Leserfoto: (Fast) perfektes Pelikan-Portrait

Tiere wirken menschlich und deshalb können tiertische Portraits manchmal genauso faszinierend sein wie menschliche Gesichter – auch wenn die Bilder vielleicht zufällig entstanden sind.

Leserfoto: Klick für Vollansicht (© Michael Höhne).

Kommentar des Fotografen:

Ich habe im Zoo mein Sigma 70-300 mal so richtig ausprobieren wollen, und viel Schrott fotografiert. Und da kam mir der Pelikan grad vor die Linse. Eigentlich eine Aufnahme im Querformat und Wasser im Hintergrund. Aber nach ganz wenigen Bearbeitungsschritten (Schatten/Lichter) und einem hochformatigen Beschnitt kam dieses Ergebnis heraus. Ich habe es direkt auf 50×70 vergrößern lassen und eingeramt und selbst da ist es noch supergut. Eigentlich nur schade, dass es nicht 100%ig symetrisch ist. Was meint Ihr? Gruß aus Westfalen Michael Höhne

Profi Robert Kneschke meint zum Bild von Michael Höhne:

Ich finde es immer sympathisch, wenn Menschen, auch Fotografen, Fehler zugeben können. Nicht jedes gelungene Foto ist das Ergebnis langer Planung, akribischer Vorbereitung und unendlicher Geduld, sondern manchmal ebenso schlicht wie ausreichend eine Kombination aus Glück und etwas Handwerk.

So auch bei diesem Foto eines Pelikans im Zoo von Michael Höhne. Beim bloßen Anblick des endgültigen Bildes ist kaum wahrzunehmen, dass der Fotograf eigentlich nur sein neues Objektiv testen wollte. Sollte sich wie angegeben tatsächlich Wasser im Hintergrund befunden haben, ist es auch beindruckend, wie grandios die Freistellung der Federn am Kopf des Pelikans gelungen ist. Hier würde ich gerne mal das unbearbeitete Originalfoto sehen.

Trotzdem, schön und gelungen ist das Foto aus einem ganz anderen Grund. Das Bild wirkt sehr ansprechend, weil der Vogel wie eine Person portraitiert wurde. Oder anders formuliert: Dieses Portraitfoto besticht durch sein tierische Exotik. Das menschliche Gehirn neigt dazu, alles in ihm verständliche Kategorien einzusortieren und dazu gehört auch, Tiere zu vermenschlichen. Wenn wir also das Gesicht eines Tieres sehen, vor allem dann, wenn die Augen wie hier direkt die Kamera fixieren, dann sprechen wir im menschliche Merkmale wie Gefühle und Absichten zu.

Der im Gefieder versteckte Schnabel könnte so entweder als schüchterne Geste gedeutet werden oder als vornehme Distanz, was hier angesichts der punkigen Frisur noch passender wäre. Mit etwas Fantasie wirkt es auch, als würde sich der Pelikan die Flügel vor das Gesicht halten. Weil etwas stinkt oder er sich vor etwas anderem schützen will, dem er furchtlos ins Gesicht blickt?

Das ist der Vorteil tierischer Portraits. Sie wirken menschlich genug, um Sympathie und Gefallen zu erzeugen, aber fremdartig genug, um viele verschiedene Interpretationen zuzulassen.

Winziger Kritikpunkt wären noch die leicht ausgerissenen weißen Stellen im Gefieder, vor allem rechts neben dem Kopf. Das hätte mit selektiver Belichtungskorrektur der RAW-Aufnahme vielleicht noch gerettet werden können. Abgesehen davon: Im wahrsten Sinne des Wortes „fabelhaft“.

In der Rubrik “Bildkritik” analysieren Profi-Fotografen im Auftrag von fokussiert.com montags bis freitags jeweils ein Foto aus der Leserschaft.
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