Seifenblase: Plastisch vereinfacht

Fotografie macht die einfachsten Dinge zu Wunderwerken – oder umgekehrt: Die Seifenblase als Fülle von Geheimnissen.

Leserfoto: Klick für Vollansicht (© Raphaela Maier).

Kommentar des Fotografen:

Nicht nur Kinder, sondern auch ich bewundere die Seifenblasen. In allen Regenbogenfarben glitzern sie, ein tolles Objekt, um Fotos zu machen. Schade, dass sie nach kurzer Zeit wieder zerplatzen. Dieses Foto entstand auf meinem Balkon. In der Seifenblase kann man unser Haus erkennen.

Peter Sennhauser meint zum Bild von Raphaela Maier:

Eine farbenfrohe Seifenblase vor schwarzem Hintergrund: Schillernd in den erstaunlichsten Farbverläufen, scheint die runde Blase plastisch aus dem Bild herauszuragen. Glanzpunkte oben rechts und unten links markieren die Spiegelung der Sonne, im filigranen Gebilde selber spiegelt sich eine undefinierbare Struktur.

Die einfachsten Dinge sind bisweilen viel komplexer, als wir wahrhaben wollen, und Fotografie kann das Mittel sein, diesesn Umstand aufzudecken.

Dein Bild einer schillernden Seifenblase macht das ebenso deutlich wie andere Aufnahmen, welche die Zeit einfrieren oder längere Zeitspannen komprimieren.

Diese Fotografie erlaubt es uns, die flüchtige Erscheinung genauestens unter die Lupe zu nehmen.

Wie ein Planet im Universum steht die Seifenblase vor uns im schwarzen nichts, resultierend aus (vermutlich) einem sehr geringen Abstand von der Linse bei relativ offener Blende. So können wir sie ganz anders betrachten als im realen Leben, wo die Augen kaum auf die flüchtige Oberfläche fokussieren können, bevor sie auch schon wieder platzt.

In dieser Aufnahme dagegen steckt die ganze Pracht und Herrlichkeit des Gebildes, das aus fast nichts besteht und dennoch so viel zum Anschauen hergibt: Die wunderbaren Farbverläufe, die sich in perfekter Symmetrie um den Mittelpunkt herum spiegeln, die gleissenden Spitzlichter und eine Reihe weierer Sonnenreflexionen in der Blase und natürlich die Spiegelung der Umgebung, die, wie Du sagst, aus Eurem Haus besteht.

Erstaunlich finde ich daran, dass sich die Kugel, die doch durchsichtig ist und damit keinen Licht/Schatten-Kontrast bietet, dermassen plastisch aus dem Bild erhebt. Und ich habe lange versucht, in der Spiegelung eine Struktur zu erkennen, was so aufregend wie sinnlos erscheint wie ein optisches Geduldspiel ohne Auflösung.

Der Dunkle, aber nicht strukturlose oder in Schwarz absaufende Hintergrund hilft, die Kugel in voller Pracht zu betonen, auch wenn ich mir nicht ganz schlüssig bin, ob eine etwas stärker geschlossene Blende und damit mehr Struktur im Hintergrund dem Bild nicht noch weiter geholfen hätten.

Auch scheint mir die Aufnahme, in voller Auflösung betrachtet, nicht ganz gestochen scharf.

Vielleicht aber ist genau das das Geheimnis zur Frage, wieso die Spiegelungen und die Farben nicht direkt auf der Oberfläche der Kugel, sondern leicht in ihr Inneres zurückversetzt liegen zu scheinen, was unten links gut sichtbar wird – und dem Planeten aus Seife fast schon den Anschein einer dünnen Atmosphäre verleiht.

Ich würde dieses Bild einzig aufgrund seiner simplen Komposition ebenso simpel auf Quadrat schneiden und ausnahmsweise das Objekt exakt in dessen Mitte platzieren. Und dann ist es definitv ein Bild, das vergrössert und aufgehängt werden will.

In der Rubrik “Bildkritik” analysieren Profi-Fotografen im Auftrag von fokussiert.com montags bis freitags jeweils ein Foto aus der Leserschaft.
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