Die Gewinner des Swiss Press Photo: Ein Leintuch und mehr
Ein Pressefoto, auf dem das Subjekt des Interesses gar nicht zu sehen ist: Es gewinnt den ersten Preis der Stiftung Reinhardt von Graffenried als bestes Schweizer Medienbild des Jahres 2016. Das Bild eines Leintuchs ging um die Welt.
Man darf darüber streiten, ob es nun ein gutes Bild ist oder nicht – aber die Frage stellt sich in diesem Fall nicht in künstlerischer Hinsicht, sondern in journalistischer. Wir in unserer Ecke der Fotografie würden deshalb vielleicht die Ansprüche an das anwenden, was wir «Streetphotography» nennen, aber vor einem anderen Hintergrund.
Diese Aufnahme, deren Leistung im wesentlichen darin besteht, dass der Fotograf Pascal Mora zum richtigen Zeitpunkt (frühmorgens) am richtigen Ort (im Zürcher Nobelhotel Baur au Lac) war, erzählt den Anfang einer Geschichte: Den des Zusammenbruchs der Spitze des Weltfussballverbands Fifa. Denn hinter dem Leintuch werden auf Rechtsbegehren amerikanischer Behörden Funktionäre der Fifa verhaftet, denen Korruption vorgeworfen werden soll. Angestellte des Hotels schirmen sie vor dem Fotografen ab, der aufgrund eines Tipps und mit dem Auftrag der New York Times vor Ort war.
Der Informationswert der Fotografie verliert zwar durch das Leintuch etwas, denn die verhafteten Personen und namentlich ihre Emotionen bleiben verborgen. Aber zusammen mit dem Ladenschild «Vanity» – «Eitelkeit» im Hintergrund gewinnt das Versteck-Leintuch doch eine Symbolhaftigkeit, welche die gesamten Vorgänge rund um die höchst umstrittene Fifa-Spitze bestens illustriert.
Pascal Mora ist ein vielseitiger Pressefotograf, dessen Arbeit sich weit über Schweizer Themen hinaus bewegt. Er hat unter anderem in mehreren Fotoreportagen die Entwicklungen in Ägypten begleitet und in jüngster Zeit die Flüchtlingstragödie an der europäischen Ostgrenze.
Den zweiten Platz in der Kategorie Einzelbild des wichtigsten Schweizer Medienpreises belegt der Keystone-Photograph Jean-Christophe Bott mit einer Aufnahme des amerikanischen Aussenministers John Kerry anlässlich der Nuklearverhandlungen rund um Iran in Montreux am Genfer See. Hier liegt der Reiz am Bild in der Isoliertheit des Mannes, der von Leibwächtern umgeben dahinschreitet.
Für die Tessiner Zeitung «La Regione» hat Pablo Nadir Yannik Gianinazzi aus Campestro das Pressebild geschossen, das auf dem dritten Platz gelandet ist: «In tasca un Sogno» ist das Bild eines Asylbewerbers, der grade im Süden in die Schweiz gelangt ist und «in der Tasche einen Traum» hat – hier bleiben und in Frieden leben zu dürfen.
In der Kategorie «Alltag» hat der Architekt und Fotograf Kaspar Thalmann aus Uster mit der Bildeserie «…oder das Tal verlassen» über den Lawinenschutz in St. Antönien den ersten Preis errungen. Erschienen sind die Bilder im Fotoblog des Zürcher Tagesanzeigers unter dem Titel «Die Abschaffung des Weissen Todes».
«Beten bis zum Umfallen» heisst die Serie, die den ersten Preis in der Kategorie Schweizer Geschichten errungen hat: Fotograf Daniel Rihs hat darin einen eritreisch-orthoddoxen Gottesdienst wiedergegeben.
Mit diesem Bild von Claire Parkes-Bärfuss für das Schweizer Migros-Magazin gewinnt Mara Truog den ersten Preis in der Kategorie Porträt.
Spektakulär das Siegerbild in der Kategorie Sport: Ein Sturz auf der Bob-Bahn von St. Moritz, fotografiert von Arnd Wiegmann.
Grosse Klasse finde ich ganz persönlich die Serie von Skirennfahrern von Kollege Christoph Ruckstuhl von der Neuen Zürcher Zeitung: Hier werden Skirennfahrer in ihren bunten Dresses dank Bewegungsunschärfe zu abstrakten Figuren. Sie brachten Christoph den zweiten Platz in der Kategorie Sport der Swiss Press Photo Awards. Die Geisterfahrer der anderen Art vom Lauberhorn (Lauberhornabfahrt vor der Unterführung):
Fotojournalist mit Wohnsitz Kiev in der Ukraine, stammt Niels Ackermann aus Conches in der Westschweiz. Mit seiner Reportage «Les Enfants de Tchernobyl sont devenues », «Die Kinder von Tschernobyl sind gross geworden», hat er den ersten Preis in der Kategorie Ausland gewonnen.
Hinterlasse einen Kommentar
An der Diskussion beteiligen?Hinterlasse uns deinen Kommentar!