner im Vordergrund – das stört mich überhaupt nicht. Die Komposition in der Horizontalen ist sehr angenehm, die beiden Hintergrund-Dünen liegen im Goldenen Schnitt.

Was mich stört, und zwar nicht zu knapp, ist der mittige Horizont. Ich nehme an, Du hast ihn stehen lassen, weil Du den dunklen Teil des Himmels im Bild haben wolltest – aber den könnte man auch mit einem leichten Abdunkeln in der Nachbearbeitung herausholen.

Die Mitte im Bild bringt zu viel Gleichgewicht in diese in der Horizontalen Aufteilung so gelungene Aufnahme. Ich würde sie unbedingt sehr sorgfältig beschneiden.

In der Rubrik “Bildkritik” analysieren Profi-Fotografen im Auftrag von fokussiert.com montags bis freitags jeweils ein Foto aus der Leserschaft.
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11 Kommentare
  1. Ejal
    Ejal sagte:

    „Wer die Drittelregel zitiert, der hat sie nicht verstanden.“

    Ich finde es albern, hier den mittigen Horizont zu kritisieren, nur weil der mittige Horizont normalerweise „tabu“ ist. Regeln müssen von Zeit zu Zeit auch mal gebrochen werden.

    In diesem Sinne: Ich halte das Foto für sehr gelungen.

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    • Peter Sennhauser
      Peter Sennhauser sagte:

      Nun, albern oder nicht: „von Zeit zu Zeit“ Regeln zu brechen halte ich nicht für eine praktikable Strategie.

      Brechen sollte man sie da, wo es sinnvoll ist. Es sind eben keine menschgemachten „Regeln“, sondern mathematisch ausdrückbare Grundsätze ästhetischen Empfindens – insofern ist das von Dir angeführte Zitat zu verstehen. Ein Regelbruch funktioniert immer dann, wenn ein Gegensatz oder eine dominantere Form das Vakuum füllt und für zusätzliche Spannung sorgt. Das ist ein bisschen wie Physik: Man kann die Schwerkraft überlisten, aber aufheben kann man sie nicht.

  2. thomaspom
    thomaspom sagte:

    ja, ein schönes bild mit tiefenwirkung, durch die sich verkleinernden sandverwehungen die sich von links nach rechts oben (positive wirkung) durchs bild meandern. die wirkung wird noch verstärkt durch die dunkleren, beschatteten dünen im hg.
    unbedingt würde ich den himmel beschneiden (etwas mehr als 1/3 weg) dann ist auch das größere rauschen raus.
    als ein wenig schade empfinde ich die mir sich nicht erschließenden größenverhältnisse. man hätte evtl. eine begleitperson durch die wüste schicken können, die spuren hinterlassen hätte? :-) um dann eine weitere aufnahme machen können.
    alles in allem aber ein tolles bild, das beeindruckt! und respekt vor der leistung des i-phone.
    lg thomas

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  3. Mario
    Mario sagte:

    @swonkie
    sorry, was auch immer „banding“ ist, das iPhone hat das Bild „produziert und ich habe auch nichts nachgeschärft. Als einzige „Bearbeitung“ habe ich in Photoshop auf „Autofarbe“, auch wenn das vielleicht nicht notwendig ist.

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    • Peter Sennhauser
      Peter Sennhauser sagte:

      „Banding“ sind grafische Artefakte in Form von klar voneinander abgegrenzten Farbflächen statt gleichmässigen Übergängen. Es tritt in sehr langen Verläufen bei Bildformaten mit geringer Farbtiefe auf.

      Was den Beschnitt angeht, Mario: Ich würde hier den Himmel (nicht zu grob) beschneiden, um den Horizont nach oben zu schieben – wie es thomaspom schon gesagt hat.

      Es ist aber natürlich immer besser, vor Ort bereits die Komposition zu bestimmen, als Bilder nachträglich zu beschneiden – vor allem bei kleiner Auflösung und schwierigen Verhältnissen. In Deinem Fall sind aber die Sanddünen und die Körner im Vordergrund das Hauptmotiv, der Himmel erfüllt einzig den Zweck des Blauverlaufs und der Komplementärfarbe, und das kann er auch mit weniger Raum im Bild.

  4. Swonkie
    Swonkie sagte:

    mich stört der übertriebene schärfungsfilter (siehe helle linie zwischen sand und himmel) sowie das „banding“ im himmel.

    kommt das banding etwa direkt vom iphone? oder von einer zu starken jpg komprimierung?

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  5. Mario
    Mario sagte:

    Danke!
    @Peter, für Deine „Kritik“…
    Das ich das Bild nicht beschnitten habe, liegt wohl daran, das ich nicht wusste welchen Teil ich „wegschneiden“ soll…

    Vielleicht kannst Du ja noch ein Beispiel anfügen?

    Grüße aus Hamburg
    Mario

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