Test Olympus E-420: Gelungener Mischling

Die Olympus E-420, auf der CeBIT angekündigt, kommt Mitte April als Nachfolgerin der E-410 nach Deutschland. fokussiert.com konnte bereits ein Vorseriengerät testen.

Olympus E-420 in Tasche W.D.Roth
Der Erlkönig ist noch unter der Haube: Ausgepackt wird erst nach dem Klick! (W.D.Roth)

Als Olympus mit der E-330 „Live View“ einführte, das Vorschaubild auf dem Monitor, die Funktion, die jede Billig-Digiknipse hatte, doch keine Profi-Spiegelreflexkamera, konnte man mit dieser dank eines zweiten Sensors im Sucher endlich auch in Profiqualität so spontan fotografieren wie mit einer Kompaktkamera. Vorteilhaft war dies insbesondere bei Weitwinkel- und Makroaufnahmen.

Olympus E-420 Pancake 25mm
Die Olympus E-420 ausgepackt (Bild Olympus).

Olympus E-420 ausgepacktOlympus E-420 im Grössenvergleich
Die Olympus E-420 in der schmucken Retro-Ledertasche und im Grössenvergleich mit Alt und Neu. (Bilder W.D. Roth)

Mängel waren lediglich eine gewisse Lichtschwäche dieses Zweitsensors, die in dunkler Umgebung zu einem rauschenden Schwarzweißbild auf dem Monitor führte, und das fehlende „WYSIWYG“: Das Monitorbild war unabhängig von der Belichtungseinstellung und Farbtemperatureinstellung und warnte so nicht vor Unter- oder Überbelichtung oder falschem Weißabgleich.

Olympus E-420 MonitorbildOlympus E-420 Monitor-Vorschau
Olympus E-420 Liveview mit Histogramm und GesichtserkennungDie Olympus E-420 Autofokus-Modi
Bei der Olympus E-420 kann man erstmals bei der Bildwiedergabe 100 Bilder auf einmal auf dem Monitor anzeigen lassen – angesichts der Pixeldichte sinnlos (oben links);
im Live-View-Modus zeigt die E-420 die Auswirkung mehrerer Belichtungs- oder Weißabgleichs-Einstellungen nebeneinander am Monitor (o.r.);
Live-Histogramm und (neu) Gesichtserkennung im Live-View-Betrieb der E-420 – Die Sonne mit Gesicht hat die Kamera sofort erkannt und würde nun auf diese scharf stellen (u.l.);
unten rechts die drei Autofokus-Modi der Olympus E-420 für Live View. Man erkennt dahinter das erstmals bei der Olympus E-3 aufgetauchte erste Einstellmenü (Bilder: W.D.Roth)

Doch seitdem wurde die Live View systematisch verkrüppelt und ihren Nutzern klargemacht, daß sie nur für Spezialsituationen gedacht ist, während ein Profifotograf normalerweise hinter dem Sucher zu kleben habe wie der Affe auf dem Schleifstein: Der Porro-Sucher, der den Einbau des Zweitsensors bei der E-330 möglich machte, wurde von den Käufern nicht angenommen, weil die den vom klassischen Spiegelreflex-Prismensucher herrührenden männlichen Buckel auf der Kamera vermißten.

Ohne Porrosucher konnte der DSLR-Käufer nun zwar jedem beweisen, daß er wirklich eine digitale Spiegelreflex gekauft hatte und nicht so eine billige Jedermannknipse – aber mit dem Zweitsensor war es vorbei. Der richtige Bildsensor als alleinige Quelle des Vorschaubilds bringt zwar das bessere Bild, hat jedoch taktische Nachteile: Der Klappspiegel, der am Sucher eigentlich der große Vorteil der Spiegelreflexkamera ist, ist nun plötzlich dem Autofokus im Weg! Für Aufnahme und Monitorbild hat er hochgeklappt zu sein, für die Scharfstellung dagegen heruntergeklappt.

Die Folge: Das Montorbild ist unscharf, erst beim Auslösen verfällt die Kamera in extreme Hektik, klappt den Spiegel herunter, stellt scharf, klappt den Spiegel wieder hoch – und hat bis dahin wertvolle Sekundenbruchteile verplempert. Außer für Stativaufnahmen ist die Live View so nicht mehr zu gebrauchen. Und es wird wieder erzählt, daß „richtige Fotografen“ gefälligst durch den Sucher zu schauen haben und die Monitornutzung ein Zeichen von Amateuren sei. Dabei gab es einst die „zweiäugige Spiegelreflex“ mit Mattscheibe oben auf der Kamera wie beispielsweise die Rolleiflex – da wäre niemand auf die Idee gekommen, das Gucken durch einen Sucher als komfortabler und mit bewußterer Bildkomposition verbunden darzustellen.

Wettbewerber wie Nikon und Canon haben trotz vorheriger Ablehnung inzwischen auch Live View eingeführt, um Olympus das Feld nicht alleine zu überlassen, und dabei den bei Spiegelreflexkameras üblichen schnellen Phasen-Autofokus mit einem Kontrast-Autofokus ergänzt, der zwar etwas langsamer arbeitet, doch die Autofokus-Messzellen im Sucher-Strahlengang nicht benötigt. Damit entfällt das zeitraubende Spiegelgeklapper und man hat auch ohne manuelle Vorauslösung ein scharfes Monitorbild.

Mit der E-420 zieht Olympus nun endlich nach. Tatsächlich ist der Kontrast-Autofokus sogar mit 11 AF-Sensoren ausgerüstet, so wie bei der E-3, nicht nur mit dreien wie bei den bisherigen Olympus-DSLRs. Allerdings funktioniert er bis auf Weiteres nur mit den drei Kit-Objektiven ZUIKO DIGITAL ED 14-42 mm 1:3,5-5,6, ZUIKO DIGITAL ED 40-150 mm 1:3,5-4,5 und dem Pancake-Objektiv ZUIKO DIGITAL 25 mm 1:2,8. Nur wer diese Objektive gleich im Paket mit der Kamera ersteht, kann die neue Betriebsart nutzen.

Für einzeln erstandene Exemplare dieser drei Objektive kann man mittlerweile einen Fimware-Update über die Olympus-Studio- oder Master-Software ziehen, mit dem sie auch Kontrast-Autofokus-fähig werden. Ohne das Update klappt die Scharfstellung dagegen nicht, weil das Objektiv die richtigen Punkte überfährt. Die Kamera schaltet deshalb bei allen nicht mit Kontrast-AF-Firmware ausgerüsteten Objektiven in den sogenannten Hybrid-Autofokus-Modus.

In diesem wird per Kontrast-Autofokus zumindest eine näherungsweise Scharfstellung angefahren. Diese ist mitunter etwas langsam – eben wie bei Kompaktkameras – doch dann hat man ein ausreichend scharfes Monitorbild. Die letzten Millimeter Scharfstellung werden dann wie gehabt beim Auslösen nachgeholt, es wird also zwar weiter mit dem Spiegel geklappert, doch merkt der Fotograf hiervon fast nichts mehr – es geht sehr schnell, weil nur noch eine Minimalkorrektur des Fokus nötig ist.

Das uns zur Verfügung stehende Testgerät hatte leider noch kein Kontrast-Autofokus-fähiges Objektiv. Doch war der Eindruck der Kamera auch im Hybrid-Autofokus sehr angenehm – im Gegensatz zu E-510, E-410 und E-3 macht die Live View bei der E-420 wieder Spaß, auch wenn Olympus sie nun unverständlicherweise in der deutschen Anleitung wie schon bei der E-3 „Motivansicht“ nennt!

Olympus E-420: Bildausschnitt-VorwahlOlympus E-420 Langzeitbelichtung
Die Olympus E-420 kann auf Wunsch erstmals Aufnahmen bereits in der Kamera im Breit- oder Hochformat beschneiden (l.), sie hat nun den verbesserten Bildsensor der Olympus E-3 eingebaut und kann deshalb Langzeitbelichtungen bis 30 statt zuvor 8 Minuten durchführen (Bild: W.D.Roth).

Natürlich ist auch der bisherige „Klapperbetrieb“ möglich und der Betrieb mit Spiegelreflex-Sucher ohnehin, den bei Sonnenschein und bei Tele-und Sportaufnahmen auch der größte Monitor-Fan vorziehen wird. Die lästigen Belehrungen über eine eventuell nicht geschlossene Sucherokularklappe wie bei der E-3 sind verschwunden, allerdings auch die Klappe selbst – die gibt es nur an E-330 und E-3, bei E-410, E-510 und E-420 ist manuell die Suchermuschel abzunehmen und die Abdeckklappe EP-4 aufzustecken, wenn man im Live-View-Betrieb Belichtungsmessfehler durch vom Sucher aus einfallendes Licht vermeiden will.

Geblieben ist von der E-3 ein neuer Ultraschall-Reinigungsvorgang nicht nur beim Einschalten der Kamera, sondern auch beim Umschalten zwischen Live-View- und Sucherbetrieb, dessen Sinn unklar ist und der natürlich das Umschalten etwas verzögert – doch nicht mehr so intensiv wie bei der E-3. Und auch die E-420 hat kein Infrarot-Autofokus-Hilfslicht, sondern blitzt Motive gnadenlos in Grund und Boden, wenn man vergißt, die Funktion „AF Hilfslicht“ abzustellen.

Olympus E-420 Firmware W.D.Roth
Unser Testgerät war noch aus einer Vorserie, als es nur eine Handvoll Exemplare außerhalb Japans gab. Erkennbar ist dies an der Versionsnummer unter 1 (Bild: W.D.Roth)

Mit den kastrierten Menüfunktionen der E-410 ist aber Schluß, bei der aus Marketinggründen viele durchaus wichtige Menüpunkte der 100 Euro teureren E-510 mutwillig gestrichen worden waren, obwohl gar kein technischer Grund hierfür bestand.

Im Gegenteil, die Menüs der E-420 kommen nun von dem Flaggschiff E-3 und bieten damit sogar einige neue Funktionen wie eine verbesserte ISO-Automatik-Wahl, bei der auch höhere Empfindlichkeiten automatisch angefahren werden können, wenn der Fotograf dieses möchte.

Vom Body her ist die E-420 nur eine leicht verbesserte E-410, die etwas gerundeter erscheint und einen größeren Monitor hat. Allerdings paßt sie damit leider nicht mehr in das Unterwassergehäuse PT-E03 der E-400 und E-410 . Es wird auch kein Unterwassergehäuse für die E-420 geben; diese Entscheidung steht seitens Olympus so eisern fest, dass man kurzerhand die Unterwasser-Motivprogramme aus den Menüs entfernt hat. Doch für jeden, der mit seiner DSLR nicht tauchen will, ist die E-420 ein deutlicher Fortschritt zur E-410. Für mich ist es jedenfalls das erste Modell seit der E-330, mit dem ich mich wieder anfreunden könnte.

Achja, und was ist das eigentlich für ein komischer Revolverholster, der am Anfang des Artikels zu sehen ist? Nun, das ist die Retro-Tasche, die es glücklicherweise nicht nur in braunem Leder gibt, sondern auch in Schwarz – bei dem die Ausbuchtung für das Objektiv den Macho nicht dazu verführen sollte, die Kamera statt vor den Bauch noch etwas tiefer umzuhängen – und in weiß. Der Sinn des letzteren ist unklar, da die Tasche bei Benutzung kaum weiß bleiben wird, aber vielleicht ist die weiße Ledertasche für weibliche Kundschaft gedacht.

Retro-Tasche Olympus E-420 auf W.D.Roth
Der Hosenlatz wird zunächst hinten geöffnet, dann wird der Objektivschutz abgenommen: Blick in die neue E-420-Retro-Kameratasche (Bild: W.D.Roth)

Die Retro-Tasche ist jedoch für den sehr praktisch, der mit einem der drei Kit-Objektive auf der Kamera spazieren gehen will: Er kann die E-420 so wie eine Kompaktkamera behandeln und geschützt umhängen. Er muß keine ganze Fototasche oder gar einen Fotorucksack mit sich schleppen und kann flink die Tasche öffnen, wenn er ein dringendes Foto-Bedürfnis verspürt.

Die Olympus E-420 soll Mitte April in den Handel kommen, zusammen mit einem weiteren Olympus-Fotobuch des Autors. Das Pancake-Objektiv ZUIKO DIGITAL 25 mm 1:2,8 klingt dabei besonders interessant, kostet jedoch im Kit 200 Euro Aufpreis – ebenso wie die beiden Zoom-Objektive ZUIKO DIGITAL ED 14-42 mm 1:3,5-5,6, ZUIKO DIGITAL ED 40-150 mm 1:3,5-4,5 im Doppelzoomkit gemeinsam! Ist die Festbrennweite wirklich so teuer? Nein, einzeln kostet sie nur 229 Euro. Es ist also sinnvoller, das Doppelzoomkit zu nehmen und das Pancake einzeln zu erwerben.

6 Kommentare
  1. Wolf-Dieter Roth
    Wolf-Dieter Roth sagte:

    Nun, ich werde mir mal demnächst eine Nikon ausleihen. Ansonsten bin ich halt eher bei Olympus auf dem Laufenden und kann die untereinander gut vergleichen. Da ich DSLRs ohne Live View nicht so mag, waren Nikon und Canon bislang kein Thema, das hat sich erst jetzt geändert. Panasonics erste Live View DSLR war auch eine Katstrophe, was die Live View betraf.

    Wer eine möglichst kleine, leichte und günstige DSLR möchte, ist mit der E-420 sicher gut bedient. Wer Bildstabi und Profi-Features will, wird höher einsteigen. Wer keine Live View braucht, kann sicher auch ältere Canons wie die 300D nehmen, die sind aber alle etwas größer.

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  1. […] ganz so einfach war das offensichtlich nicht, auch wenn die Olympus E-410 und die Olympus E-420 die kleinsten Digital-Spiegelreflexkameras am Markt sein dürften. Aber doch immer noch zu dick, um […]

  2. […] Stufen auf der Evolutionsleiter höher gestiegen (ganz ausführlich und mit Bildern bei fokussiert.com). Der Live-View informiert vor dem Auslösen über Belichtung, Weißabgleich, Gradation […]

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