Urlaubsfotografie: Fotografische Tipps für die schönste Zeit des Jahres

Langweilige Urlaubsbilder? Hier erfährst Du, wie es besser geht.

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Halong-Bucht im Norden Vietnams

 

Egal ob eine kurze Städtereise, Pauschalurlaub oder Backpacking in exotischen Ländern, egal ob Knipser, ambitionierter Amateur oder Profi, heutzutage fotografiert fast jeder während seines Urlaubs. Werden die Bilder dann zu Hause gesichtet, folgt oft die Ernüchterung und dann Enttäuschung. Der Urlaub war super, die Bilder davon leider nicht. Sie bringen es irgendwie nicht rüber, wie es war. Ich denke, dieses Problem dürften viele kennen. Manch einer glaubt aber auch, er (oder sie) hätte tolle Bilder gemacht, und ist dann enttäuscht, dass Freunde und Familie eher gelangweilt reagieren.

Warum ist das so?
Zunächst muss man begreifen, dass Fotografie nicht aus dem Drücken auf einen Auslöser besteht. Sie ist auch nicht primär dazu gedacht einfach nur zu zeigen, wie Dinge aussehen. Das, was man im Urlaub erlebt, besteht ja auch nicht nur aus visuellen Eindrücken. Dazu gehören natürlich noch alle anderen Sinne, aber auch die Emotionen, die man währenddessen hat. Die Herausforderung besteht darin das, zumindest teilweise, bildlich darzustellen. Das hört sich schwierig an, ist aber im Prinzip relativ einfach.

Equipment
Auf meinen Reisen habe ich grob gesagt drei Urlaubsfotografen-Typen ausgemacht:

Der erste Typ ist der Knipser, der meistens nur mit Smartphone und eventuell auch einem Selfie-Stick ausgestattet ist. Für viele Fälle reicht das auch vollkommen aus. Ich selbst mache das auch häufig (keine Selfies, aber Smartphone-Fotos) und lade die Bilder dann auf z.B. Instagram hoch. Mittlerweile ist die technische Qualität der Smartphone-Bilder ganz passabel. Der zusätzliche und nicht zu unterschätzende Vorteil ist auch, dass man sie meistens bei sich hat. Möchte man ein Bild dann aber doch etwas größer drucken oder sind die Lichtverhältnisse mal nicht optimal, dann stoßen diese Kameras sehr schnell an ihre Grenzen.

Das andere Extrem ist der ambitionierte Amateur-Fotograf. Zu dieser Sorte gehörte ich früher auch. Ich bin mal mit einem großen Rucksack voll mit DSLR, zugehörigen Objektiven, Filtern, Stativ und viel anderen Krempel von Wengen (1200 m ü. N.N.) bis hin zur Bahnstation „Eigergletscher“ der Jungfraubahn (ca. 2300 m ü. N.N.) gelaufen, und wieder zurück.

 

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Pause auf dem Weg zum Gletscher in den Alpen

 

Ich habe mich gefühlt, wie ein Packesel. Es war eine an sich unnötige Materialschlacht. Warum unnötig? Nun, ich hatte Urlaub. Ich wurde nicht dafür bezahlt. Ich tat aber so als ob. Ich fühlte mich sehr in meiner Bewegungsfreiheit eingeschränkt und hab nur einen Bruchteil des Equipments genutzt. Ich dachte, ich wäre auf alle Situationen vorbereitet, aber am Ende stellte sich heraus, dass ich das alles auch einfacher hätte haben können.

Andere Fotografen sind auch auf den Trichter gekommen, können sich aber nicht ganz von der Technik lösen und versuchen einen Kompromiss. Das endet meistens mit einer DSLR und einem Reisezoom-Objektiv, welches Brennweiten zwischen 18-300 mm abdeckt. Damit ist man zwar recht flexibel, dafür ist die Bildqualität oft nicht besonders gut und man muss auch in Kauf nehmen, dass diese Objektive nicht besonders lichtstark sind. Und mal ehrlich, kaum jemand nimmt ein solches Gerät auf einen romantischen Abendspaziergang oder zum gemütlichen Abendessen im Restaurant mit. Zu sperrig, zu laut, zu auffällig.

 

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Fix und fertig mit großem Rucksack voll fotografischen Equipment in den Alpen

 

Mittlerweile zähle ich zur dritten Gattung der Urlaubsfotografen. Ich habe einen Großteil meines Equipments durch kleinere Varianten abgelöst. Eine kleinere und leichtere Kamera, 1-3 kompakte Objektive, weniger anderen Krempel. Wenn ich ein Stativ mit nehme, dann habe ich nun ein Leichteres und Kleineres, weil es ja auch weniger tragen muss. Ich bin nun so weit, dass ich oft mit nur einer Kamera losfahre, die eine fest montierte Festbrennweite hat. Also kein Zoom und auch kein Objektivwechsel möglich. Der erste Gedanke ist natürlich, dass man dadurch stark eingeschränkt ist. Das ist natürlich auch teilweise korrekt. Moderne Systemkameras bieten genau so große Sensoren, wie DSLRs, also demnach auch gleich gute bis hin zu besserer Bildqualität. Da muss man schon mal keine Abstriche machen. Manchmal wünsche ich mir unterwegs auch mehr Weitwinkel oder mehr Telebereich. Da muss man locker bleiben.

Natürlich wird man das eine oder das andere Bild „verpassen“, aber hey, ich werde nicht dafür bezahlt, also was soll’s. Mit etwas Kreativität bekommt man seine Bilder aber trotzdem, nur halt anders, als man es mit anderen Brennweiten machen würde. Hinzu kommt, dass man damit so manche Bilder macht, die man mit der „großen“ Ausrüstung nicht machen würde, weil man sie gar nicht dabei hätte, oder weil sie einfach zu sperrig und auffällig ist. Richtet man eine solche Kamera auf andere Menschen wird man oft nicht ernst genommen, und kann, anders als oft mit einer DSLR, in Ruhe fotografieren.

 

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Mein Travel-Kit für den Alltag auf Reisen

 

Meine Freundin und ich waren letztes Jahr für 3 Wochen mit dem Rucksack durch Vietnam unterwegs. Da will man möglichst wenig mitnehmen, da man ja alles schleppen muss. Ursprünglich habe ich mir mit genügend Vorlaufzeit zum Üben und Handbuch lesen eine Fujifilm X100s dafür gekauft. Sie ist praktisch lautlos, klein, leicht unauffällig und sexy. Auch wenn die Brennweite nicht änderbar ist, ist sie mit 23 mm (35 mm Kleinbildäquivalent) die klassische Reportagebrennweite und sehr vielfältig einsetzbar. Durch den leichten Weitwinkel ist man gezwungen näher ans Motiv ran zu gehen, was aber dem Betrachter der Bilder den Eindruck vermittelt mitten drin im Geschehen zu sein. Ich mag das.

In der Zwischenzeit habe ich mir aber auch noch eine Fujifilm X-T1 zugelegt. Als ich für die Reise packte, bekam ich kalte Füße und packte beide Kameras ein. Vor Ort war das dann so, dass ich mich gegen Ende der Reise mehr oder weniger gezwungen habe mit der X-T1 zu fotografieren, damit ich sie nicht ganz um sonst mit rumgeschleppt habe. Die meisten Bilder sind mit der X100s entstanden, und ich bin sehr zufrieden damit.

 

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Freundin, Kamera, etwas Kleinkram, das war’s. Mehr brauchte ich nicht, nicht mal eine Tasche.

 

Zusätzlich zu meinen Kameras hatte ich auch noch mein Tablet-PC mit und eine passende Bluetooth-Tastatur (die ich aber kaum genutzt habe). Mein Plan war es ab und an ein paar Bilder ins Netz zu stellen, da ich davon ausging, dass ich in Vietnam kaum Internet haben werde. Ja, da habe ich mich gewaltig geirrt. Vietnam ist was Internet betrifft, wesentlich weiter als Deutschland. Und so hat es sich recht schnell zu einem Reisetagebuch Vietnam (jeden Tag ein neuer Beitrag) entwickelt. Tagsüber waren wir unterwegs, ich habe mir ab und an Notizen auf meinem Smartphone gemacht und natürlich fotografiert. Abends im Hotel oder im Café habe ich dann einen Tagesbericht auf dem Tablet-PC verfasst, die Bilder per USB-Adapter auf das Tablet übertragen (obwohl ich das bei der X-T1 auch per WLAN könnte) und dann beides online gestellt. Die Bilder habe ich auf dem Tablet mit der App Image Shrink verkleinert (das geht wunderbar per Stapelbearbeitung mit einer großen Anzahl von Bildern auf einmal), und dann per VSCO Cam bearbeitet.

So blieben Freunde und Familie immer auf dem Laufenden und ich habe nun eine schöne Erinnerung, die ich mir immer wieder gerne anschaue.
Mittlerweile gibt es sogar Apps, mit denen man Postkarten verschicken kann. Man macht Fotos, importiert diese in die App, die App macht eine Postkarte draus, die man natürlich auch beschriften kann. Dann kann man beliebig viele Adressen als Empfänger angeben und den Auftrag einfach abschicken (natürlich kostet jede Postkarte etwas, wie auf Papier auch). Der Dienst, der sich darum kümmert, sitzt in Deutschland, daher waren die Postkarten spätestens nach 2 Tagen beim Empfänger. Stell dir mal vor, deine Familie bekommt eine Postkarte von dir, auf der Du vielleicht selbst noch drauf bist, und das während Du noch im Urlaub bist. Wie cool ist das denn?

 

Tablet, Speicherkarte, Adapter

Fotos von der Speicherkarte auf den Tablet-PC übertragen

 

Der wichtigste Teil der Ausrüstung eines Reise- oder Urlaubsfotografen ist aber ein gutes paar Schuhe, denn gute Motive kommen selten von sich aus zu einem.

Locations
Oft sieht man Touristen von Sehenswürdigkeit zu Sehenswürdigkeit tingeln. Vorzugsweise in einem doppelstöckigen Touristenbus. Wer dabei glaubt so Land und Leute kennen zu lernen, der glaubt auch, dass ein Zoobesuch eine Safari ist. Ich kann zwar verstehen, dass man bestimmte Sehenswürdigkeiten sehen möchte, aber weniger ist da oft mehr. Ich mache das mittlerweile so, dass ich mich auf dem Weg zu einer Sehenswürdigkeit absichtlich „verlaufe“. Ich laufe der Nase nach und lasse mich treiben, vor allem abseits der üblichen ausgetretenen Touristenpfade.

 

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Typische Touristen werden im Doppeldecker-Bus zu Sehenswürdigkeiten gekarrt

 

Sehenswürdigkeiten haben nun mal den Nachteil, dass sie von vielen Touristen gesehen werden möchten. Daher ist es dort oft besonders voll und gibt kein schönes Motiv ab. Außerdem gibt es meistens schon sehr sehr viele gute Bilder von den Sehenswürdigkeiten, die man sich sogar für kleines Geld kaufen kann.
Wie sagt man so schön? Der Weg ist das Ziel.

Laufe mit offenen Augen durch die Welt, bleibe offen für Neues und sei neugierig und mutig.

 

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Improvisierter Schulkiosk abseits der Touristenpfade in Huế (Vietnam)

 

Kind und Kegel
Meistens ist man im Urlaub nicht allein unterwegs. Der Partner/die Partnerin, Kinder, Freunde, und die meisten davon teilen unsere Begeisterung für Fotografie……..nicht. Beides so unter einen Hut zu bekommen, dass man beidem zufriedenstellend gerecht wird, ist oft nicht so einfach.

Man sollte sich immer wieder vor Augen führen, dass man im Urlaub ist und nicht auf einer bezahlten Fotoreise. Man fährt hauptsächlich in Urlaub um sich vom Arbeitsalltag zu erholen, und wenn es ganz gut läuft vielleicht um seinen persönlichen Horizont zu erweitern. Genau da sollte man sich nicht selbst unnötig stressen, weil man meint das Bild des Jahrhunderts schießen zu müssen.

 

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Ladys Night im Hostel, jeder mit einem Rock an bekommt Freibier

 

Die oben beschriebene Einschränkung des Equipments hilft mir dabei, denn ich muss nicht so viel mit mir herum tragen. Ich habe eine wesentlich höhere Bewegungsfreiheit. Zudem muss ich nicht viel an Technik beherrschen. Ich habe vorher schon zu Hause hin und wieder geübt, so dass ich das bisschen Technik sehr schnell beherrscht habe. Das war ein großer Vorteil, da ich ein sicheres Gefühl hatte und mich auf die Technik und meine Fähigkeiten verlassen konnte. So konnte ich quasi im Vorbeilaufen trotzdem sehr gezielt fotografieren.

Es kam aber auch hin und wieder mal vor, dass ich zum falschen Zeitpunkt an einem Ort war oder einfach mehr Zeit brauchte. Ich habe mir die Stelle gemerkt, und bin zu einem anderen Zeitpunkt da hin, dann aber alleine. So habe ich mir ab und an mal 1-2 Stunden Zeit genommen. Das gefährdet den Haussegen nicht und man hat trotzdem mehr Zeit ein Motiv etwas besser herauszuarbeiten.

 

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Polizisten genießen die Aussicht auf den Hoan-Kiem-See in Hanoi

 

Denke in Geschichten
Als ich in Vietnam direkt am ersten Tag gemerkt habe, dass ich mit dem Internet keine Probleme haben werde, habe ich mich direkt zu einem Reisetagebuch entschlossen. Unbewusst hat mir das aber geholfen bessere Bilder zu machen, denn ich habe angefangen „in Geschichten zu denken“. Wenn ich tagsüber unterwegs war, habe ich mir vorgestellt, ich müsste abends davon einem Freund erzählen. Eigentlich nichts Ungewöhnliches. Geht man mit dieser Einstellung durch die Welt, dann bilden sich schon Sätze, Textfetzen oder ganze Absätze im Kopf, die man abends nur noch „zu Papier“ bringen muss. Wie schon oben erwähnt, helfen da auch einfache Notizen im Smartphone in Stichwortform. Mit dieser Vorgehensweise konnte ich die täglichen Tagebucheinträge schnell verfassen und veröffentlichen.

 

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Gehört auch zur Geschichte. Der Morgen nach 14 Stunden im Nachtzug.

 

Das hat den Riesenvorteil, dass man so einen roten Faden in seinen Bildern hat. Selbst wenn man kein Reisetagebuch schreibt, sondern nach dem Urlaub seine Bilder zu Hause präsentiert und dabei von seinen Erlebnissen erzählt, dann fällt es dem Betrachter einfacher zu folgen. Im Prinzip hat man ja eine Geschichte im Kopf, die man einem fiktiven Freund erzählt, und bebildert sie nur mit der Kamera. Sieht man seine Urlaubsfotografie aus diesem Blickwinkel, dann ist es relativ einfach Motive zu finden und eine Struktur in seine Bilder zu bringen.

 

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Typische Straßenszene in Hanoi. So etwas kann man nicht erzählen.

 

Sei ein Reisender, kein Tourist
Der bekannte Fotograf David Hobby (bekannt auch unter dem Namen „The Strobist“) hat mal grob übersetzt gesagt: Willst Du bessere Reisebilder, musst Du eine bessere Reisen unternehmen.

Ich habe keine körperlich anstrengende Arbeit (arbeite meistens im Büro), brauche also kaum körperliche Erholung. Da ich hauptsächlich Kopfarbeit leiste, brauche ich Erholung für den Geist. Und das geht am besten durch Abwechslung. Allerdings langweile ich mich schnell, daher ist der typische Strandurlaub nichts für mich. Ich kann zwar auch mal am Strand liegen, aber spätestens nach dem zweiten Tag bekomme ich Hummeln im Hintern. Meine Gedanken fangen an zu kreisen und kommen natürlich auch wieder auf Themen aus dem Arbeitsalltag zurück. So erhole ich mich nicht. Ich brauche Beschäftigung und Abwechslung.

Es ist zwar prinzipiell nichts gegen einen Urlaub, der aus Hotel und Strand besteht, zu sagen. Allerdings wird es da schwer viele interessante und sehenswerte Bilder zu machen, da man seine Urlaubserfahrungen ja stark einschränkt. Von nichts kommt halt nichts.

Das heißt aber nicht, dass man gleich für 3 Wochen durch Vietnam reisen muss. Ich unternehme auch gerne eher kurze Städtereisen, wie z.B. hier nach Berlin. Wenn man sich aber da die Bilder anschaut, dann fällt einem schnell auf, dass ich keine oder kaum eine der typischen Sehenswürdigkeiten der Stadt besucht habe. Ich habe mich vorher bei Einheimischen nach alternativen Sehenswürdigkeiten erkundigt, und bin auch oft relativ ziellos herumgelaufen.

 

Köln, Dom, Kirche, Brücke, Nacht

Wohl das kitschigste und meist fotografierte Motiv in Köln

 

Ich habe mir auch schon mal Gedanken darüber gemacht, wo ich jemanden hinschicken würde, der Köln und Umgebung (wo ich zu Hause bin und mich etwas auskenne) besuchen möchte. Frage dich das mal selbst für die Region, in der Du wohnst. Gar nicht so einfach eine Antwort darauf zu finden. Klar, in Köln gibt es die üblichen Sehenswürdigkeiten, wie den Kölner Dom, Altstadt, Brauereien, Rheinauhafen, usw. Diese Orte spiegeln aber nicht das wieder, was diese Stadt für mich (und viele Kölner) ausmacht. Oder besser gesagt, nicht allein. Wenn man noch nie in Köln war, dann ist ein Besuch des Kölner Doms Pflicht. Man sollte sich aber auch die Zeit nehmen und durch einige der vielfältigen Viertel (in Köln „Veedel“ genannt) zu bummeln. Es gibt viel zu entdecken, was kaum Erwähnung in Reiseführern findet.

 

Köln, Wiese, Grillen

Typisch für Köln: Grillen am Aachener Weiher

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Typisch Köln: Sport im Parkgürtel

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Typisch Köln: Sonnenuntergang in den Rheinauen genießen

 

Für mich persönlich ist wichtig, dass man in meinen Urlaubsbildern auch immer etwas von mir wiederfindet. Also nicht, dass ich auf den Bildern zu sehen bin, sondern was mich zu der Zeit bewegt hat, wie ich mich gefühlt habe oder welche Haltung ich zu etwas hatte. Ich bin hin und wieder in Lüttich in Belgien und bin zumindest fotografisch begeistert von der Stadt. Das ist noch eine Stadt mit Ecken und Kanten und an sich nicht wirklich schön. Wenn ich wollte, könnte ich diese Stadt auch im klassischen Sinne „schön“ oder besser gesagt pittoresk fotografieren. Aber ich will ja kein Reiseprospekt erstellen, sondern meine Erfahrungen und Gedanken zu dieser Stadt visualisieren. Und wenn diese nicht „schön“ waren, warum soll ich dann „schöne“ Bilder machen?

 

Lüttich, Wasser, Kanal, Häuser

Lüttich, so wie ich es sehe

Lüttich, Wasser, Häuser, Kanal

Lüttich, wie ich es sehe

Lüttich, Denkmal, Fluss, Kanal, Kinder

Lüttich, wie ich es sehe

 

Welche Motive?
Da ich ein Freund vom Dokumentieren der persönlichen Erfahrungen bin, kann man diese Frage selbstverständlich nicht pauschal beantworten. Das wäre ja auch langweilig, denn dann hätten alle mehr oder weniger die gleichen Bilder (was bei reinem Abfotografieren von Sehenswürdigkeiten der Fall ist). Dennoch gibt es allgemeine Tipps, die man sich zu Herzen nehmen kann.

 

Detail, Krebse, Markt

Auch mal Details fotografieren, die zur Geschichte passen

 

Viele Menschen, die sich sonst nicht mit Fotografie beschäftigen, tendieren dazu zu viel auf ein Bild zu packen. In vielen Fällen macht es aber mehr Sinn den „Fußzoom“ zu nutzen und näher ans Motiv zu gehen, damit der Betrachter auch erkennt, was das Motiv ist. Damit meine ich nicht das Erkennen, um was es sich handelt, sondern darum, was der Fotograf besonders herausheben wollte. Also die Motivation das Bild zu machen.

Die Kenntnis über ein paar gestalterische Hilfen, wie z.B. die Drittel-Regel (die keine Regel ist) ist sehr hilfreich, aber nicht zwingend notwendig. Ich werde diese Hilfen jetzt nicht weiter ausführen, es gibt im Internet Informationen dazu.

Den häufigsten Fehler, den ich bei unerfahrenen Fotografen sehe, ist dass das Bild unbeabsichtigt nicht richtig ausgerichtet ist. Fotografen sagen dazu oft, dass das Bild kippt, und meinen damit, dass der Horizont nicht waagerecht ist. Dazu muss nicht immer ein Horizont zu sehen sein, aber unser Gleichgewichtssinn weiß anhand anderer Indizien, wie z.B. schiefer Mauern, dass das Bild nicht richtig ausgerichtet ist. Meine Kameras zeigen mir einen künstlichen Horizont, außerdem blende ich mir immer Gitternetzlinien ein. Das sind zwei Hilfen, die sehr praktisch sind. Man kann Fotos aber auch zu Hause am PC korrekt ausrichten.

Am Wichtigsten finde ich, ist es zu wissen, was man eigentlich zeigen möchte. Wenn man zeigen möchte, dass z.B. ein Gebäude besonders hoch ist, dann reicht es nicht einfach ein Foto davon zu machen. Man kann z.B. das Gebäude von unten hoch fotografieren, so dass der Effekt der stürzenden Linien entsteht und dem Betrachter sofort klar ist, dass das Gebäude hoch sein muss. Oder man „platziert“ zusätzlich noch etwas anderes neben das Gebäude, z.B. ein Auto, das als Größenvergleich dient. Das sind nur zwei von vermutlich vielen Beispielen, wie man das lösen kann. Wenn einem etwas ins Auge fällt, sollte man sich kurz Gedanken darüber machen, was es war, dass es einem ins Auge springen ließ, also was das Interesse geweckt hat. Und dann sollte man versuchen genau das herauszuarbeiten.

 

Hochhaus, Radfahrer, Lüttich

Die Höhe des Gebäudes wird durch stürzende Linien und dem Radfahrer als Maßstab verdeutlicht

 

Dazu gehören nicht nur Gegenstände, sondern auch Lebewesen und darunter natürlich auch Menschen. Ich beziehe gerne Menschen in meine Bilder ein, da Betrachter meistens Bilder mit Menschen bevorzugen. Außerdem gefällt es mir selbst auch. So kam es, dass ich in meinem Vietnam Reisetagebuch die Hotelmanagerin unseres ersten Hotels, die Leiterin des Kochkurses, den Kapitän unseres Bootes, den australischen Lehrer im Nachtzug, die ältere Dame aus den USA oder die Straßenverkäuferin, die uns irgendwas verkauft hat, nur um mal einige zu nennen, fotografiert habe. Ich habe mich auch mit fast allen davon unterhalten und sehr viel Neues gelernt. Und den Menschen mit denen ich mich aufgrund einer Spachbarriere nicht unterhalten konnte, habe ich kurz die Kamera gezeigt bzw. habe sie kurz hoch gehalten und dabei gelächelt. Das hat in der Regel schon ausgereicht und ich durfte das Bild machen. Überhaupt öffnet ein Lächeln sehr viele Türen, sofern es ehrlich ist.

 

Frauen, Portrait

Mai Lee hat sich unglaublich rührend um uns gekümmert

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Wir kaufen irgendetwas Essbares von einer Straßenhändlerin

Boot, Mann, Kapitän, Steuer

Der Kapitän unseres Transportbootes. Ein sehr netter Mann.

Frau, Asiatin, Boot, Portrait

Mit unserer Kochlehrerin auf dem Weg zu ihrer Großmutter

Zug, Nachtabteil, Pritsche, schlafen, Mann

Australischer Lehrer im Nachtzug. Habe ihn kaum verstanden.

 

Selektion
Irgendwann kommt leider der Zeitpunkt, an dem der Urlaub vorbei ist, und wir zu Hause sitzen und die Bilder von der Kamera auf den Computer übertragen. Das ist aus meiner Sicht einer der wichtigsten Zeitpunkte in der eigenen Fotografie, und das nicht nur bei Urlaubsbildern.

Nach einem Urlaub bringt man in der Regel sehr viele Fotos mit nach Hause. Davon sind aber einige überhaupt nicht verwendbar, andere wiederum sind redundant, weil man mehrere Versionen eines Bildes gemacht hat. Ich rate jedem, der sich fotografisch verbessern möchte, sich nun etwas Zeit zu nehmen und zu reflektieren und zu selektieren. Das hat direkt zwei große Vorteile.

 

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In den Straßen von Ho-Chi-Minh-Stadt (Hanoi)

 

Auch wenn man viele schöne Bilder von einem Sonnenuntergang hat, für den Betrachter reichen ein bis zwei Bilder davon, sonst wird es schnell langweilig. Also aus allen Bildern zu einem Thema einige wenige auswählen, und nur die präsentieren. Ob man die anderen behält, oder löscht, sollte jeder für sich selbst entscheiden. Ich persönlich lösche diese Bilder in den meisten Fällen, da ich sie höchstwahrscheinlich eh nicht weiter verwenden oder anschauen werde. Sie verbrauchen nur Platz auf der Festplatte.

Der andere Vorteil dabei ist, dass man beim sich beim selektieren Gedanken darüber machen kann, warum einem das eine Bild besser gefällt, als das andere. Anhand dieser positiven und negativen Beispiele kann man lernen, was man fortführen und was man lassen oder verbessern sollte. Beim nächsten Urlaub kann man das Gelernte anwenden.

 

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Mädchen verkaufen Laternen in Hoi An

 

Präsentation
Im digitalen Zeitalter wird dieser Bereich immer mehr vernachlässigt, da man sein Publikum relativ leicht übers Internet erreichen kann. Ich muss gestehen, dass mein Reisetagebuch bisher nur aus einem Blog besteht und ich die Bilder bisher nur auf meinem Fernseher präsentiert habe. Ich habe aber vor daraus ein Buch zu machen. Ob das einfach nur ein persönliches Fotobuch, oder ein „richtiges“ Buch wird, dass man auch kaufen kann, weiß ich noch nicht. Ich weiß allerdings, dass ich möglichst hochwertiges Papier und Drucke nutzen werde. Ja, das kostet mehr, als das Drucken seiner Bilder an der Druckstation beim Discounter, aber dafür ist die Qualität dann auch deutlich besser. Es wäre nicht sinnvoll anders vorzugehen. Man gibt schließlich viel Geld für die Reise und für das Equipment aus, warum dann bei der Präsentation sparen? Wenn man da Bedenken hat, dann sollte man sich überlegen, ob die Bilder überhaupt etwas taugen, wenn sie es einem nicht mal wert sind vernünftig gedruckt zu werden.

Außer einem Buch gibt es natürlich noch andere Möglichkeiten der Präsentation. Es spricht auch nichts dagegen mehrere dieser Möglichkeiten zu nutzen. Aber so etwas, wie ein Buch hat ein paar Vorteile. Man muss noch mehr selektieren, als schon zuvor, ein Buch funktioniert auch ohne Strom und ohne Internetverbindung, man kann es verschenken und es macht was her im Regal.

 

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Der alte Mann und sein Publikum in Hanoi

 

Schlusswort
Das war jetzt eine Menge Text, aber ich wollte nicht einfach nur ein paar kurze Stichworte in den Raum stellen, die dann falsch verstanden werden. Ich will auch nicht behaupten, das wäre der Weisheit letzter Schluss. Schließlich strebe ich an mich immer weiter zu verbessern.

Fotografie findet überwiegend im Kopf statt und hat nur zweitrangig etwas mit Technik und Einstellungen zu tun. Viel wichtiger ist die eigene innere Einstellung. Ich hoffe, meine Tipps können dir dabei helfen mehr über dich selbst zu erfahren, was Du magst, was dich interessiert und was Du wie fotografieren möchtest, so dass dir deine Urlaubsbilder ein ums andere Mal besser gefallen und dass dir diese Bilder auch noch gefallen, wenn Du alt im Schaukelstuhl sitzt und dir diese Bilder noch mal anschaust.

Viel Spaß im nächsten Urlaub und immer gutes Licht.

 

Perlenfarm

Perlenfarm

Straßenfriseur

Straßenfriseur

Handwerker machen Pause

Handwerker machen Pause

Straßenverkäuferin

Straßenverkäuferin

11 Kommentare
  1. Chilled Cat
    Chilled Cat sagte:

    Wow, der Artikel ist schon recht umfassend ausgefallen. Allerdings verstehe ich nicht, warum sich die Erkenntnisse darin auf den Urlaub beschränken sollten.

    Ob im Urlaub oder nicht: Wenn ich vorher weiß, dass ich meine Kamera über größere Strecken herumtragen werde, dann nehmen ich keinen Kofferraum voll Zeugs mit.

    Auch sonst lege ich bei der Wahl meiner Ausrüstung wert darauf, dass die Geräte leicht, klein und handlich sind. Weil ich keine zwei Assistenten habe, die das Equipment für mich tragen.

    Antworten
    • Sofie Dittmann
      Sofie Dittmann sagte:

      Ja und nein. Grundsätzlich pflichte ich Dir ja voll bei – warum den Kram mitnehmen, wenn man es von vorneherein besser weiß? Meine bevorzugte Reisekamera ist eine kleine DMC, und das Ding hat wirklich was drauf. Ich habe ein paar meiner Lieblingsfotos damit aufgenommen. Daß ich keinen besonderen Teleumfang habe, muß ich eben in kauf nehmen.

      Aber wir haben dann letztes Jahr in Oaxaca City ein paar Typen getroffen, Amis mit RIESIGEN Kamera-Rigs und Objektiven. Die hatten sie dabei, um in der Umgebung Ureinwohner in Dörfern zu fotografieren. Will sagen, ihnen selbige ins Gesicht zu halten. Gleichzeitig machen sich alle Norteamericanos in die Hosen, in Mexiko sei es so unsicher??

      DU bist vielleicht wie Darius, Stefan und ich bereits zu der Erkenntnis gekommen, aber ich fürchte, die Mehrheit da draußen noch nicht.

    • Darius Kupczak
      Darius Kupczak sagte:

      Ist halt ein komplexes Thema.
      Grundsätzlich gebe ich dir Recht. Natürlich kann man das auf die meisten Situationen anwenden. Ich wollte mich allerdings erst mal nur auf das Thema Urlaub beschränken, sonst wäre der Text noch länger ;-)

    • Peter Sennhauser
      Peter Sennhauser sagte:

      Ich glaube, das Thema Handlichkeit der Ausrüstung ist einen eigenen Artikel wert. Zumal ich mir aus eben diesen Beweggründen gerade mal wieder einen Unvernunfts-Kauf erlaubt habe.
      Ganz grundsätzlich ist es aber einfach so – grosse Kameras mit grossen Sensoren machen technisch bessere Bilder als kleine Kameras mit skalierten Distanzwerten (Brennweiten/Sensorgrössen). Und damit bin ich auf der sicheren Seite, wenn ich meine grosse Spiegelreflex nutze statt der Kompakten.

    • Darius Kupczak
      Darius Kupczak sagte:

      Wenn es um Bildqualität geht, dann sollte man gar nicht erst DSLRs mit ihren kleinen Sensoren (Kleinbild) nutzen, sondern direkt auf Mittelformat oder Großformat gehen.

      Ich denke aber, dass das im Urlaub eher hinderlich sein dürfte. Zumal die Bildqualität bei Urlaubsbildern eher zweitrangig ist.
      Außerdem entsteht der Eindruck, kleinere Kameras liefern schlechte Bildqualität. Das stimmt nicht. Mit den gängigen APC-C- oder mFT-Kameras erzielt man sehr gute Bildqualität, die locker für 60×80 cm Drucke ausreicht.
      Die meisten Urlaubsbilder werden auf Monitor/TV oder sogar nur auf Handy oder Tablet-PC gezeigt. Bei der Größe macht es keinen Unterschied. Es gibt eine Seite im Netz, bei der man raten muss, mit welcher Sensorgröße ein Bild gemacht wurde. Es ist fast unmöglich das zu erraten.

      Früher hat man mit einer 3 MP Kamera Urlaubsbilder gemacht, und auch das hat gereicht.

  2. Stefan W. Wolf
    Stefan W. Wolf sagte:

    Klasse Artikel, wenn auch etwas lange (viel Text). Kenne ich aber von mir selbst, wenn ich mal ins Schreiben komme, möchte ich auch gerne die GANZE Geschichte erzählen.

    Die Erkenntnis, dass gerade beim Reisen weniger mehr ist, musste ich mir auch mit einigen strapaziösen Bergtouren unter Vollast (im wahrsten Sinne des Wortes) erkämpfen. Die Bildausbeute war in Anbetracht des Aufwandes dann doch recht mau. Mehr Equipment resultiert nicht unbedingt in mehr guten Bildern. Ein Trugschluss dem viele verfallen, mich eingeschlossen. Grundsätzlich aber kein Problem, wenn sich irgendwann ein Lerneffekt einstellt ;)

    Letztes Jahr siegte dann die Vernunft und es stellte sich dann endlich ein Sinneswandel bei mir ein. Angefangen mit einer Fuji X20 (kompakte Zoomkamera) für eine Reise in die Türkei. Mittlerweile habe ich auf Reisen immer die Kombination Ricoh GR (Festbrennweite für Reportage & kurze Videoclips) und Sigma DP2 Merrill (ebenfalls Festbrennweite für entschleunigtes Fotografieren, maximale Qualität) dabei.

    Gerade beim Reisen (zumindest ist es bei mir so) sind die meisten lohnenden Motive schnell vergängliche Momente, die kein sperriges Equipment zulassen. Seit ich meine Reiseausrüstung einer Verschlankungskur unterzogen habe, ist die Anzahl der verwendbaren Bilder sehr gestiegen.
    Einerseits ist man in der Bewegung nicht so eingeschränkt und würde sonst evtl. einen besonderen Moment verpassen, weil man gerade die Linse wechselt, oder das Stativ aufklappt – andererseits fotografiert man viel bewusster, da man eben nicht alles per Zoom heranholen kann.

    Viele Geschichten und Artikel auf meinem Blog http://www.stefan-w-wolf.de/blog sind mit solchen Kompaktkameras entstanden.

    Nichts gegen eine DSLR mit Kleinbildsensor und lichtstarker Festbrennweite, wenn es die Situation zulässt, arbeite ich auch sehr gerne damit.

    Aber wie heißt es so schön:
    Die beste Kamera ist immer die, die wir bei uns tragen.

    In diesem Sinne
    Stefan

    Antworten
    • Darius Kupczak
      Darius Kupczak sagte:

      Danke, ist halt ein komplexes Thema.
      Ich denke, so etwas wird noch ein wenig Zeit benötigen.
      Viele DSLR-Nutzer haben nicht mal mitbekommen, dass es spiegellose Systeme oder sogar kompakte Kameras gibt, die die gleiche Bildqualität liefern, wie eine DSLR. Manche wissen es, sind aber sehr an ihre DSLR gewöhnt.
      Aber ich bin überzeugt, dass die Bequemlichkeit siegen wird.
      Dennoch ist ein portables System nur ein Aspekt, wie ich aufgeführt habe, quasi eine Stufe auf der Treppe zu besseren Urlaubsbildern.

      P.S.: Schöner Blog.

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  1. […] Aufgenommen hast Du sie von einer tieferen Warte, was ich gut fand. Überhaupt ist an Deinem Schnappschuß praktisch nichts auszusetzen – Glückwunsch zu diesem meines Erachtens gelungenen Urlaubsfoto! […]

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