Zerschossenes Peace-Auto: Zusammenhänge zeigen

Was für den Fotografen klar ist, weil er am Ort der Aufnahme war, muss sich dem Betrachter seines Bildes nicht unbedingt erschliessen. Dies ist so ein Beispiel, in welchem die Aussage ohne Worte stärker hätte rübergebracht werden können.

Florian Ullbrich - Schiessplatz
Leserfoto: Klick für Vollansicht (© Florian Ullbrich). – Nikon D70 – 1/125s – f/11 – ISO 400 – 18mm (27mm)

Kommentar des Fotografen:

Dieses demolierte Auto befand sich auf einer Schießbahn. Mein Auge wurde sofort von dem ironischen Kontrast zwischen den Einschusslöchern und dem „Peace“ Zeichen angezogen.

Profi Douglas Abuelo meint zum Bild von Florian Ullbrich:

Häufig passiert es uns, dass wir einen großartigen Moment sehen und fotografieren und später, wenn wir das Foto auf dem Bildschirm sehen oder als Abzug in der Hand halten, die Szene weit weniger spektakulär ist, als wir in Erinnerung haben:

Einen Moment für Außenstehende zu übertragen kann verzwickt sein, wenn man eine dreidimensionale Szene in ein zweidimensionales Bild packen muss.

Was ich als erstes sah, war ein altes, verrostetes Auto, das auf der Seite liegend abgestützt wird, keine Fenster hat und einen Schriftzug «peace« auf der Motorhaube trägt. Außerdem fielen mir gleich die schönen Nachmittagsfarben auf. Das war es auch schon.

Ziemlich unspektakulär, dachte ich. Nun, nachdem ich den Untertitel gelesen habe, verstehe ich die Relevanz des Friedenszeichens. Dies ist ein Auto, das die Bundeswehr für Schießübungen benutzt. Die Löcher stammen von Gewehrkugeln, und der Fotograf wollte diesen Kontrast zwischen dem Friedenszeichen und den Einschusslöchern zeigen.

Leider glaube ich, dass genau dieser Kontrast für den Betrachter nicht gut erschlossen wird. Es wird einfach nicht klar, dass es sich um Einschusslöcher handelt. Wäre der Fotograf extrem nah an die Löcher herangegangen, wären sie eindeutiger identifizierbar, und der Kontrast zwischen ihnen und dem Friedenszeichen betont worden.

Abgesehen von Fotojournalisten sind Fotografen nicht zwingend der Authentizität der Situation verpflichtet. Wenn das Modifizieren einer Szene zu größerem Gefallen führt und das Foto stärkt, dann sollten wir uns nicht scheuen, es zu tun.

Hier hätte ich, wenn möglich, versucht, das Stück Holz im Vordergrund aus dem Weg zu schaffen. Natürlich steht Sicherheit an erster Stelle. Wäre das Entfernen des Balkens nicht möglich gewesen, ohne dass das Auto umfällt, hätten wir versuchen können, es zu unserem Vorteil zu verwenden. Wie ich immer sage lohnt es nicht, von einem umfallenden Auto erdrückt zu werden, um ein besseres Foto zu machen.

Florian Ullbrich schiessplatz neuWürden wir nah an die Motorhaube herangehen und ein hochformatiges Bild mit einem Objektiv größeren Weitwinkels machen, hätten wir ein Foto in interessanter Perspektive, das die beabsichtigte Botschaft besser herüberbrächte. Das mit grossem Aufwand erstellte Beispielbild (…) ist eine Annäherung an das, wovon ich spreche:

Was wir schließlich immer im Kopf haben sollten, ist, dass der Betrachter nicht am Aufnahmeort dabei war, und so eine andere Beziehung zur festgehaltenen Szene hat.

Setze Deinen Schwerpunkt auf die Elemente, die Deinen Botschaft klar übertragen und nutze dann die Vorzüge Deiner Kamera, um sie in einer interessanten zweidimensionalen Art abzulichten.

In der Rubrik «Bildkritik» analysieren Profi-Fotografen im Auftrag von fokussiert.com montags bis freitags jeweils ein Foto aus der Leserschaft.
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