Schnappschuss: Regeln kennen vor dem Brechen

Manche Genres der Fotografie haben bestimmte Regeln, nach denen Profis auf dem Gebiet vorgehen, um die gewünschten Ergebnisse zu erzielen. Architekturfotografie ist eines davon.

Leserfoto: Klick für Vollansicht (© Michael Lehmann).

Kommentar des Fotografen:

Architekturfoto in Essen, Ruhrgebiet, fotografiert mit Medion Kamera

Profi Sofie Dittmann meint zum Bild von Michael Lehmann:

Zunächst einmal im Sinne voller Transparenz, dieses Bild wurde ursprünglich unter „Architektur“ eingereicht, und ich bin von Haus aus kein Architekturfotograf. Das muß man aber auch nicht sein, um bestimmte Regeln und ihr Fehlen hier zu (er)kennen.

Was mir an Deinem Foto gefallen hat, war die bunte Fassade, die mich auch in ihren Bann gezogen hätte. Das Foto hat allerdings für mich keinen Architektur-, sondern einen Schnappschußcharakte:

Nicht so sehr wegen der Kamera, die verwendet wurde, sondern der Art der Aufnahme wegen, und dem vollkommenen Fehlen jeglicher Nachbearbeitung. Ich nehme mal an, das Gebäude fiel Dir im Vorbeigehen auf, was ein gutes Auge verrät, und Du hast es deshalb fotografiert. Und da es ein Haus ist, war wohl „Architektur“ die naheliegende Kategorie.

Architekturfotografie hat aber bestimmte Regeln, nach denen üblicherweise vorgegangen wird, und deren sollte man sich bewußt sein, bevor man sie (hoffentlich gekonnt) bricht.

Ich werde manchmal von Freunden gebeten, Aufnahmen von Gebäuden (innen/außen) zu machen. Das erste, was ich ihnen meistens sage, ist, daß ich nicht die richtige Ausrüstung habe und üblicherweise keine Architektur fotografiere. Zum Beispiel haben Objektive bei einer kurzen Brennweite die Tendenz, das Bild nach oben zu verengen (auf Englisch wird das „keystoning“ genannt), was oft mit einem Tilt-Shift-Objektiv behoben wird. Es wird auch ein bestimmter Aspekt des Gebäudes hervorgehoben und das ganze möglichst attraktiv in Szene gesetzt (Belichtung, Blickwinkel etc.).

Nichts von dem hast Du hier getan. Das Foto wurde wohl zur Mittagszeit aufgenommen, wodurch die Farben verblassen und Schlagschatten entstehen. Das Foto ist nicht nachbearbeitet worden, und die Fassade sieht dadurch eher unattraktiv aus. Durch alles das erhält das Foto einen Schnappschußcharakter, weshalb ich die Kategorie geändert habe (und, weil das jetzt geht).

Wenn Du Interesse an diesem Gebiet hast, kann ich Dir gerne ein paar exzellente Bücher empfehlen.

In der Rubrik “Bildkritik” analysieren Profi-Fotografen im Auftrag von fokussiert.com montags bis freitags jeweils ein Foto aus der Leserschaft.
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1 Kommentar
  1. Ejal
    Ejal sagte:

    Also mit der Kritik kann der Fotograf wohl kaum etwas anfangen. Ein Tilt-Shift-Objektiv hätte auch nicht unbedingt etwas an diesem konkreten Bild geändert. Ausser dem Kritikpunkt „Schlagschatten“ hast Du in Deinem ganzen langen Text eigentlich gar nichts zu dem Bild gesagt. Dass die Fassade „unattraktiv“ aussieht, ist evident. Man hätte hier was zu den Spiegelungen und zum Boden sagen können, zum Ausschnitt und zur Perspektive. Stattdessen Buchempfehlungen…

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