Thomas Weinberger: Taghell und nächtlich dunkel

Thomas Weinberger verschmilzt auf seinen Bildern Tag und Nacht: Es entstehen unwirkliche Szenen – gleichzeitig ist es taghell und nächtlich dunkel.

[textad]Thomas Weinberger: Flughafen München

Weinberger fotografiert denselben Ort zweimal – bei Tag und bei Nacht. Das Übereinanderblenden beider Aufnahmen ergibt diese malerische Verschmelzung, die ihrem Wesen nach immer noch Fotografien sind.

Beim Betrachter ergibt sich jedoch eine Desorientierung: Ist es Tag oder Nacht? Ähnlich wie bei René Magritte bekommen die Bilder eine surreale Wirkung. Thomas Weinberger sagt dazu:

Wo Fotografie ihrem Wesen nach nach „Wahrheit“ und „Realität“ zu streben scheint, wollte ich eine Verdichtung von Zeit und Licht. Also Dichtung statt Wahrheit. So führe ich den Anspruch der Abbildung von „Realität“ ad absurdum, der zumindest teilweise und in Abgrenzung zur Malerei, von der Fotografie gefordert, oder besser gesagt ihr unterstellt wird.

Thomas Weinberger: Schering, Berlin Einer der Kernaspekte der Fotografie – das Festhalten eines Augenblicks – entfällt in Weinbergers Arbeiten jedoch komplett. Über seine Arbeit sagte er in einem Interview:

Der Ursprung meiner Synthesen-Serie war zwar durch die Reflexion über das Medium Fotografie an sich geprägt, aber ich hätte sicher nicht daran weitergearbeitet, wenn das Ergebnis meines Spiels mit Licht und Zeit mich nicht emotional bewegt hätte. Ich finde die Lichtstimmung in meinen Arbeiten ähnelt einem schwülen Sommertag, an dem ein Gewitter aufzieht: Die Gewitterwolken verdunkeln den Himmel, und trotz des Tageslichts schalten die Sensoren die Straßenlaternen an. Ich erlebe in solchen Momenten ein befreiendes Gefühl der Desorientierung und gleichzeitig der Vorfreude auf ein Schauspiel zerstörerischer Naturkräfte, die den aufgeheizten Sommertag kühlen und klären. Für mich ein surreales Bild von großer Schönheit.

Thomas Weinberger: DubaiUnd über sein Lebensgefühl, das sich darin ausdrückt:

In gewisser Weise entspricht diese Stimmung auch meinem generellen Lebensgefühl der letzten Jahre. Die auf den Finanzmärkten – gerade wieder in diesen Tagen – heraufziehenden Gewitterwolken drohen den Konsens unserer Gesellschaft zu beschädigen. Es ist Zahltag, aber die Staaaten haben das Geld für die Party der letzten Jahre ausgegeben. Die westlichen Industrienationen stecken in einer systemischen Krise, aber Politiker mit nationalem Mandat haben keine Lösungen für globale Probleme. Ich möchte allerdings nicht als Weltuntergangsprophet missverstanden werden, sondern hoffe, dass dieses bevorstehende Gewitter eine abkühlende und klärende Wirkung haben wird für eine Gesellschaft, die ich in vieler Hinsicht als „aufgeheizt“ empfinde.

Thomas Weinberger, Jahrgang 1964, ist von seiner Ausbildung her Architekt, lebt und arbeitet in München. Die Bilder sind unter dem Titel „Licht und Zeit“ aktuell in Berlin ausgestellt. Wir finden sie und andere Arbeiten auch auf Thomas Weinbergers Website.

Thomas Weinberger: Von Licht und Zeit
Bis 31. Dezember
Galerie Martin Mertens, Brunnenstraße 185, D-10119 Berlin
+49 (0) 30-44043350, info@martinmertens.com
Geöffnet Dienstag bis Samstag 13 – 18 Uhr und nach Vereinbarung (von 21. bis 26. Dezember geschlossen)

Thomas Weinberger
Galerie Martin Mertens

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