Schaufensterspiegelung: Die Ästhetik der Zufallscollagen

Schaufenster-Spiegelungen und andere Objekte, welche die reguläre Ordnung der Ebenen in einer Fotografie über den Haufen werfen, bieten reizvolle Motive. Mit ein wenig Standortwechsel lassen sich sogar viele Variationen erzielen.

Leserfoto: Klick für Vollansicht (© Ulrich Berens).

Kommentar des Fotografen:

Das Bild zeigt das Schaufenster eines Postershops in Svendborg/Dänemark. Im oberen Teil sieht man die Spiegelung von Teilen der Hausfront auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Der untere Teil zeigt Teile der Schaufenster-Auslage. Durch die Bild-„Ikone“ Marilyn Monroe in der Bildmitte erhalten die anderen Bildteile einen Bezugspunkt. – Ich hatte nur meine Kompakt-Kamera dabei und habe ein wenig mit den „Presets“ bzw. Motivprogrammen der Kamera experimentiert. Das hier verwendetete Motivprogramm soll eigentlich Texte kontrastreich fotografieren. Die damit erreichte starke grafische Wirkung und die erreichte Verfremdung bei diesem Motiv gefallen mir.

Peter Sennhauser meint zum Bild von Ulrich Berens:

Marilyn Monroe lehnt in schwarz/weiss und Netzstrümpfen sitzend an einer grauen Hauswand inmitten einer verwirrenden Mischung aus dem, was wie ein Holzschnitt der New Yorker Skyline aussieht und einer weiteren Ebene einer Hauswand mit Fenstern und Laternen.

Spiegelungen und Ebenen-Mischungen sind ein lohnenswertes fotografisches Spielfeld. Diese Art der realen Collage, wie sie Dir hier sehr schön gelungen ist, wirkt so einfach und leicht zu finden – und ist tatsächlich so schwierig zu entdecken wie zu fotografieren. Denn jeder Schritt, den Du als Fotograf vor dem Schaufenster machst, verändert das Motiv grundlegend.

Ich teile Deine Ansicht, dass die Komposition mit der zentralen Marilyn Monroe einen Schwerpunkt erhält, von dem aus der Betrachter den Rest der ineinander geschobenen Ebenen erkunden wird. Dabei sind die Verläufe dermassen unklar, dass man nicht anders kann als zu rätseln, wo welche Welt anfängt und die andere aufhört – sehr schön gemacht.

Wie weit Deine Experimentierlust mit den Motivprogrammen eine Rolle spielt und das Resultat beeinflusst, lässt sich anhand des Ergebnisses natürlich kaum sagen. Allerdings bin ich mit solchen Dingen unterwegs relativ vorsichtig oder aber verschwenderisch: Erstens richten die meisten Kamera-Einstellungen nichts aus, was man nicht auch in der Nachbearbeitung an Effekten erzielen könnte, und zweitens möchte ich nicht riskieren, eine sehr gelungene Version der Aufnahme zu verpassen, weil mich zum Beispiel der Kamera-Monitor in einer Bearbeitungsvariante über die Farben getäuscht hat – und das tut er eigentlich immer.

Diese Aufnahme aber vermag sowohl von der Technik ls auch von der Komposition her zu gefallen, auch wenn mir das Schwarz am linken Bildrand eine Spur zu gewichtig und ablenkend erscheint.

Und eine verspielte Variante aus genau diesem Blickwinkel wäre mir noch eingefallen, die ich an Deiner Stelle ausprobiert hätte – links unten scheint es sich bei der Spiegelung um einen Türrahmen zu handeln, und ich kann mir vorstellen, dass die gesamte Collage noch viel beeindruckender würde, wenn dort ein Mensch das Haus verlassen oder betreten würde.

In der Rubrik “Bildkritik” analysieren Profi-Fotografen im Auftrag von fokussiert.com montags bis freitags jeweils ein Foto aus der Leserschaft.
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3 Kommentare
  1. Urich Berens
    Urich Berens sagte:

    Hallo, vielen Dank für ausführliche Kritik.

    Die Idee, abzuwarten bis eine Person aus der Tür links unten tritt oder hineingeht, ist klasse, denn sie denkt die ganze Bildidee wirklich zu Ende.

    Ich war für meinen Teil froh, mich selbst so positionieren zu können, dass ich – fotografierend – nicht selbst mit auf dem Bild erscheine :-).

    Danke nochmal,
    Uli

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