Trauernde Blumen: Klassische Fehler

Wer Blumen fotografiert, sollte zwei Fehler nicht machen. Einfach von oben herab fotografieren und dem Hintergrund zu wenig Aufmerksamkeit schenken. Beides ist hier leider passiert.

Leserfoto: Klick für Vollansicht (© Roland Horni).

Kommentar des Fotografen:

Dieses Stilllife fotografierte ich in der Nähe meines Wohnorts auf einem „Selber-pflücken-Blumenfeld“. Es sollte das Vergängliche versinnbildlichen und auch auf die Jahreszeit hinweisen, den Herbst. Mir scheint, die obere Blume betrauert mit hängendem Kopf die am Boden liegende…. Und was seht ihr dabei? Bräuchte es mehr „Umfeld“. Ich bin gespannt auf die Kritik, danke.

Profi Robert Kneschke meint zum Bild von Roland Horni:

Manchmal ist es schwer, das Bild in dem eigenen Kopf mit dem Bild in der Kamera zu vereinen. Zuviele Gedanken und Gefühle stecken im Kopf, die vom Fotoapparat schlicht ignoriert werden. Das Ergebnis ist dann ein leider enttäuschendes Blumenfoto.

Blumenaufnahmen sind ein sehr beliebtes Genre in der Fotografie, weil Blumen durch ihre natürliche Symmetrie und leuchtenden Farben auch ohne Komposition und aufwändige Beleuchtung meist „gut“ aussehen und sich nicht bewegen. Es bleibt dann viel Zeit zum Üben.

Das führt jedoch auch dazu, dass es bergeweise Blumenfotos gibt (über zwölf Millionen alleine bei Flickr) und sich das Auge daran schnell satt sieht. Wer heute Blumen fotografiert und die Bilder nicht nur als private Erinnerung in sein Fotoalbum kleben will, muss mit den unzähligen anderen Aufnahmen konkurrieren.

Dabei hilft es, zwei grundlegende Fehler der Blumenfotografie zu meiden. Erstens ist da der Blick von oben. Klar, keiner macht sich gerne die Knie dreckig, aber der Blick von oben ist „normal“ und damit wohlbekannt. Interessanter wirken Blumen sofort, wenn sie auf Augenhöhe betrachtet werden.

Der zweite Fehler ist die mangelnde Beachtung des Hintergrunds. Auf dem obigen Foto ist gut zu sehen, dass die Steinchen, Stücken, Gräser und Blüttenbätter anderer Blumen auf dem Boden ständig den Blick von den roten Blumen wegzerren und durch den Kontrast mit der dunklen Erde das Bild sehr unruhig werden lassen.

Empfehlenswert wäre es hier gewesen, vor der Aufnahme etwas helfend einzugreifen und das Drumherum mindestens von den anderen Blumenresten zu reinigen. Auch der Weißabgleich wirkt etwas kühl. So hat das Foto einen Schnappschuß-Charakter, der bei den geduldigen Blumen fehl am Platze ist.

In der Rubrik “Bildkritik” analysieren Profi-Fotografen im Auftrag von fokussiert.com montags bis freitags jeweils ein Foto aus der Leserschaft.
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12 Kommentare
  1. David
    David sagte:

    Peter, bitte entschuldige meine spitze Formulierung, das war unnötig.

    Dennoch möchte ich noch einmal versuchen, meinen Punkt verständlich zu machen: Es geht auch in meinem Kommentar nicht um „künstlerischen Individualgeist“ und sondern um Handwerksregeln, wie Ihr sie selbst bei Duzenden von Bildern anmerkt und wie sie in vielen Büchern zur Bildgestaltung nachzulesen sind. Was in der ursprünglichen Kritik leider ein Stück weit übergangen wurde ist die Einordnung des Bildes durch den Fotografen, der eben kein „Blumenbild“ im Sinn hatte. Das führte zu einer Kritik, die sich nicht mehr mit dem Bild selbst auseinandersetzte, wie viele Eurer Kritiken das sonst tun, sondern es schlicht als „falsches Blumenbild“ abtat, mit der guten pädogogischen Absicht sicherlich, am Beispiel dieses Bildes noch einmal auf die Grundregeln eines Genres hinzuweisen. Die Enttäuschung des Fotografen darüber finde ich durchaus verständlich.

    Im übrigen sollte auch eine Bildkritik kritikfähgig sein, da ja auch die Handwerksregeln, wenn sie über das rein kameratechnische hinausgehen, nicht selten von Geschmack durchsetzt sind und sein müssen. Und um das nochmal festzuhalten: Dass Ihr Euch in der Bildkritik in diesen heiklen Bereich vortraut, macht die Rubrik so spannend und so lesenswert!

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  2. dierk
    dierk sagte:

    Hallo Roland,
    bei so viel Meinungsvielfalt noch eine weitere dazu.

    Die Kommentare zur Hardware wie Sucher, variables LC-Display usw. bringen uns sicher nicht weiter. Da du eine Super-Kamera benutzt, gehe ich davon aus, dass du über dem stehst :-)

    Die Brennweite von 165mm deutet auf ein Telezoom, bei einer Canon EOS-1D Mark III sicher ein lichtstarkes mit f/2.8 und keine Amateurlinse?

    Wenn das so ist, habe ich vier Ansätze, die ich anders gemacht hätte.

    1. Mich stört sehr das platte Sonnenlicht, ich hätte das Bild lieber bei Schatten/Wolken gemacht. Das würde mehr zu der gewünschten Aussage vergänglich und Herbst passen.
    2. du hast Blende 8 gewählt, hast du solche Blumenbilder mal mit f/4 oder soger f/2.8 versucht? Ich denke, dann wäre der unruhige Hintergrund erheblich weicher und weniger verwirrend gewesen. Die unscharfen Blätter am Boden würden das Morbide sogar noch unterstreichen. Oder natürlich ein Macro und dann noch etwas näher ran.
    3. vielleicht wäre ein Ausschnitt der liegenden Blume allein deiner Bildidee sogar noch näher gekommen (also das linke untere Viertel)
    4. ich nutze bei solchen Bildern immer eine mehr oder weniger starke Vignetierung (in PS oder Lightroom leicht zu machen). Damit wird der Betrachter mehr auf den bildwichtigen Teil gelenkt.

    Ich hoffe, du betrachtest dies als konstruktive Kritik :-)

    viele Grüsse
    dierk

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  3. Peter Sennhauser
    Peter Sennhauser sagte:

    Auch Peter scheint nicht willens zu sein, sich jenseits starrer Genreregeln mit dem Bild zu befassen.

    David, das stimmt so nicht ganz. Aber ich muss es einmal mehr wiederholen: Diese Rubrik verliert ihr Konzept, wenn wir uns bei der Kritik über alle Regeln und Genres wegsetzen und anfangen, nach persönlichem Geschmack und künstlerischem Individualgeist zu operieren. Diese weiterführende Diskussion ist hier in der Kommentarspalte sehr willkommen – aber die Kritiken selber brauchen einen gleichbleibenden Massstab, sonst verlieren sie den Effekt der (zugegebenermassen regelgebundenen und grundlegenden) Methodik-Anschauung.

    Um es zu wiederholen: Wir machen keine Kunst-, sondern eine Handwerkskritik. Dass das bisweilen aussieht wie ein Oxymoron, liegt in der Natur der Kunst.

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  4. Roland Horni
    Roland Horni sagte:

    Danke David, zu Deinem Kommentar. Für mich interessant, dass der Ansatz der Bildidee gar nicht so daneben lag, mit Detailverbesserungen, die ich natürlich an diesem Bild nicht mehr ausführen werde und kann (der Acker ist längst umgepflügt) liesse sich aber doch ein Bild à la Natura morta gestalten. Die Kritiken und Anregungen werden mir helfen, es nächstes mal besser zu machen. Ich danke Euch allen dafür.

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  5. David
    David sagte:

    Ich kann Robert Hornis Kritik an der Kritik sehr gut nachvollziehen. Auch Peter scheint nicht willens zu sein, sich jenseits starrer Genreregeln mit dem Bild zu befassen. Was spricht dagegen, ein Blumenfoto mal „grafisch“ oder „malerisch“ aufzufassen und nach Basisregeln der Bildgestaltung anstelle derer einer Genrefotografie zu betrachten? Als Versuch über ein „gefundenes Stilleben“? Für ein klassisches „Vanitas“ sind die Blumen allerdings noch zu frisch ;) .

    Mir fallen da sofort ein paar Dinge auf, die ich durchaus recht gelungen finde, vielleicht weil ich Blumenfotografie nicht sonderlich spannend finde und daher von den Genreregeln leichter absehen kann. Erstens fällt mir die Farbigkeit positiv auf: Das Bild lebt stark vom Komplementärkontrast rot-grün, der gerade auf dem rot-verwandten aber gebrochenen braun des Bodens sehr gut funktioniert. Der Kleinkram auf dem Boden passt von der Farbikeit her, ist mir aber einen Tick zu hell. Aus dieser Warte scheint der Hintergrund gelungen. Kritisch würde ich die leichte Desaturierung und Aufhellung im Braun und (stellenweise) Grün sehen. Das ließe sich „im Labor“ beheben und kräftiger machen. Vom Aufbau her finde ich die Platzierung der Rotflächen gelungen, die des Grüns weniger. Vor allem oben hätte etwas mehr Raum und ein Abschluss der Linie (Stengel) gut getan, wobei dann natürlich das Format wieder anders wäre und damit die Platzierung der Rotfläche…

    Es ist auch meiner Meinung nach kein perfektes Bild, es aber als „klassischer Doppelfehler“ abzutun greift zu kurz.

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  6. Peter Sennhauser
    Peter Sennhauser sagte:

    Roland, Dein Bild hat doch eine Diskussion ausgelöst! Ob Technik oder nicht (seien wir ehrlich, darüber werden wir immer diskutieren), du gibst mit Deiner ausführlichen Antwort einen starken Impuls. Ich danke für Deine Bereitschaft, Deine Gedanken wie zuvor das Bild zu teilen.

    Nicht anschliessen kann ich mich der Meinung, dass Robert das Bild einfach als Blümchenfoto abtut, das noch dazu „falsch“ fotografiert ist. Er ist zwar Stockfotograf, aber seine Kritiken lassen sich nicht bloss auf dieses Genre reduzieren: Was spricht dagegen, auch (oder gerade) in einer Konzeptfotografie die Basisregeln der „Blümchenfotos“ nicht nur anzuwenden, sondern für die Bildaussage einzubeziehen? Vielleicht – das ist wirklich nicht mehr als ein Gedankengang – würde deine Aussage verstärkt, wenn Du diese doch absolut un-Blümchenfotohafte Szene just mit der klassischen Methode inszenieren und damit einen Bruch herbeiführen würdest?
    Ich sehe immer wieder, dass die einfachsten Bilder mit starken Aussagen funktionieren, weil sie ein Genre-Klischee oder eine Methode über die Spitze treiben.

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  7. Roland Horni
    Roland Horni sagte:

    Danke Robert, für die Bildkritik. Da ich das Bild schon eine Weile zur Diskussion hochlud, glaubte ich nicht mehr daran, dass sich jemand noch die Mühe nimmt. Ausserdem ist der Herbst vorbei.

    Ja, eigentlich recht ernüchternd für mich, Deine Kritik. Aber ich kann damit leben und sicher ist sie auch berechtigt. Berechtigt, nach Deinen Kriterien. Stockbilder und Studiofotografien stellen auch ganz andere Anforderungen. Da haben zerfallene Blütenblätter, Gartenabfälle und Steinchen am Boden bestimmt nichts zu suchen.

    Ein Blümchenfoto? Hm, als das sehe ich es nicht an, eher als ein Foto mit (verwelkenden) Blumen auf einem Acker, wie ich in meinem Kommentar auch schrieb. Und wie und warum um Himmels Willen sollte ich das von unten fotografieren, nur weil dann Blumen aus dieser Perspektive spektakulärer aussehen? Ok, hier beginnt wohl das, was Du am Anfang Deiner Kritik geschrieben hast,

    Zit: „Manchmal ist es schwer, das Bild in dem eigenen Kopf mit dem Bild in der Kamera zu vereinen. Zu viele Gedanken und Gefühle stecken im Kopf, die vom Fotoapparat schlicht ignoriert werden.“ Zit.-Ende.

    Hier liegt vielleicht der Hund begraben. Die Idee, ein Bild von Vergänglichkeit, Zerfall und Trauer zu machen, kommt nicht rüber, wahrscheinlich aus dem selben Grund, dem auch Sonnenuntergangsfotografen erliegen: es sah doch so toll aus (im Fall eines Sonnenuntergangsbildes) und hier, ich sah soviel Zerfall und Traurigkeit. (Und die kühle Farbstimmung, die ich dem Bild bewusst gab, gehört dazu), weil solche Gefühle vom Fotoapparat halt ignoriert werden, wie Du bemerkst.

    Aber muss denn der Betrachter auch alle Gefühle weglassen? Du siehst doch, dass ich nicht die Schönheit dieser Aster zeigen wollte, sondern das, was von ihr auf dem Feld übrig blieb. Dazu gehören auch die herumliegenden, welken Blütenblätter, wobei ich zugebe, dass hinter der oberen Blume etwas viel „Unruhe“ herrscht. Dort hätte ich sicher etwas eingreifen können, vielleicht sie aufsammeln und in den Vordergrund legen sollen. Und darum habe ich fast das Gefühl, Du übergehst dieses Bild bei Deiner Kritik und sprichst von einem anderen. Oder Du warst vorher gerade bei der Lektüre des Buches „Digitale Fotografie“ von Scott Kelby, Band 1, Kapitel 2 Seite 24 – fotografieren Sie Blumen nicht von oben – , lach.

    Trotz meiner Widerrede, ich kann der Kritik schon etwas abgewinnen, sie fordert mich einmal mehr auf, genau auf die Bildkomposition zu achten und auch auf die Perspektive.

    Etwas enttäuscht bin ich ab den bisher erschienenen Kommentaren zur Kritik, man diskutiert wieder einmal über die Technik, statt über das Bild und die zugehörige Kritik.. Selbstverständlich gehören zu meiner Fotoausrüstung Winkelsucher, Stativ, Filter, etc. und das setze ich, wo nötig und zweckmässig, auch ein. Wenn es sein muss, scheue ich auch Schmutz, zerrissene Hosen, Regen oder Schnee etc. nicht und mute selbst meiner Kamera einiges zu.

    Antworten
  8. Uwe S
    Uwe S sagte:

    Displays haben viele Nachteile gegenüber Suchern. Es gibt aufsteckbare Winkelsucher bei Drittanbietern schon für unter 100 Euro incl. Dioptrienanpassung und zuschaltbarer Vergrößerung zum leichteren Scharfstellen.

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  9. P4X
    P4X sagte:

    ich fotografier mit nikon. und wenn ich über das lcd fotografieren will, dann kauf ich ne kompakte. bei der analogen slr hatte man auch kein display und trotzdem konnten die leute anständige fotos machen.

    Antworten
  10. ReinhardStolz
    ReinhardStolz sagte:

    … klar, 5 cm über dem Waldboden – Hauptsache durch den Sucher gucken. Viel Spass dann noch und weiterhin alles glauben was die Ca..on-Marketingabteilung so alles in die Welt setzt. :-)

    Antworten
  11. RudiRalala
    RudiRalala sagte:

    Klassischer Fall für die Notwendigkeit eines variablen LC-Displays. Damit kann man wie hier richtig auf Bodenhöhe gehen ohne sich danach neu einkleiden zu müssen. :-)

    Ich kann nicht nachvollziehen, warum es heutzutage überhaupt noch DSLRs mit fixen Displays gibt und die Dinger sogar noch gekauft werden.

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