Die Gewinner des Swiss Press Photo: Ein Leintuch und mehr

Ein Pressefoto, auf dem das Subjekt des Interesses gar nicht zu sehen ist: Es gewinnt den ersten Preis der Stiftung Reinhardt von Graffenried als bestes Schweizer Medienbild des Jahres 2016. Das Bild eines Leintuchs ging um die Welt.

Zurich, 27.05.2015 Several top FIFA officials are being arrested by Swiss authorities, outside the five-star hotel "Baur au Lac" in Zurich, Switzerland, early Wednesday morning, May 27th 2015 Photo by Pascal Mora

Zurich, 27.05.2015 Mehrere Top-FIFA-Funktionäre werden durch die Schweizer Behörden verhaftet. Swiss Press Photo / © Pascal Mora

Man darf darüber streiten, ob es nun ein gutes Bild ist oder nicht – aber die Frage stellt sich in diesem Fall nicht in künstlerischer Hinsicht, sondern in journalistischer. Wir in unserer Ecke der Fotografie würden deshalb vielleicht die Ansprüche an das anwenden, was wir «Streetphotography» nennen, aber vor einem anderen Hintergrund.

Diese Aufnahme, deren Leistung im wesentlichen darin besteht, dass der Fotograf Pascal Mora zum richtigen Zeitpunkt (frühmorgens) am richtigen Ort (im Zürcher Nobelhotel Baur au Lac) war, erzählt den Anfang einer Geschichte: Den des Zusammenbruchs der Spitze des Weltfussballverbands Fifa. Denn hinter dem Leintuch werden auf Rechtsbegehren amerikanischer Behörden Funktionäre der Fifa verhaftet, denen Korruption vorgeworfen werden soll. Angestellte des Hotels schirmen sie vor dem Fotografen ab, der aufgrund eines Tipps und mit dem Auftrag der New York Times vor Ort war.

Der Informationswert der Fotografie verliert zwar durch das Leintuch etwas, denn die verhafteten Personen und namentlich ihre Emotionen bleiben verborgen. Aber zusammen mit dem Ladenschild «Vanity» – «Eitelkeit» im Hintergrund gewinnt das Versteck-Leintuch doch eine Symbolhaftigkeit, welche die gesamten Vorgänge rund um die höchst umstrittene Fifa-Spitze bestens illustriert.

Pascal Mora ist ein vielseitiger Pressefotograf, dessen Arbeit sich weit über Schweizer Themen hinaus bewegt.  Er hat unter anderem in mehreren Fotoreportagen die Entwicklungen in Ägypten begleitet und in jüngster Zeit die Flüchtlingstragödie an der europäischen Ostgrenze.

Den zweiten Platz in der Kategorie Einzelbild des wichtigsten Schweizer Medienpreises belegt der Keystone-Photograph Jean-Christophe Bott mit einer Aufnahme des amerikanischen Aussenministers John Kerry anlässlich der Nuklearverhandlungen rund um Iran in Montreux am Genfer See. Hier liegt der Reiz am Bild in der Isoliertheit des Mannes, der von Leibwächtern umgeben dahinschreitet.

U.S. Secretary of State John Kerry, center, walks as he takes a break for the lunch time after a bilateral meeting with Iranian Foreign Minister Mohammad Javad Zarif (not pictured) for a new round of Nuclear Iran Talks, in Montreux, Switzerland, Tuesday, March 3, 2015. (KEYSTONE/Jean-Christophe Bott)

US-Staatssekretär John Kerry, Mitte, spaziert während einer Mittagspause nach einem bilateralen Treffen mit dem iranischen Aussenminister Mohammad Javad Zarif (nicht im Bild) am 3. März 2015 durch  Montreux. (Swiss Press Photo / KEYSTONE / © Jean-Christophe Bott)

Für die Tessiner Zeitung «La Regione» hat Pablo Nadir Yannik Gianinazzi aus Campestro das Pressebild geschossen, das auf dem dritten Platz gelandet ist: «In tasca un Sogno» ist das Bild eines Asylbewerbers, der grade im Süden in die Schweiz gelangt ist und «in der Tasche einen Traum» hat – hier bleiben und in Frieden leben zu dürfen.

Chiasso: Ein Flüchtling während der Durchsuchung durch einen Schweizer Grenzwächter am «Bahnposten Region 4» © KEYSTONE / Ti-Press / Pablo Gianinazzi / Swiss Press Photo

Chiasso: Ein Flüchtling während der Durchsuchung durch einen Schweizer Grenzwächter am «Bahnposten Region 4» © KEYSTONE / Ti-Press / Pablo Gianinazzi / Swiss Press Photo

In der Kategorie «Alltag» hat der Architekt und Fotograf Kaspar Thalmann aus Uster mit der Bildeserie «…oder das Tal verlassen» über den Lawinenschutz in St. Antönien den ersten Preis errungen. Erschienen sind die Bilder im Fotoblog des Zürcher Tagesanzeigers unter dem Titel «Die Abschaffung des Weissen Todes».

Die Abschaffung des Weissen Todes - Lawinenverbauungen über St. Antönien. © Kaspar Thalmann / Swiss Press Photo

Die Abschaffung des Weissen Todes – © Kaspar Thalmann / Swiss Press Photo

© Kaspar Thalmann / Swiss Press Photo

Lawinenverbauungen über St. Antönien. © Kaspar Thalmann / Swiss Press Photo

«Beten bis zum Umfallen» heisst die Serie, die den ersten Preis in der Kategorie Schweizer Geschichten errungen hat: Fotograf Daniel Rihs hat darin einen eritreisch-orthoddoxen Gottesdienst wiedergegeben.

Buchs, 15.8.2015. Eritreisch-orthodoxer Gottesdienst in der refomierten Kirche von Buchs AG. Foto: Daniel Rihs / 13 Photo

Buchs, 15.8.2015. Eritreisch-orthodoxer Gottesdienst in der refomierten Kirche von Buchs AG. Foto: Daniel Rihs / 13 Photo

Buchs, 16.8.2015. Eritreisch-orthodoxer Gottesdienst in der refomierten Kirche von Buchs AG. Foto: Daniel Rihs / 13 Photo /Swiss Press Photo

Buchs, 16.8.2015. Eritreisch-orthodoxer Gottesdienst in der refomierten Kirche von Buchs AG. Foto: Daniel Rihs / 13 Photo /Swiss Press Photo

Mit diesem Bild von Claire Parkes-Bärfuss für das Schweizer Migros-Magazin gewinnt Mara Truog den ersten Preis in der Kategorie Porträt.

Claire Parkes Bärfuss

Claire Parkes Bärfuss, © Mara Truog / Swiss Press Photo

Spektakulär das Siegerbild in der Kategorie Sport: Ein Sturz auf der Bob-Bahn von St. Moritz, fotografiert von Arnd Wiegmann.

An unidentified rider falls into straw as he fails to pass Shuttlcock Corner during a practice at the natural ice run of the Cresta Run in the Swiss mountain resort of St. Moritz February 6, 2015. The private St. Moritz Tobogganing Club (SMTC), with its world-wide membership, was founded in St Moritz 1887. The natural ice run starts in St. Moritz and winds its way down a valley to what was the village of Cresta, but which now forms part of the village Celerina. It is approximately 3/4 mile (1,212m) in length with a drop of 514 feet (157m) and has to be built new every year from snow and water. REUTERS/Arnd Wiegmann (SWITZERLAND)

Unidentifizierter Teilnehmer eines Trainingslaufs am Cresta-Run, der Natureis-Bob-Bahn in St. Moritz, stürzt in der Shuttlcock-Kurve. © REUTERS/Arnd Wiegmann / Swiss Press Photo

Grosse Klasse finde ich ganz persönlich die Serie von Skirennfahrern von Kollege Christoph Ruckstuhl von der Neuen Zürcher Zeitung: Hier werden Skirennfahrer in ihren bunten Dresses dank Bewegungsunschärfe zu abstrakten Figuren. Sie brachten Christoph den zweiten Platz in der Kategorie Sport der Swiss Press Photo Awards. Die Geisterfahrer der anderen Art vom Lauberhorn (Lauberhornabfahrt vor der Unterführung):

Die Geisterfahrer der anderen Art vom Lauberhorn (Lauberhornabfahrt vor der Unterführung). Adrien Theaux /Frankreich

Adrien Theaux /Frankreich © Christoph Ruckstuhl / Swiss Press Photo

Die Geisterfahrer der anderen Art vom Lauberhorn (Lauberhornabfahrt vor der Unterführung). Christof Innerhofer /Italien

Christof Innerhofer /Italien  © Christoph Ruckstuhl / Swiss Press Photo

Die Geisterfahrer der anderen Art vom Lauberhorn (Lauberhornabfahrt vor der Unterführung). Romed Baumann /Oesterreich

Romed Baumann /Oesterreich  © Christoph Ruckstuhl / Swiss Press Photo

Fotojournalist mit Wohnsitz Kiev in der Ukraine, stammt  Niels Ackermann aus Conches in der Westschweiz. Mit  seiner Reportage «Les Enfants de Tchernobyl sont devenues », «Die Kinder von Tschernobyl sind gross geworden», hat er den ersten Preis in der Kategorie Ausland gewonnen.

Yulia and a friend are coming back from wakeboard on the Dniepr. They decided to sit on the boat pulled on a trunk.

Julia und ein Freund auf dem Rückweg vom Wakeboarden auf dem Dnepr. © Niels Ackermann / Swiss Press Photo

Radioaktiv verseuchtes Feld beim ehemaligen Reaktorgelände von Tschernobyl © Niels Ackermann / Swiss Press Photo

Radioaktiv verseuchtes Feld beim ehemaligen Reaktorgelände von Tschernobyl © Niels Ackermann / Swiss Press Photo

Nadja hätte eigentlich bald Kiril heiraten sollen, aber die Hochzeit platzte zwei Wochen vor dem Termin. © Niels Ackermann / Swiss Press Photo

Nadja hätte eigentlich bald Kiril heiraten sollen, aber die Hochzeit platzte zwei Wochen vor dem Termin. © Niels Ackermann / Swiss Press Photo

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