Studioarbeit: Federleichtes Beauty-Porträt

Auch bei einem insgesamt gelungenen Porträt gibt es manchmal Kleinigkeiten, welche das Bild noch weiter verbessern können. In diesem Fall sind es Blickrichtung, Accessoires und Frisur.

[textad]Leserfoto: Klick für Vollansicht (© Damian Byland).

Kommentar des Fotografen:

Dieses Bild entstand bei mir im Studio. Ich hatte die Idee, ein Beautyshoting zu machen, und meine Freundin hat mir geholfen, diese Idee umzusetzen. Den Gesichtsausdruck fand ich sehr passend, weil er Sinnlichkeit und Zufriedenheit zeigt. Man sieht auch, dass sich das Modell sehr wohl fühlt in seiner Rolle. Das Styling ist von mir, und ich finde es wirklich spannend, mit kleinen Accessoirs die Schönheit einer Frau zu unterstreichen. Die geschwungenen Linien der Pailletten ergeben eine runde Linienführung.

Profi Robert Kneschke meint zum Bild von Damian Byland:

Erster Eindruck: Ein gelungenes Portrait. Zweiter Eindruck: Sorgsam gewählte Accessoires unterstreichen die Bildwirkung.

Dritter Eindruck: Es gäbe noch einige Kleinigkeiten, die verbessert werden könnten.

Das Portrait einer jungen Frau, der Schwerpunkt liegt wegen der Komposition und mangels sichtbarer Kleidung auf dem Gesicht, welches durch Federn, Ohrringe, Make-Up und Strasssteine akzentuiert wird.

Farblich passt alles gut zusammen: Die blasse Haut, die bläulichen Federn als Kopfschmuck mit dem blauen Lidschatten und blauen Hintergrund. Auch der entspannte, zufriedene Gesichtsausdruck gefällt mir sehr gut.

Trotzdem gibt es einige Dinge, welche das Bild vielleicht verbessern könnten. Zum einen stört mich die Positionierung der Frau. Links am Bildrand mit Blick nach links wirkt sie, als würde sie aus dem Bild hinaus schauen und sich scheu von der Bildmitte abwenden.

Denken wir uns den Kopf in die andere Richtung gedreht oder die Dame mit Blick nach links, aber auf der rechten Seite, würde der Blick des Betrachters nicht so schnell aus dem Foto wandern, sondern mehr im Bild verweilen.

Leicht irritierend sind auch die Ohrringe. Von uns aus gesehen rechts ist eindeutig die Feder zu erkennen, sonst nichts. Links jedoch sieht man zuerst jedoch den Glitzerohrbehang, den Ansatz der Feder erkennt man erst mühsam auf den zweiten Blick hinter der Wange versteckt. Hier wäre es besser gewesen, auf den Glitzerbehang zu verzichten und die Feder mehr nach außen zu bringen, damit der Ohrschmuck auf beiden Seiten symmetrisch aussieht.

Zwiespältig finde ich auch die Strasssteine im Gesicht. Zum einen könnten sie die abstrahierte Form eines Vogels darstellen und damit zu den Federn passen, andererseits erinnert mich das Muster zu sehr an das Logo einer bekannten Fluggesellschaft.

Auffällig sind noch die vielen losen Haare am Hinterkopf. Nach Aussage des Fotografen sollte es ein Beauty-Shooting sein – und hier hätte ich mehr Sorgfalt bei der Frisur erwartet, denn gerade die einzelnen Haare, die vom Kopf herausragen, fallen trotz ihrer Winzigkeit am ehesten unangenehm auf. Da dann nächstes Mal doch nicht am Haarspray sparen…

In der Rubrik “Bildkritik” analysieren Profi-Fotografen im Auftrag von fokussiert.com montags bis freitags jeweils ein Foto aus der Leserschaft.
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11 Kommentare
  1. CorinneZS
    CorinneZS sagte:

    Und einmal mehr rätsle ich über das Männerauge.

    Was ist hier sexy? Ich finde den Gesichtsausdruck nicht schön, das Lächeln verkniffen.

    Wurde die Frau erwischt, als sie die Diät brach und ein Nautre-Joghurt ass? Oder wollte sie kurz nach draussen, um auch einmal an die Sonne zu kommen, durfte aber nicht, weil derzeit Junkie-Blässe im Fotostudio gefragt ist? Auch in verkrampften Schultern und störrischem Haar sehe ich weder Ästhetik noch Erotik, nicht einmal Humor oder den Bruch einer Regel.

    Regelmässig findet hier doch dasselbe statt: Wenn beim Fotografieren Dinge übersehen wurden, die in der Kritik selbstverständlich angesprochen werden, ist das Übersehen plötzlich ein gewollter Regelbruch, die Regeln sowieso doof, nur das Zufällige spannend. Aber wer so reagiert, ist hier fehl am Platz.

    Von einem guten Foto erwarte ich, dass es mehr zeigt als die Realität, wie ich sie kenne – hier hat es bloss mehr blau. Vielleicht liegt es auch daran, dass der Fotograf an den Betrachter des Fotos dachte und nicht ans Foto selber, also unser Auge zwingen wollte. Aber das mag das geübte Auge nicht.

    Es wird mir zur Gewohnheit: Ich bin froh um Kneschkes Bildbetrachtung. Weil er in präzise Worte fasst, was mein Auge auch erkennt, aber leider nicht so schön ans Grosshirn weiterleiten kann.

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  2. Uwe S
    Uwe S sagte:

    Ich schließe mich den ersten beiden Eindrücken von Robert Kneschke an. Die Bildidee ist ziemlich gut umgesetzt.

    Die rechte Hälfte des Bildes brauche ich nicht. Außerdem scheint mir das Model ziemlich kleinwüchsig zu sein, zumindest lassen der leicht erhöhte Kamerastandpunkt und die in die untere Bildhälfte verschobenen Augen das vermuten.

    Eine Frage an die Profis: Gibt es Regeln hinsichtlich des Blickwinkels bei Portraits, oder ist mein Eindruck nur bei diesem Bild so?

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  3. Sven Hirthe
    Sven Hirthe sagte:

    In diesem Fall ist es allerdings meine Meinung nach tatsächlich so das die Komposition mit dem Modell auf der rechten Seite dem Bild nichts hinzufügt. Anders wäre es natürlich wenn ein passender Text oder ein „Objekt“ dort platziert wäre das zu dem „abwenden“ passt.
    So macht es auch auf mich Abseits aller festgeschriebenen Regeln den Eindruck als wäre der Rechte Bereich „über“. Weil mein Blick tatsächlich nach Links dem Blick hinterher wandert.
    Aber mal abgesehen von dem leeren Platz finde ich die Komposition (Pose,Farben,Schmuck,Frisur,Licht) sehr gelungen.Auf das Logo einer Fluggesellschaft wäre ich auch nicht gekommen.

    Viele Grüße und Danke für Bild und Kritik
    Sven

    Antworten
  4. galka
    galka sagte:

    „Links am Bildrand mit Blick nach links wirkt sie, als würde sie aus dem Bild hinaus schauen und sich scheu von der Bildmitte abwenden.“

    Richtig. Die Kritik hier laesst oft nur gelten was den Standardregeln aus dem 1×1 fuer Hobbyfotografen entspricht. Komposition: Bilddrittelung oder Goldener Schnitt. Blickfuehrung zur Bildmitte. Das ist hilfreich, um erste ordentliche Bilder zu machen und genauso hilfreich, wirklich spannende Bilder zu verhindern, die eben noch nicht schon tausendmal geschossen wurden.

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    • Peter Sennhauser
      Peter Sennhauser sagte:

      Du sagst es, galka:

      Die Kritik hier laesst oft nur gelten

      oft – aber nicht immer. Denn oft sind die Regeln eben durchaus das, was ein Bild gut macht. Sie sind nicht da, um gebrochen zu werden, sondern sie können gebrochen werden, wenn sich daraus ein Gewinn ergibt. Den sehe ich hier aber nicht. Und zu behaupten, die Regeln würden nur von Hobbyfotografen befolgt, wäre sehr verwegen und mit Tausenden weltberühmter Beispiele zu widerlegen…

    • thomas deuer
      thomas deuer sagte:

      Dem kann ich nur zustimmen. Standardshots in jeder Beautyzeitschrift, abertausende mal reproduziert. Diese Maskenhaft aufgestellten Puppen. Austauschbare Wegwerf-, Wegschaubilder. Dies ist Langweilig bis zum Erbrechen.
      Auch dem Profi würde es, gelinde gesagt gut tun, mal auf dem Händen vor die Tür zugehen und das „Alltägliche“ zu betrachten. Den Blickwinkel ändern und aufzuhören die eigene Arbeit immer wieder zu reproduzieren nur weil es Geld bringt.
      Mir gefällt das Bild weil es eben auch gegen die Regel ist. Ein Zweimalkucker. Die Nichtperfektion ist sexy und macht es menschlicher! Allerdings ist der rechte Ohrring vom Model wirklich nicht gut arrangiert.

      BTW: Gibt es dieses Bild auch noch in einer größeren Variante oder bleibt es bei 0/0.

    • Peter Sennhauser
      Peter Sennhauser sagte:

      Ich glaube nicht, dass die lange Weile daher rührt, dass sich Fotografen an Regeln der Ästhetik und des menschlichen Empfindens halten, die erwiesenermassen keine Geschmackssache sind – sondern eher, dass sie alle mit Pailleten und Federn arbeiten (sorry Damian).

      Man muss keine leibovitzschen Extravaganzen auftischen, um ein grossartiges Porträt zu schiessen. Auch wird niemand eisern an Regeln festhalten, wenn ihr Bruch sinnvoll und spannend ist.

      Umgekehrt aber entsteht nicht Kunst, sobald man aufs Gratewohl Regeln bricht. Ich weiss nicht mal mehr, wer’s gesagt hat, aber es stimmt immer noch: Man muss die Regeln beherrschen, bevor man sie erfolgreich brechen kann. Und zwischen „kennen“ und „beherrschen“ gibt es einen nicht zu unterschätzenden Unterschied.

  5. damian byland
    damian byland sagte:

    zuerst danke ich für die kritik, jedoch muss ich dazugeben, dass ich bewusst diesen bildausschnitt gewählt habe, da er für mich durchaus auch spannend sein kann. aus meiner sicht rückt sich das model mit ihrer haltung und der linienführung der schulter in die bildmitte. mir ist bewusst dass dieser bildausschnitt nicht gewöhnlich ist, jedoch finde ich durch die oben genannten gründen gleicht sich das ganze einbisschen aus.
    und das mit der fluggesellschaft war mir nicht bewusst, darauf wollte ich nicht anspielen;)

    trotzdem danke ich vielmals für die schnelle kritik.

    gruss damian

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  6. Stefan Koch
    Stefan Koch sagte:

    Ist es normal, dass eure Vollbildansicht nicht funktioniert? Bei mir steht da leider nur „(Bild 0 von 0)“.

    Auf mich wirkt das Bild auf den ersten Blick übrigens wie ein Wallpaper. Ist vielleicht für Beauty-Shootings normal, weil man da öfter Werbetexte anbringen muss? Dazu kenne ich mich zu wenig mit professioneller Fotografie aus.

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  1. […] zwei Tricks eingesetzt, die ich vor allem auch im Zusammenhang mit der kürzlich hier geführten Diskussion über fotografische Regeln und die Veranlassung, sie zu brechen, bemerkenswert […]

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