Skurriles Porträt: Serie oder Schnappschuss

Ein Schnappschuss ist spontan, eine Serie will geplant sein: Hier ist weder das eine nach das andere gut gelungen, weil zwei gravierende technische Fehler das Bild dominieren: Ungünstige Beleuchtung und Unschärfe.

Leserfoto: Klick für Vollansicht (© Bela Beier).

Kommentar des Fotografen:

Das relativ alte Bild ist ein klassischer Schnappschuss – das Experiment, eine Person bewusst skurril abzubilden ist hier (meiner Meinung nach) relativ gelungen. Die Idee, bewusst vor, bzw, in anderen Bildern der Serie, Nach dem „Herrichten“ zu fotografieren, sollte einen neuen Einblick geben.

Profi Robert Kneschke meint zum Bild von Bela Beier:

Für Schönheit tun Menschen einiges. Um irgendwann schön auszusehen, hecheln sie schweißtropfend durch die Parks, stemmen angespannt Gewichte, reißen sich Härchen mit Wachs aus oder legen sich Gesichtsmasken in ulkigen Farben auf.

Dass die Menschen auf dem Weg zur Schönheit nicht immer schön, sondern auch oft komisch aussehen, ist eine reizende Idee für eine Bildserie. Du hast diese Idee jedoch anscheinend noch nicht zu Ende gedacht – denn du sagst, das Bild sei nur ein Schnappschuss.

Wenn hinter einem Foto oder – wie es in diesem Fall im Kommentar des Fotografen anklingt- sogar einer Serie eine Idee steckt, sollte beim Aufnehmen des Bildes die entsprechende Sorgfalt angewandt werden.

Je nach Zählweise wurden zwei oder drei Faktoren vernachlässigt, die das Bild wirklich höchstens als „Schnappschuss“ gelten lassen können.

Zuerst ist die Beleuchtung sehr unvorteilhaft und unausgeglichen: Die Lichtstärke lässt einen entfesselten Blitz vermuten. Wer sowas zur Verfügung hat, sollte damit bewusst arbeiten. Hier böten sich an: Den Blitz von der Seite mehr in Richtung Kamera bewegen, sodaß das Licht mehr von vorne kommt. Oder die linke Seite des Models mit einem weißen Stück Papier oder einem Reflektor aufhellen. Oder das Licht an der Lichtquelle weicher machen, zum Beispiel, indem ein Durchleuchtschirm genutzt wird, das Licht indirekt ausleuchtet oder der Blitz näher ans Motiv kommt, aber dafür schwächer gestellt wird. Das sind schon fünf einfache Variationsmöglichkeiten, die das Bild schnell verbessert hätten.

Der zweite ungünstige Faktor ist die Schärfe. Sie liegt nicht da, wo sie hingehört. In diesem Fall hätte sie eindeutig auf den Augen liegen müssen, stattdessen ist die Nase scharf. Ich verstehe, dass hier der Haut eine besondere Bedeutung beikommt, deswegen wäre eine größere Blendenzahl als 3,5 vielleicht ebenfalls sinnvoll gewesen.

Der dritte Faktor ist das Modell. Dieser Punkt ist fakultativ – wer streng dokumentarisch sein will, kann das überspringen. Wer kommerziell arbeiten will, lese weiter.

Die ungebändigten Haare im Hintergrund wuseln wie bei Medusa herum und lenken die Augen von der Gesichtsmaske ab. Wasser und Haarspray hätten da geholfen. Ich selbst hätte mir auch gewünscht, dass die Maske selbst sauberer aufgetragen worden wäre, vor allem um den Mund und die Augenbrauen herum.

Der Gesichtsausdruck des Modells ist gut gelungen. Das Grinsen, welches eine Zahnspange entblößt, druckt gut die unbeschwerte Heiterkeit wieder, die auch das Wissen enthält, jetzt in dem Moment etwas skurril auszusehen, aber danach in neuem Glanz zu strahlen.

In der Rubrik “Bildkritik” analysieren Profi-Fotografen im Auftrag von fokussiert.com montags bis freitags jeweils ein Foto aus der Leserschaft.
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3 Kommentare
  1. skip
    skip sagte:

    Hallo Robert,

    da sich ja sonst keine Diskussion entspannt, können wir das hier machen ;-)

    Bei diesem Bild finde ich die Haare in der Form auch störend, besonders in den oberen Bereichen. Es fällt mir auf, dass es wenige strohige Haare sind, keine richtigen Strähnen. Mir mißfällt das aber auch im realen Leben, ist also Geschmackssache.

    Zum Thema, an das ich mich wieder erinnerte:
    Ich bin über Dein Blog überhaupt mit Stockfotos in Berührung gekommen. Erst da wurde mir als (Print-)Medienlaien überhaupt klar: Wo sollen denn sonst die Fotos in der Apothekenrundschau und „familie & Co.“ herkommen.

    Und genau so sehen die Fotos in den Datenbanken auch immer aus: Leicht zu konsumieren, keine Ecke, keine Kontraste, keine inhaltliche Tiefe, Beiwerk zum Artikel. Dabei technisch natürlich hoch professionell produziert.

    Das fällt vor allem bei Deinen Familienfotos auf, wo die Kinder immer sauber sind und die Haare ordentlich gekämmt. Und wenn Dreck, dann ist der sauber aufgetragen. Jeder Fleck perfekt. ;-) Da werden Menschen im Raum bei einer Tätigkeit abgebildet.

    Die Frage ist: Muss das so sein? Verdient man mit „unordentlicheren“ Settings und Modellen kein Geld?

    skip
    PS:
    Ich hatte selber mal überlegt, ob wir uns als Familie bei Dir bewerben sollen. Abgesehen davon, dass ich meine Visage nicht in der Öffentlichkeit sehen möchte, würde mich stören, dass nicht meine Familie und ich zu sehen sind, sondern eine Situation mit unseren Körpern dargestellt wird.

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  2. Robert Kneschke
    Robert Kneschke sagte:

    Hallo Skip: Mir war bewußt, dass so ein Einwand kommen würde, sobald ich die Haare anspreche. Deswegen ja auch in meiner Kritik der Hinweis, dass er freiwillig ist.

    Und was genau willst Du in meinem Blog diskutieren? Wie sollten da die Kernfragen lauten? Antworten auch gerne per Mail.

    Antworten
  3. skip
    skip sagte:

    Hallo Robert,

    in den beiden Hauptpunkten Deiner Kritik gebe ich Dir Recht. Uneingeschränkt. Dein Nebenpunkt mit den Haaren lässt wieder Gedanken bei mir aufblitzen, den ich immer bei Deinen Bildern in Deinem Blog empfinde: Kälte. Glattheit. Unpersönlichkeit. „Zu perfekt“.

    Hier steht Belas Arbeit zur Diskussion, nicht Deine. Deshalb würde ich mich freuen, wenn Du in Deinem Blog einmal einen kleinen Anlass geben würdest, diesen Punkt zu diskutieren.
    Eines ist allerdings klar: Du verkaufst Deine Bilder. Und wer erfolgreich verkauft, der hat auch Recht ;-)

    skip

    Antworten

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