Sonnenstrahl-Landschftsfotografie: Bukolischer Romantizismus

Nebel, Licht und Tiefe – das ergibt Landschaftsfotografien mit erhöhtem emotionalem Anspruch und Hang zum Kitsch-Alarm.

Leserfoto: Klick für Vollansicht (© Maria Gianmoena).

Kommentar des Fotografen:

Ein nebeliger Morgen in Mühlreith/Bad Aussee/Österreich – während des Sonnenaufganges lichteten sich die letzten Nebelschleier über den Feldern Mühlreiths.

Peter Sennhauser meint zum Bild von Maria Gianmoena:

Eine Baumgruppe – mehr ein Gebüsch – in einer frühmorgendlichen Weide wird im Zentrum dieser Farb-Aufnahme von seitlich durch den Morgennebel eintreffenden Sonnenstrahlen gestreift. Dahinter, im linken Teil des Bildzentrums, steht ein Baumstrunk oder ein Felsklotz, auf dem etwas zu liegen scheint. Im rechten Vordergrund ist in der Unschärfe eine Rahmung durch weitere belaubte Äste auszumachen.

Die Lichtstimmung in dieser Aufnahme ist einer dieser Glücksfälle, nach denen ich als Landschaftsfotograf jage:

Kaum vorhersehbar, werden die Sonnenstrahlen durch die Objekte im Bild und den Schattenwurf sichtbar. Gleichzeitig entsteht durch den Nebel eine Schichtung, die dem Bild neben dem Spotlight-Effekt im Zentrum Tiefe verleiht.

Du hast hier ausserdem mit einem gut platzierten Horizont und einem Framing vorne rechts weitere Tiefenstufen geschaffen.

Im Zentrum aber steht der beleuchtete Baumstrunk, auf dem etwas zu stehen – oder sitzen? – scheint.

Das Bild insgesamt erhält durch die Dunkelheit, in welche die Sonnenstrahlen vereinzelt eindringen, einen transzendenten Charakter: Hier geht es nicht so sehr um die Landschaft an sich als ihre emotionale Wirkung und die Bedeutung, die man hinein interpretieren kann – Caspar David Friedrich hätte seine Freude an der Aufnahme.

Sie erhält durch die als moderne Weide erkennbare Landschaft einen interessanten bukolischen Einschlag – das ist das Paradies des Landlebens, wo vielleicht Elfen am Morgen in den ersten Sonnenstrahlen auf Baumstrünken baden. Das nicht definierbare Objekt auf dem Strunk zieht das Interesse im Detail an und sort für zusätzliche Spannung.

Kompositorisch ist mir das Framing der Äste im Vordergrund etwas zu dicht am Subjekt, ein wenig Abstand und eine Verschiebung der „Gebüschinsel“ nach links hätte helfen können.

Ansonsten aber hat die Aufnahme alles, was ein fesselndes Landschaftsbild haben muss und ist genau so weit nicht perfekt, dass es nicht kitschig zu wirken beginnt.

BildDu hast dem Kitsch ausserdem erfolgreich mit einer recht dunklen Schlussbearbeitung entgegengewirkt. Ich habe das Bild ganz leicht aufgehellt, den Kontrast verstärkt und eine zusätzliche leichte Vignettierung angewandt – die Unterschiede sind nicht stark zu bemerken, aber die Tiefenwirkung wird durch etwas mehr Farbe in den Tonwerten verstärkt.

In der Rubrik “Bildkritik” analysieren Profi-Fotografen im Auftrag von fokussiert.com montags bis freitags jeweils ein Foto aus der Leserschaft.
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3 Kommentare
  1. Peter Bundrück
    Peter Bundrück sagte:

    Ich kann der Kritik nur zustimmen. Tolles Bild!!

    Zum Thema Kitsch:
    Im Grunde dachte/ denke ich ähnlich. Allerdings habe ich gerade jetzt wieder feststellen müssen das dieses Thema doch sehr relativ ist.
    Zu einer Ausstellung fertigte ein befreundeter Maler ein Bild mit einem meiner Motive. Ein Sonnenuntergang!
    Ich hätte es nicht genommen (zu Kitschig!) aber gerade auf dieses Bild wurde er angesprochen. Unter anderem von einem älteren Ehepaar das an seine Griechenland Urlaube in den 70ern erinnert wurde und die schöne Zeit die sie da hatten.
    Ich denke wenn ein Bild Gefühle/Emotionen weckt kann es nicht falsch sein “ Kitsch“ hin oder her …
    ciao
    Peter

    Antworten

Trackbacks & Pingbacks

  1. […] Erinnerung an ferne Ballettstunden.Die bukolische Landschaft von Maria Gianmoena habe ich bereits ausführlich behandelt, und offensichtlich war ich nicht der einzige, dem das Bild einen bleibenden Eindruck hinterlassen […]

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