Video-Bildbesprechung: Nebel am See

Auch minimalistische Kompositionen brauchen Platz zum Atmen, allerdings nicht zuviel und an der falschen Stelle.

Markus Burckhardt aus Icking schreibt zu diesem Bild:

Das Bild wurde im November aufgenommen. Es war eine faszinierende Stimmung und die Spiegelungen sowie das diffuse Licht durch den Nebel fand ich sehr reizvoll. Letztlich kam an einigen Stellen sogar die Sonne durch. Das Bild ist leicht bearbeitet, d.h. der Horizont ist leicht begradigt worden und der Kontrast wurde erhöht. Ich würde mich sehr über Eure Meinung zu diesem Bild freuen.

Transkript folgt unten.

Kamera: Canon EOS 60D Aufnahmedaten: 1/400s bei Blende 10/1 mit 72/1mm Brennweite und ISO 100

Kamera: Canon EOS 60D Aufnahmedaten: 1/400s bei Blende 10/1 mit 72/1mm Brennweite und ISO 100

Einleitende Bemerkungen

Markus Burckhardt aus Icking schreibt zu diesem Bild, das er uns unter dem Titel „Nebel am See“ eingereicht hat:

„Das Bild wurde im November aufgenommen. Es war eine faszinierende Stimmung und die Spiegelungen sowie das diffuse Licht durch den Nebel fand ich sehr reizvoll. Letztlich kam an einigen Stellen sogar die Sonne durch. Das Bild ist leicht bearbeitet, d.h. der Horizont ist leicht begradigt worden und der Kontrast wurde erhöht. Ich würde mich sehr über Eure Meinung zu diesem Bild freuen.“

EXIF-Daten

Laut EXIF wurde das Foto mit einer Canon EOS 60D aufgenommen. Die Verschlußzeit betrug 1/400s bei einer Blende von 10 und einer Brennweite von 72 mm. Der ISO war auf 100 eingestellt.

Nachbearbeitet wurde das Bild in PhotoScape. Mittels dieser kostenlosen Software kann man viele Korrekturen an der Aufnahme vornehmen, und auch relativ unkompliziert beispielsweise mehrere Fotos zu Collagen kombinieren.

Ich habe mir dieses Bild ausgesucht, weil es nicht nur ein beliebtes Motiv ist – ich selbst fotografiere auch sehr gerne Spiegelungen dieser Art – sondern auch, weil es Anlaß zu ein paar Anregungen gibt, die sich sehr gut in einem Video umsetzen lassen.

Komposition

Analysiert man die Komposition näher, stellt man fest, daß die Halme links, die ja der Hauptgegenstand des Bildes sind, sowohl aus dem Goldenen Schnitt als auch der Drittelregel heraus verschoben sind.

Hier das Foto mit Goldenem Schnitt, rosa überlagert, und hier mit Drittelregel, in grün.

Vielmehr liegen die Halme horizontal fast perfekt in der Bildmitte, was ich mit hellblauen Linien verdeutlicht habe. Man sieht so auch sehr gut, daß sie sich komplett in der linken Bildhälfte befinden, aber dazu komme ich gleich noch.

Der natürliche Horizont, als Linie gelb eingeblendet, sieht so aus, und die imaginären Spiegelachsen in rot.

Legt man alles zusammen gleichzeitig darüber, sieht man, daß der natürliche Horizont praktisch perfekt im oberen Teil der Drittelregel verläuft.

Änderungsvorschläge

Zuviel Negativer Raum rechts

Die Linien, die die Schilfhalme optisch bilden, verlaufen wie die Orgelpfeifen von links nach rechts erst abfallend, dann leicht aufsteigend. Hier befindet sich das visuelle Interesse.

Der negative Raum rechts ist jedoch so gewichtet, daß die Aufnahme sich in zwei unterschiedliche Bilder teilt – links das Schilf, rechts nichts. Für mich trägt er nicht unbedingt zur Bildaussage bei, ich würde die Komposition daher verdichten.

Man kann natürlich argumentieren, daß der große, negative Raum rechts die Verlorenheit der Szene unterstreicht. Wenn das Foto also so gefällt, kann man es natürlich so lassen, wie es ist.

Raum zum Atmen

Mir ist aber links im Bild auf jeden Fall zu wenig Raum zum Atmen, und ich hätte die Szene daher bereits so eingefangen, daß dort mehr Platz ist. Im Nachhinein kann man nur noch digital dort etwas hinkleben.

Das habe ich in Photoshop getan, mir allerdings nicht die Mühe gemacht, die Artefakte vollkommen zu vertuschen. Man sieht also noch recht gut, daß ein Streifen kopiert und dann vervielfältigt wurde. Mit einem verstärkten Einsatz des Klon-Stempels ließe sich das entsprechend beheben, aber es ist auf keinen Fall ideal. Der einzige Grund, warum es hier einigermaßen glaubhaft werden kann, ist, daß das Wasser und der Himmel jeweils einen beinahe einheitlichen Hintergrund bilden. In PhotoScape wäre das höchstwahrscheinlich ihrer Webseite nach zu urteilen auch möglich gewesen.

Weiterhin werde ich den von mir angeregten Beschnitt zuende führen, damit Ihr Euch ein Bild davon machen könnt, wie es ausgesehen hätte.

Beschnittvorschlag

Jetzt, da das Foto links mehr atmen kann, ist die nächste Frage, in welchem Seitenverhältnis beschnitten werden sollte. Drei Beschnittvarianten im Vergleich.

Erst 3 zu 2, dann 4 zu 3, und zu guter Letzt noch 1 zu 1.

Ich tendiere eher zu einem Beschnitt im Verhältnis 4 zu 3, habe mich jedoch schlußendlich für quadratisch entschieden. Irgendwie paßt das für mich besser, aber es ist, wie die Entscheidung für einen Beschnitt überhaupt, Geschmackssache.

Endergebnis: Komposition verdichtet

Das Endergebnis würde dann so aussehen.

Jetzt ist die Komposition verdichtet, und das Foto hat links mehr Raum zum Atmen.

5 Kommentare
  1. Chilled Cat
    Chilled Cat sagte:

    Wenn Nebel das Motiv sein soll, dann würde ich die linke Hälfte des Bildes abschneiden und nur den rechten Teil verwenden.

    Das originale Bild wirkt auf mich schlecht ausbalanciert, das Verhältnis zwischen dem leeren Raum rechts und den Halmen passt nicht. Daher würde ich mir, wie Sophie auch, mehr leeren Raum am linken Bildrand wünschen.

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  2. Treb
    Treb sagte:

    Mir persönlich gefällt das Ausgangsbild am besten. Nach der ganzen Beschnittorgie wird ein Motiv in den Vordergrund gestellt, das eigentlich (vermutlich) gar nicht das Motiv ist. Mit Nebel verbindet man einerseits Stille als auch die nicht-sichtbare Weite. Sehe ich das Ursprungsbild, denke ich an ein Ruderboot, das flüsterleise in das Nichts des Nebels gleitet, vorbei an den Halmen, auf den fast unendlichen See.
    Nach dem Beschnitt (in der 1:1-Variante) denke ich an an Graffity auf irgendeiner Hauswand und muss erst einmal raten, was wirklich dargestellt wird.

    Antworten
    • Sofie Dittmann
      Sofie Dittmann sagte:

      Daß ein Beschnitt hier Diskussionssache und eben vom persönlichen Geschmack abhängig ist, spreche ich ja auch an. Was ist für DICH die Bildaussage? So beschneidest Du dann – oder auch nicht.

    • Tilman
      Tilman sagte:

      Interessant! Sowohl die Besprechung als auch die Kommentare. Ich kann den Beschnitt von Sofie verstehen, aber auch für mich ist es dann ein anderes Bild. Wie Treb denke ich, dass es mehr auf die gesamtheitliche Stimmung ankommt, nicht auf das Abbilden des Schilfs. Für mich fehlt dem Bild vor allem oben Platz zum Atmen. Habe das mal schnell (zu schell!) versucht zu verdeutlichen (Bild beigefügt).
      MfG, Tilman

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