Gibt es heutzutage noch einen Weg, eklatanter Urheberrechtsverletzung entgegenzuwirken?
Der folgende Beitrag soll sich nicht so sehr der juristischen Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen oder deren Ausuferungen (sprich: „Abmahnindustrie“) widmen, sondern anderen praktischen Möglichkeiten, wenn die juristischen Mittel entweder nicht einsetzbar sind oder fehlgeschlagen haben.

(c) Sofie Dittmann 2012
Vor kurzem stieß ich auf einen Artikel in DIY Photography, der sich so unglaublich anhörte, daß er fabriziert zu sein schien: ein Künstler verkauft Drucke der Instagramfotos ANDERER Leute für fast $100.000. Wenn man allerdings denkt, es sei ein Witz, ist man leider auf dem Holzweg. Richard Prince hat tatsächlich Drucke (etwa in A3) von Instagramfotos angefertigt, eine Galerie in New York hat sie in eine Ausstellung gehängt, und eines davon ist für fast $100.000 weggegangen. Herrn Princes „Beitrag“ zu diesen Fotos war, einen Kommentar unter das Bild zu setzen (der eine Fall, der in dem Artikel besprochen wurde, zeigte einen Kommentar, der mit dem Inhalt des Fotos garnichts zu tun hatte). Abgesehen von der eklatanten Urheberrechtsverletzung fragt man sich unwillkürlich: wer zum Teufel kauft so etwas? Zu dem Preis?
Urheberrecht ist in den USA ähnlich geregelt wie in Deutschland: derjenige, der ein Foto aufnimmt, hat das Urheberrecht. Punkt. Um jenes nicht zu verletzen, muß man aus dem Foto so etwas vollständig Neues machen, daß es das ursprüngliche Werk gewissermaßen verblassen läßt. Meines Erachtens hat Richard Prince das nicht getan, und es ist auch nicht das erste Mal, daß er sich bei anderen bedient hat. Er und seine Galerie hoffen wahrscheinlich darauf, daß es den Leuten zu dumm sein wird, ihn zu verklagen. Und wenn es auch ein besonders übler Fall sein mag, der auf Twitter und anderswo einen Shitstorm ausgelöst hat (Herr Prince nimmt ihn als freie Publicity), wirft er doch die Frage auf: gibt es heutzutage noch einen Weg, dem entgegenzuwirken?
Die Antwort ist mal wieder Ja und Nein. Vor Jahren habe ich einmal ein Essensblog betrieben, und die große Diskussion auf allen möglichen Foodbloggerforen drehte sich immer um den Klau von Material. Man verwendet viel Zeit auf die Entwicklung von Rezepten und Blogbeiträgen, und Scraper-Seiten kopieren den gesamten Beitrag plus Fotos und veröffentlichen ihn bei sich, ohne den Autor auch nur zu erwähnen, oder zu seiner Seite zurückzuverlinken. Auch hier: der Fall ist eigentlich klar, doch wissen die Täter genau, wie schwierig es ist, etwas gegen sie zu unternehmen.
1. Offline bleiben
Man kann selbstverständlich internetsmäßig zum Höhlenmenschen werden und sich von allem abkoppeln. Keine sozialen Medien, keine Webseite, kein persönliches Blog. Motto: wenn man nichts ins Netz stellt, kann es auch nicht gestohlen werden. Was andere dennoch nicht daran hindern muß, und gesehen werden sie eben leider auch nicht. Das mag einen nicht interessieren, wenn man einen bestimmten Bekanntheitsgrad hat, doch für die meisten von uns ist das nicht praktikabel. Das Internet bietet eine Plattform, die bei all ihrer Unvollkommenheit auch die Möglichkeit gibt, anderen die eigenen Machwerke zu zeigen. Wofür ist Bildende Kunst gut, wenn sie keiner sieht?
2. „Nachbarschaftshilfe“
Ein Food Blogger namens Chef Dennis startete 2012 eine „Neighborhood Blog Watch“ Gruppe, basierend auf dem Konzept der amerikanischen „Nachbarschaftswachsamkeit“. Wenn jeder in der Nachbarschaft seine Augen offen hält und weiß, was um ihn herum passiert, wird weniger eingebrochen; oder im Fall der Blogs, Inhalt raubkopiert. Das hat allerdings nicht besonders gut funktioniert, denn die Leute waren zu sehr mit sich selbst beschäftigt.
3. EXIF
Dann gibt es die Möglichkeit, seine Bilder per EXIF-Daten so auszuzeichnen, daß sie in entsprechenden Google-Suchen auftauchen UND eindeutig auf das eigene Urheberrecht hinweisen. Diese sind jedoch relativ einfach zu ändern, denn in Windows braucht man lediglich per rechtem Mausklick die Eigenschaften des Bildes aufzurufen, dann kann man die EXIF-Daten in den Details bequem ändern. Mit anderen Programmen kann man das sogar im großen Stil tun. Sich allein auf EXIF zu verlassen, bringt also nichts. Allerdings kann man davon ausgehen, daß viele Leute fremde Inhalte so offen raubkopieren, daß sie sich nicht einmal die Mühe machen, EXIF zu löschen oder zu verändern – für viele Seiten ist es ein Zahlenspiel, das Scraping übernehmen Computer.
[Teil 2]