Schwarz-Weiss-Foto: Farbige Kontrastprobleme

Das Umwandeln von Farben- in Schwarz-Weiss-Bilder bietet manchmal mehr Schwierigkeiten als erwartet.

[textad]Leserfoto: Klick für Vollansicht (© Istvan Lörincz).

Kommentar des Fotografen:

Eine Krabbe auf der deutschen Nordseeinsel Norderney im Sommer. Aufnahme erfolgt im RAW Modus meiner Canon EOS 400D, in Farbe. Das Foto ist nicht zugeschnitten, das Foto wurde in Graustufen umgewandelt (auch wenn nur der Panzer hellgelb war) und die Levels wurde minimal gestaucht. Es wurden mehrere Aufnahmen gemacht, diese hier empfinde derzeit am meisten bewertbar.

Peter Sennhauser meint zum Bild von Istvan Lörincz:

Der leere Panzer einer Krabbe liegt im Sand an einem Strand. Auf den ersten Blick scheint es sich um eine ganze Krabbe zu handeln, aber bei genauerem Hinsehen wird das Loch im Rückenpanzer sichtbar, durch das der Sand zu sehen ist. Links hinter dem im flachen Winkel von oben herab fotografierten Panzer ist eine weitere Schale einer Krabbenschere zu sehen.

Einfache Bilder sind häufig die besten.

Auch diese simple Fotografie wirkt einnehmend, verfügt über eine gute Blickführung und bietet genug, das man sich ansehen und über das man nachdenken kann. Die relativ weit offene Blende und die recht grosse Nähe zur Krabbe sorgen für geringe Tiefenschärfe, der Sand gleichzeitig für ein starkes Raumgefühl.

Die kleine Redundanz durch die Schere links im Hintergrund bietet einen leisen inhaltlichen Kontrast zur Krabbe im Vordergrund, die erst auf den zweiten Blick als reiner Überrest zu erkennen ist.

Eine Umsetzung in Schwarz/Weiss finde ich hier durchaus vertretbar, weil sie die Formen und Linien betont und ein wenig hilft, die Krabbe nicht sofort als leere Schale erkennbar zu machen.

Problematisch finde ich dabei aber die Umsetzung. Denn so, wie Du das Bild eingereicht hast, weist es ein Kontrastproblem auf: Die Schatten unter dem Panzer saufen in komplettem Schwarz ab, der Rücken der Krabbe brennt an mehreren Stellen in völligem Weiss aus.

Ich bin alles andere als ein Experte auf dem Gebiet der Umwandlung von Farbe zu Schwarz-Weiss, und unsere Kameras nehmen in RAW auch dann Farbfotografien auf, wenn wir auch S/W umschalten.

Aber je nach Einstellung der Farbkanäle in der Farbe-zu-Schwarz-Weiss-Umwandlung werden einzelne Farben mehr oder weniger kontrastreich umgesetzt, und hier hast Du meiner Ansicht nach die falsche Wahl getroffen. Ich bin der Falsche, um hier ins Detail zu gehen (vielleicht kennt jemand von den Lesern ein gutes Tutorial über adäquate S/W-Umsetzungen). Aber es ist ja auch noch nichts passiert – Dein Bild kann jederzeit anders umgesetzt werden. Wenn Du in Photoshop oder Lightroom mit den Kanalsteuerungen herumspielst, wird sich das ideale Ergebnis zeigen.

Einen Zusatz kann man allerdings noch anbringen, der vielen Fotografinnen nicht geläufig ist: Das Histogramm, die Balkenstatistik der mengenmässigen Verteilung der Pixel im Bild auf die Helligkeitswerte, die für die sofortige Bildkontrolle nach der Belichtung extrem gute Dienste leistet, zeigt die Durchschnitts-Helligkeitswerte.

Wenn man nun in einer extrem blauen oder namentlich roten Umgebung fotografiert (Wüste, Sandstein), kann es vorkommen, dass das Histogramm der Grauwerte keine Überbelichtung anzeigt – dasjenige der einzelnen Farbkanäle (welches die meisten besseren Spiegelreflex-Kameras inzwischen auch ausgeben) aber einen Ausschlag nach rechts beim Rotkanal zeigt – was nichts anderes heisst, als das rote Bildteile überbelichtet sind. Es ist deshalb in farbintensiven Gegenden darauf zu achten, dass man nicht das allgemeine Histogramm anschaut, sondern die einzelnen Farbkurven kontrolliert.

In der Rubrik “Bildkritik” analysieren Profi-Fotografen im Auftrag von fokussiert.com montags bis freitags jeweils ein Foto aus der Leserschaft.
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3 Kommentare
  1. Istvan Lörincz
    Istvan Lörincz sagte:

    Vielen Dank für Ihren Feedback Herr Sennhauser! Ich muss es leider feststellen dass ich Details unter dem Panzer erloren habe, ich habe mich auf den Sand konzentriert damit dieser einen besseren Kontrast bekommt. Ich habe nur mit dem Canon Digital Photo Professional gearbeitet und dort direkt den RAW in TIF / JPG Output konvertiert. Ich werde mir den von Ihnen geposteten Link ansehen.

    @Swonkie: Ja, es war bewölkt. Die Krabbe lag in der Nähe vom Wrack, auf Norderney gibt es die Stadt und am anderen Ende der Insel einen kleinen Schiffswrack. Dorthin kommt man nur zu Fuß, spaziert man ca. 8 km. Unberührte Natur aber war leider nicht so oft dort um weitere Bilder machen zu können.

    @Reinhard: Es kam nur Canon Digital Photo Professional zum Einsatz.

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  2. Reinhard Witt
    Reinhard Witt sagte:

    Es führen viele Wege nach Rom… in diesem Fall viele zur SW Konvertierung. Ich bin mir hier nicht sicher ob einfach nur in Graustufen umgewandelt wurde, oder ob tatsächlich der Kanalmixer zum Einsatz kam – oder etwas anderes.
    Für mich seit längerer Zeit schon die erste Wahl für SW Bilder – Silver Efex plus… ;-)

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  3. Swonkie
    Swonkie sagte:

    Istvan schreibt ja schon, dass der Panzer hellgelb war. Wenn es der gleiche Farbton wie der Sand ist, lässt sich mit den Farbkanalreglern so gut wie nichts erreichen. Den meisten Spielraum hat man logischerweise bei Bildern mit verschiedenen, gesättigten Farben.

    Den grössten Einfluss hat hier wiedermal das Licht. Es sieht nach einem bewölkten Tag aus, was schonmal gut ist. Wenn man noch weniger Kontrast will muss man vermutlich auf einen weniger hellen Himmel warten.

    Mir gefällt das Bild allerdings so. Erstens gehört dieser kontrastreiche Look für mich zu „Strandstimmung“ – alles andere würde mir unnatürlich vorkommen. Zweitens bringt es die Form der Scheren und Beine gut zur Geltung. Diese würden ja auch an Kontrast verlieren wenn man kein ausgebranntes Weiss im Bild hat.

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