Thomas Florschuetz: Roter Faden Architektur

Thomas Florschuetz mit seinen lebensgroßen Fotogramme bekannt geworden, die Körperbilder. Der rote Faden seiner aktuellen Arbeiten ist das Thema Architektur.

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Thomas Florschuetz, Enclosure (Brasilia) 05, 2008/2010, © VG Bild-Kunst, Bonn 2010

Wie ein Musikstück ist die Ausstellung in der Kunsthalle Tübingen zusammengestellt: rhythmisch mit Unterbrechungen und Kontrapunkten, vielschichtig und überraschend.

Schärfe, Unschärfe, Spiegelung und Fragmentierung gehören zu den Kompositionsprinzipien, die das Werk von Thomas Florschuetz auszeichnen.

Thomas Florschuetz sagt selbst über seine Auffassung der Fotografie:

„Das Faszinierende an der Fotografie ist ihre Mehrschichtigkeit, das, was sie über den dokumentarischen Aspekt hinausträgt. Denn das Dokumentarische ist zwar eine wesentliche Eigenschaft der Fotografie, aber eben auch eine, die befragt werden muss, um zu einem, möglicherweise, komplexeren Bild zu gelangen: Schärfe, Unschärfe, Bewegung, Fragmentierung und Mehrteiligkeit bis hin zu bestimmten Anordnungen der Bilder im jeweiligen Ausstellungsraum können Mittel sein, das zu realisieren.“

Thomas Florschuetz, Enclosure (Neues Museum) 11, 2008/2010, © VG Bild-Kunst, Bonn 2010

Die große Überblicksausstellung in der Kunsthalle Tübingen fokussiert auf Florschuetz‘ Phase zwischen 1997 und 2010, für die vor allem das Thema Architektur charakteristisch ist, wie die Kunsthalle mitteilt. So sind Florschuetz‘ Bilder zu Le Corbusiers Wallfahrtskirche in Ronchamp, zu Oscar Niemeyers Bauten in Brasília, zur Residenz des deutschen Botschafters in London und zu seinem eigenen Berliner Atelierfenster zu sehen. Immer wieder Unvollendetes oder Zerstörtes: David Chipperfields Umbaustelle des Neuen Museums ebenfalls in Berlin, der Abriss des Palastes der Republik, eine amerikanische Ruine im kalifornischen Wonder Valley und die römischen Siedlungsreste im israelischen Bet Sche’an. Viele der Bilder bilden fast eins zu eins in Originalgröße ab.

Thomas Florschuetz, Ohne Titel (Valkyrie) 10, 2007/2009, © VG Bild-Kunst, Bonn 2010

Zwischendrin unterbricht Florschuetz den roten Faden der Architektur oder ergänzt ihn mit Kontrapunkten, „Fußnoten“ nennt er das: Die Nahaufname einer Rote-Bete-Knolle zum Beispiel, die so wie das Bild eines unheimlichen Planeten wirkt. Eine ganze Reihe zeigt ausgediente Kampfjets und Hubschrauber in einer Wüste in Arizona, martialisch und malerisch zugleich. Die dokumentarische Eindeutigkeit, löst sich auf. Florschuetz‘ visuelle Kompositionen sind komponiert wie ein Musikstück.

Nochmal O-Ton Florschuetz (aus dem Ausstellungskatalog:

„Und obwohl ich bis heute eigentlich ausschließlich in größeren Gruppen oder Serien arbeite, spüre ich doch, dass alles zum Bild werden kann, ohne Einschränkung. Wichtig ist dabei, dass mich das entstandene Bild überzeugt und dass ich einen Kontext für dieses Bild finden kann: eine passende freie Stelle. Es könnte also durchaus sein, dass solch ein Bild erstmal einige Zeit ein Schubladendasein fristet, vielleicht lange auch von mir gar nicht erkannt und wahrgenommen wird. Andererseits ist es mir auch wichtig, in große, thematisch zusammenhängende Gruppen kleine Abweichungen oder Störungen einzubauen: kleinere Bilder, die auf den ersten Blick nichts mit dem übergeordneten Thema zu tun haben, die aber, metaphorisch gesprochen, die Funktion von Fußnoten haben.“

Thomas Florschuetz, Ricochet 02/02, 1997/2007, © VG Bild-Kunst, Bonn 2010

Thomas Florschuetz gehört zu der Gruppe international angesehener deutscher Fotografen. Anders als Andreas Gursky, Candida Höfer oder Thomas Ruff entstammt er nicht der Düsseldorfer Becher-Schule. Die Karriere des 1957 in Zwickau geborenen Künstlers begann im Karl-Marx-Stadt der ehemaligen DDR, heute Chemnitz. Dort wuchs er auf und eignete sich sein künstlerisches Können als Autodidakt fernab von allen Akademien an. Nachdem er sich 1981 der Ostberliner Künstlerszene angeschlossen hatte, experimentierte er mit zergliedernden Selbstakten. Damit gewann er – ebenfalls noch zu Zeiten der DDR – überraschend 1987 den Preis für junge europäische Fotografie in Frankfurt am Main. Danach zog es ihn nach Westberlin.

Thomas Florschuetz hat keine eigene Website. Wir finden einige Bilder bei der Galerie Volker Diehl in Berlin. Weitere Infos über Thomas Florschuetz bei Wikipedia. Der Katalog zur Ausstellung: [amazon 3865608558]Thomas Florschuetz. Imperfekt[/amazon], soll Anfang August erscheinen im Verlag der Buchhandlung Walther König Köln. Den Flugzeugfriedhof gibt es in einem eigenen Buch: [amazon 3775724664]Jets[/amazon], erschienen bei Hatje Cantz.

Thomas Florschuetz – Imperfekt
Bis 26. September
Kunsthalle Tübingen, Philosophenweg 76, D-72076 Tübingen
+49 (0)7071 96 91 0, kunsthalle@tuebingen.de
Geöffnet Dienstag bis Sonntag 11 – 18 Uhr

Thomas Florschuetz bei Wiki
Kunsthalle Tübingen

1 Kommentar

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  1. Architektonische Vielfalt und optimale Raumausleuchtung…

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