Vogelfotografie Albatrosse: Im Gleichflug

Redundanz ist auch in der Tierfotografie ein tolles Stilmittel. Bedingung ist ein sehr bewusster und sorgfältiger – und bisweilen auch durch Glück perfektionierter – Einsatz der Schärfentiefe.

Vogelfotografie: Zwei Albatrosse

NIKON D5 Aufnahmedaten: 1/80s bei Blende 4.5 mit 400mm Brennweite und ISO 100 © Andreas Kleinkauf

Andreas Kleinkauf aus Beijing, Chaoyang District, P.R. China – Royal Albatross Centre, Dunedin (NZ)

Vögel im Flug stellen Fotografen vor ganz spezielle Herausforderungen: Man will ja nicht nur das isolierte Tier in der Luft inszenieren, sondern auch die Landschaft darunter. Das gelingt hier gut – dafür geht ein anderer Aspekt ein wenig schief.

Albatrosse – meinem geringen Wissen aus Tierfilmen gemäss die majestätischsten Segler, die zugleich absolut tölpelhaft starten und landen (was mit ihrer schieren Grösse zusammenhängt). Diese Vogelfotografie zeigt zwei Exemplare im An- oder Vorbeiflug an der Position des Fotografen, wahrscheinlich beim Soaren an der Küste. Die beiden leicht versetzt hintereinander fliegenden Vögel fliegen in derBildmitte. Im untersten Drittel der Aufnahme ist das Meer mit einem gerade noch zu ahnenden Festland in der Ferne zu sehen; im unteren rechten Bildteil schiebt sich ein goldgelber Keil aus Grashalmen ins Bild, die dicht vor dem Fotografenstandort stehen.

Technisch gesehen scheint die Aufnahme ein klein wenig unterbelichtet, wie es bei automatischer Belichtung mit Meer und Himmel rasch der Fall ist, weil die Kamera einen Durchschnittswert als Massstab anwendet, der hier an Helligkeit übertroffen wird. Das lässt sich meistens in Lightroom sehr leicht korrigieren. Du hast mit der grössten Tele-Länge deines Objektivs von 400mm fotografiert und dabei eine weit offene Blende von 4.5 verwandt, was trotz der gerignen Empfindlichkeit von 100 ISO für eine 80stel Sekunde gereicht hat.

Vergrössert: Unschärfe im hinteren Tier

Vergrössert: Unschärfe im hinteren Tier

Das allerdings ist ein Risiko, auch bei einem Tele mit Bildstabi: Die alte Faustregel, wonach man eine Belichtungszeit in Hundertstel Sekunden der Millimeter-Brennweite des Objektivs entsprechen müsse (hier also eigentlich 1/400Sekunde) ist zwar dank der Stabilisatoren obsolet. Damit kann man aber immer noch nur die Verwackelung des Bildes verhindern, Bewegungsunschärfe der Objekte im Motiv dagegen tritt nach wie vor auf.

Hier scheint es sich aber in der leichten Unschärfe des hinteren der beiden Vögel um die Schärfengrenze des Objektivs und nicht um Bewegung zu handeln. Anders gesagt: Wahrscheinlich wäre es möglich gewesen, beide Tiere in die Schärfe zu kriegen. Dazu wäre aber eine etwas geschlossenere Blende und damit eine längere Zeit nötig gewesen – oder aber eben eine höhere Empfindlichkeit, und bei 100 ISO hättest Du da doch noch einigen Spielraum gehabt.

Wenn wir zunächst die Komposition ansehen ist zu bemerken, dass eine Redundanz des Motivs ein reizvolles Stilmittel sein kann, um einerseits die Aufmerksamkeit der Betrachter auf das Objekt zu lenken und andererseits dem Bild Tiefe zu verleihen: das besonders dann, wenn das wiederholte Motiv einmal im Schärfebereich liegt und einmal weit dahinter.

California Poppy Blumenfoto

California Poppy in Redundanz © Peter Sennhauser

Am besten lassen sich solche Bilder natürlich mit stillstehenden Objekten wie Blumen realisieren, ich habe hier einmal die California Poppy und eine Rhododendron-Blüte im Wald mit solchen Wiederholungen aufgenommen.

Rhododendronblüten im kalifornischen Küstenwald

Rhododendronblüten im kalifornischen Küstenwald © Peter Sennhauser

Wie gesagt: Mit Stativ und einem Haufen Zeit ist das wesentlich einfacher als bei Tieren, die sich noch dazu in Bewegung befinden.

Was ich allerdings auch an der Küste Kaliforniens gelernt habe ist, dass gerade Vögel sich in wiederkehrenden Mustern bewegen. Ich hatte Gelegenheit, das an Pelikanen zu lernen, die einerseits in langen, gleichmässigen Zügen die Küste hochfliegen und andererseits sozusagen im Schwarm fischen. Dabei wiederholen sich die Abläufe so, dass man sich als Fotograf langsam an das optimale Framing und die richtigen Blenden- und Zeiteinstellungen herantasten kann.

[bildkritik]

Allerdings habe ich es auf relativ grosse Distanz zu den Pelikanen vorgezogen, beide Tiere in den Schärfenbereich zu bringen. Das ist hier bei zwei Pelikanen, die sich gleich in den Fischschwarm stürzen, gut gelungen.

Pelikane beim Fischen

Pelikane beim Fischen, Insel und Wasserhorizont schaffen Raum © Peter Sennhauser

Leider habe ich kein Beispiel gefunden, in dem es mir gelungen ist, ungefähr Deine Komposition mit einem scharfen und einem unscharfen Tier hinzukriegen – versucht habe ich es allerdings, denn die Vögel kamen jeweils im Zug die Küste hoch genau auf meinen Standort auf einer Klippe zugeflogen.

Was hättest Du also anders oder besser machen können? Nun, entweder mit einer etwas mehr geschlossenen Blende und dafür deutlich höherer Empfindlichkeit alle Vögel in den Brennpunkt bringen. Zugleich wäre dadurch der Hintergrund etwas deutlicher geworden und hätte dadurch wiederum für Tiefe gesorgt. Denn jetzt ist er kaum erkennbar.

Oder aber du hättest auf ein Vogelpaar gewartet, das sich ein bisschen besser voneinander abhebt und einen geringfügig grösseren Abstand hatte, so dass das hintere Tier deutlich erkennbar unscharf und nicht vom vorderen überdeckt wäre.

Die kleinen Unschärfen, nehme ich allerdings an, sind Dir unterwegs gar nicht aufgefallen. Und das ist etwas, was man immer besser machen kann: Es lohnt sich, auf dem Monitor der Kamera das gerade so toll gelungene Bild in Vergrösserung anzusehen und die Kanten der Motive zu prüfen. Schon oft habe ich so ein fast gelungenes Bild nochmals machen und damit in ein gelungenes überführen können.

3 Kommentare
  1. Jens Rusch
    Jens Rusch sagte:

    Guter Tipp! Das Thema Redundanz hatte ich in diesem Zusammenhang noch nicht so auf dem Schirm, es ist aber eine interessante Anregung, die sich zum Glück auch relativ unkompliziert umsetzen und ausprobieren lässt. Wahrscheinlich werde ich aber auch erst einmal mit Blumen und Stativ üben, bevor ich mich an fliegende Vögel heranwage. 

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  2. Werner
    Werner sagte:

    Also, aus meiner Sicht ist das einzige Manko, dass der vordere Vogel nicht so richtig scharf abgebildet ist. Dass alles andere in (leichter) Unschärfe verschwindet, stört mich nicht. Auch die Belichtung finde ich voll OK, hätt´ ich auch so gemacht.
    PS – die Pelikane in Angriffsposition von Peter sind natürlich eine Klasse eindrucksvoller.

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  3. Kai
    Kai sagte:

    Redundanz als Stilmittel ist eine coole neue Idee für mich. Das eignet sich bestimmt nicht nur für Tier- oder Natur-Fotografie. Danke für den Tipp!

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