Tryptichon: Herbstdepression

Fotografien sollen Emotionen vermitteln – und was eines nicht ganz schafft, müsste im Tryptichon gelingen. Oder?

[textad]Leserfoto: Klick für Vollansicht (© Kevin Kählke).

Kommentar des Fotografen:

Titel: Goldener Okt. aus der sich eines Pessimisten. Alle Bilder sind mit einer Nikon D200 + Af 50mm 1.8 enstanden. Meine Intention war, den Herbst aus sicht eines von Herbstdepressionen geplagten Menschen darzustellen. Der Herbst hat, meiner Meinung nach, einiges zu bieten. Auch wenn er in der Regel kalt und nass ist. Zum Beispiel wartet er mit einer schier unendlich Farbenpracht auf, welche „Herbsthasser“ ignorieren. Deswegen auch die Presentation in S/W(mit Gelbstich;)).

Peter Sennhauser meint zum Bild von Kevin Kählke:

Eine dreiteilige Bildtafel – ein Tryptichon – mit schwarzem Rand oben und unten und weiss gerahmten Schwarz/Weiss-Fotografien. Links im Querformat eine leere Gartenwirtschaft, fotografiert auf Tischhöhe, in hartem Kontrast. In der Mitte ein trockenes Herbstblatt vor einer dunklen Fassade, vielleicht auf dem Gehsteig, rechts noch eine Hochkantaufnahme, Fahrräder stehen hier vielleicht an einem See.

Du schreibst, Du habest den Herbst aus der Sicht eines von Herbstdepressionen geplagten Menschen zeigen wollen. Ich habe damit meine Mühe:

Die saisonale- oder Herbstdepression ist mehr ein Symptom von Lichtmangel als eine Krankheit wie eine chronische Depression. Von Lichtmangel und allgemeiner Herbstschwere ist allerdings in den Bildern – ausser im mittleren – nichts zu sehen.

Fotografien sollten Stimmungen und Emotionen ohne Bildlegenden transportieren. es ist Deine Aufgabe als Fotograf, die Stimmung, die Du vermitteln willst, in ein Bild zu fassen. Für mich ist Trauer, Bedrücktheit oder eben Depression weder in einem leeren Gartenrestaurant noch in parkierten Fahrrädern enthalten. Ehrlich gesagt erkenne ich darin auch nicht den Herbst.

Das heisst nun nicht, dass dies schlechte Fotografien wären. Das Biergartenbild ist für mich aber eher ein etwas surreales Sommerbild, die Fahrräder haben eine leicht herbstliche Note durch den Lichteinfall und könnten als Einzelbild durchaus gefallen.

Das Blat in der Mitte allerdings enthält alles, was Du an Stimmung in Deinem Thema hast. Es ist dunkel, es zeigt Einsamkeit und Kälte, Anonymität und Hoffnungslosigkeit. Es ist wahrscheinlich alleinstehend viel wirksamer als das ganze Tryptichon.

Der Merksatz daraus könnte sein, dass Collagen und Kleinserien sinnvoll sind, wenn starke Bilder in eine Beziehung oder in einen Kontrast gesetzt werden. Die Faustregel wäre, dass jedes der Bilder auch allein das Grundthema vertreten könnte. Wenn dem nicht so ist, läuft es beim Tryptichon und anderen Kombinationen auf den gleichen, zum scheitern verurteilten Versuch hinaus wie wenn Du versuchst, qua Bildbearbeitung aus einem passablen Foto ein gutes Bild zu machen.

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