Leica D-Lux 3 im Test: Scharfer Pfeffer, grobes Korn

Taugt die Leica D-Lux 3 als Zweitkamera für anspruchsvolle Fotografen? Uns hat sie im Bild-Test gleichermassen begeistert und enttäuscht. 16:9 Format und 28mm-Weitwinkel sind ein Gewinn für die von Superzooms geplagten Kompakten. Das Bildrauschen hingegen ist eine herbe Enttäuschung.

Test Leica D-Lux 3: Handling / Bildleistung / Fazit

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Unbearbeitetes RAW-Bild der Leica D-Lux 3 im 4:3-Format. Alle Fotos sind als JPG ohne Nachbearbeitung gespeichert und können per Mausklick in voller Auflösung geöffnet werden Vorsicht: Grosse Dateien!

Man sollte von einer zigarettenboxgrossen Kamera nicht zu viel erwarten, auch nicht, wenn Leica draufsteht. Denn an den physikalischen Gesetzen kann auch der renommierteste Linsenschleifer nichts ändern.

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JPG-komprimiertes Bild mit Standard-Korrekturwerten des Kamera-Prozessors.

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1:1 Vergrösserung: Die Rauschunterdrückung fordert ihren Tribut.

Aber er kann das Optimum aus den Gegebenheiten herausholen. Von denen gilt es bei Kompakt-Digitalkameras vor allem eine zu meistern: Die Lichtschwäche, die mit dem winzigen Sensor einhergeht. Je nach Priorität des Kameraherstellers wird sie verschlimmert oder in gewissen erträglichen Grenzen gehalten.

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Zwei „Kundenbedürfnisse“ haben bisher dafür gesorgt, dass in der Bauweise der meisten Kompakten die falsche Strategie verfolgt wurde: „Die Leute“ wollen Megapixel, und sie wollen – angeblich – Megazooms. Das Modelljahr 2006 wurde deswegen geflutet mit ultrakompakten Winzkameras mit 7 und mehr Megapixeln Auflösung und „Superzooms“ mit 10fach Vergrösserung.

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Getrieben wurde diese Entwicklung zu langen Brennweiten von der Technik – vom Cropping-Faktor der in der Fläche weiterhin schrumpfenden Sensoren: Dabei kommt es zu einer Art unfreiwilligem Vergrösserungseffekt. Weil die Sensoren grade der Kompaktkameras sehr viel kleiner sind als herkömmlicher Kleinbild-Film, bilden sie entweder nur einen Ausschnitt aus dem äquivalenten Kleinbild-Lichteinfall ab. Oder aber sie werden, um den gleichen Ausschnitt abzulichten, näher an die Linse gebaut: Bei den aktuellen kleinst-Sensoren sind weniger als 10mm Brennweite das gleiche wie beim Standard-Kleinbild ein Normalobjektiv mit 50mm. das Verführt die Hersteller dazu, Extrem „lange“ Brennweiten mit den beliebten Superzooms zu bauen – weil sie eben nicht lang sein müssen. „18fach-Vergösserung“ macht sich gut auf der Verpackung.

Dass die Fotografie unter diesem Fernrohr-Trend leidet, bemerken Kamerakäufer häufig erst, wenn sie in Räumen Gruppenbilder aufnehmen wollen – was mangels Weitwinkel nicht geht – oder wenn das gesamte Portfolio aus den hinlänglich bekannten extrem-Telefotos besteht.

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Das 16:9-Format ermöglicht ungewöhnliche Ansichten, vor allem im Zusammenspiel mit dem 28mm-weitwinkel.

Leicas D-Lux 3 ist hier eine angenehme Ausnahme. Ihr optisches Brennweitenspektrum reicht vom Weitwinkel mit 28mm (umgerechnet auf Kleinbild) bis zu einem gemässigten Tele von rund 112mm. Damit sind anständige Porträts eben so möglich wie spannende Weitwinkel-Aufnahmen, die zudem im 16:9-Seitenverhältnis ganz neue Perspektiven zulassen.

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Licht-Schatten Dynamik und Tiefenschärfe-Test: Kathy an der Clement-Street in San Francisco. Aufnahme mit 112mm-äquivalent, RAW unbearbeitet.

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Referenzbild, aufgenommen bei gleichen Einstellungen mit einer Nikon D200 und 18-200mm-Objektiv.

Allerdings verdirbt beim Tele mit dem Winzsensor eine weitere Einschränkung das Spiel. Die Tiefenschärfe ist nämlich direkt von der physikalischen Brennweite abhängig und lässt sich nicht „umrechnen“. Will heissen: Eine offene Blende – die dazu dient, den Schräfenbereich im Bild auf die Fokus-Ebene zu beschränken und davor- und dahinter liegende Bildteile in Unschärfe zu maskieren – bringt bei den extrem kurzen Umrechnungs-Brennweiten der Kleinsensoren deutlich weniger Unterschiede in der Tiefenschärfe.

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Ausschnitt aus der unbearbeiteten RAW-Aufnahme der Leica…

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..und zum Vergleich diejenige der Nikon D200. Beide bei ISO 200 und Blende 4,9 resp. 5.

Das schränkt den Gestaltungsspielraum des Fotografen doch arg ein. Während der Tiefenschärfe-Effekt bei Kleinbildkameras mit der Brennweite zunimmt, ist davon bei den Kompakten deutlich weniger zu spüren: Wo mit einer Spiegelreflex dank Tele-Aufnahme eine Bildebene deutlich in der Schärfe heraussticht, ist bei einer Kompakten bei äquivalenter Brennweite (dem gleichen Vergrösserungsfaktor) sehr viel mehr Tiefe des Bildes im Schärfebereich.

Das verdeutlicht das Bild von Kathy, das mit der D-Lux 3 und einer Nikon D200 bei vergleichbarer Vergrösserung geschossen wurde.

An diesem Nachteil der Kleinsensoren lässt sich nicht viel ändern. Man könnte es auch als Vorteil sehen, denn weil ihre Lichtempfindlichkeit ohnehin deutlich geringer ist als die der grösseren Sensoren, wie sie in den Spiegelreflex-Kameras verbaut werden, muss ohnehin meist mit weit offener Blende fotografiert werden. Die D-Lux 3 etwa liess mich im manuellen Betrieb von 2,8 nur auf 8 abblenden. Da kommt es nicht ganz ungelegen, dass die Tiefenschärfe in jedem Fall bestehen bleibt.

Der Gestaltungsfreiheit raubt dieser Umstand aber doch viel von den Möglichkeiten. Und auch wenn inzwischen Photoshop-Filter und Programme wie das (meiner Ansicht nach völlig vermurkste) PaintShop Pro 11 eine nachträgliche Anpassung der Tiefenschärfe per Mausklick erlauben: Das ist kein Ersatz für das Sehen im Feld, und nur zu oft entstehen damit Fotos mit völlig unnatürlicher DOF-Wirkung (Depth of Field, Tiefenschärfe).

Abgesehn von diesem grössten Manko stört an den Kompaktkameras ihre mangelnde Lichtstärke. Auch wenn die Hersteller hier mit Bildstabilisatoren und grossen Blenden den Nachteil zu verwischen suchen: Wenn der Sensor gleichzeitig kleiner und mit mehr Pixeln bestückt wird, steigt die Rauschgefahr enorm. Von „Rauschen“ spricht man, wenn Pixel im Bild zufällig völlig falsche Farben anzeigen, weil sie nicht ausreichend belichtet wurden – was besonders bei dunklen Flächen auffällt. Je kleiner der einzelne Bildpunkt auf dem Sensor und je dichter er am nächsten steht, umso stärker tritt das Rauschen auf – und beides ist für die Kleinstkameras mit ihren 8- und im Fall der D-Lux 3 sogar 10 Megapixeln unabdingbar.

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Nochmals vergrösserter Ausschnitt der Leica: Deutliches Rauschen schon bei ISO 200. Fairerweise ist anzumerken, dass sich die 10 Megapixel der D-Lux auf das Format 16:9 beziehen – im 4:3-Format handelt es sich um 7MP-Bilder.

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…im Vergleich zur Nikon D200.

„Glücklicherweise“ kann bei Digitalkameras die Empfindlichkeit des Sensors fast beliebig eingestellt werden. Beim der chemischen Fotografie musste dazu der richtige Film eingelegt werden: Je gröber das „Korn“ (die „Pixel), desto empfindlicher der Film und desto weniger Licht wurde benötigt. Nur sorgt leider die Steigerung der ISO-Zahl, welche viele Kamerahersteller als Zaubermittel gegen lange Verschlusszeiten anpreisen, ebenfalls für eine Steigerung des Bildrauschens.

Immerhin lässt sich dies vom Hersteller mit der Bauweise und der Software, welche die Bilder in der Kamera nachbearbeitet, etwas beeinflussen.

Ernsthafte Fotografen werden aber eine Leica D-Lux 3 grade wegen ihrer Fähigkeit als Zweitkamera ins Auge fassen, unmanipulierte und unkomprimierte „RAW“-Fotos auszugeben. Und meine Erfahrung mit der Kleinen waren diesbezüglich ernüchternd: Auf den RAW-Bildern ist das Rauschen ab ISO 400 kaum mehr erträglich, in den vom Kamera-Prozessor nachbearbeiteten JPG-Aufnahmen führt die Entrauschung zu einem Effekt, der die Bilder in der Vergösserung wie Aquarelle aussehen lässt, weil ganze Flächen in die gleichen Farbwerte getaucht werden.
[postlist „Leica D-Lux 3“]

6 Kommentare
  1. Harald
    Harald sagte:

    Da bin ich mit meinen Praktica MTL doch auf der richtigen Seite – zwischen 20 und 28 Jahre alt und kein kein bißchen müde…
    Wer braucht schon „digital“, wenns nicht gerade um Makro’s geht?

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  2. Peter Sennhauser
    Peter Sennhauser sagte:

    Klar, neben den technischen Daten spielen Haptik und sogar das Aussehen auch eine Rolle. Aber seit mir der Tiefenschärfe-Effekt bewusst geworden ist, mag ich eigentlich gar nicht mehr an eine Kompakte denken. Ich werd mir für den Sonntagsspaziergang wohl eher eine kleine SLR zulegen. Wolf hat ja schon mal die Olympus-Modelle behandelt, die wir hier nächstens etwas eingehender vorstellen werden.

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  3. Pierre
    Pierre sagte:

    Hallo Pit
    ja so ist das mit den Kleinen, Profikameras sind es nicht, auch wenn ich mir das schon wünschen würde, aber das gute Foto lebt ja zum Glück nicht vom geringen Rauschen in der Monsterauflösung allein. Fand die Ausführungen aber über Tiefenschärfe sehr aufschlussreich, macht doch dieses Gestaltungselement viele Portrait / räumlich gestaltete Fotos rasch professioneller. Tatsächlich schade, dass da der Gestaltungsspielraum eingeschränkt ist. Auch ich sehe als Ricoh Caplio R6 (28-200mm, tolle Belichtung/Farben, antishake) user die weiteren Nachteile (Rauschen, langsamer AF in schwachem Licht), aber ich hab sie viel öfter dabei als die SLR und die Bildabzüge (mit vernünftigen Einstellungen) sind in kleineren Formaten allesamt sehr ok. Hab sie also trotzdem gekauft, auch wenn mir viele Tests wegen dem „ollen“ Rauschen beinahe verunmöglicht haben, die richtige Wahl zu treffen. Da wären ja eigentlich die Fujis erste Wahl, aber die Haptik dieser Kameras, die Belichtung und der Farboutput konnte mir einfach nicht gefallen.

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