Leserfoto – Marcia Festosa: Totfotografiertes neu entdecken

Feiertage und Familienfeste führen regelmäßig zu einer Bilderschwemme in allen „sozialen Medien“. Ostereier, Weihnachtsbäume, Christkindlmarkt und rotbackige Kinder mit Geschenken – man hat bereits alles festgehalten, alles gesehen.

(c) Michael Skerwiderski

Es ist ja gar nicht so einfach interessante Bilder zur Weihnachtszeit zu machen. Ich meine mit diesem Bild ist es mir gelungen. Eigentlich wollte ich nur meine Tochter von weitem portraitieren, während sie gespannt dem Weihnachtsmusik-Orchester lauschte. Als ich durch den Sucher blickte, setzte ich den Fokuspunkt dann situativ woanders hin. Da es schon dämmerte und ich mit Offenblende fotografierte, brachten die Farben für mich wenig Mehwert. So habe ich das Bild in schwarz weiss umgewandelt. Über Feedback und Verbesserungsvorschläge würde ich mich sehr freuen,
Michael Skerwiderski.

Die Aufnahme entstand auf dem Weihnachtsmarkt Schloss Seefeld. Die Exif-Daten sind vollständig.

Trotz der Feiertagsbilderflut ist es Dir hier meines Erachtens gelungen, wenn auch nicht vollkommen geplant, einem alten Hut neues Leben einzuhauchen.

Das einzige, was in Deinem Foto scharf gehalten ist, sind die Noten des Stückes, das gerade gespielt wird. „Marcia Festosa“ als Titel allein suggeriert Blasmusik und festliche Stimmung. Dann entdeckt man im Hintergrund links verschwommen eine Person mit Taktstock und einem Nikolaushut, und schemenhaft irgendwelche Zuhörer. Rechts unten ein ebenfalls verschwommener Teil einer Trompete (?). Sofort kommt einem Bläserkonzert zur Weihnachtszeit in den Sinn.

Du hast hier als Stilmittel extreme Unschärfe/geringe Schärfentiefe eingesetzt, und durch die ausgeprägte Reduktion der gestalterischen Mittel eine einfache, effektive Bildaussage geschaffen. Meines Erachtens und wie von Dir erhofft ist es eine interessante Aufnahme zur Weihnachtszeit. Der verschwommene Hintergrund ist zugleich Kontext und negativer Raum, ohne den die Notenblätter selbst nicht die erwünschte Wirkung hätten. Das Blasinstrument rechts unten bildet den optischen Abschluß, so daß man ganz auf die Musik gelenkt wird. Daß Du die Noten aus dem Goldenen Schnitt heraus (blaue Linien) verschoben hast (rosa Linien), bringt eine gewisse Dynamik ins Foto. Ein Beispiel dafür, daß diese Regeln gekonnt gebrochen werden können.

Vergleichsfoto

Wenn es auch mittlerweile sehr gute Werkzeuge gibt, Bildrauschen bei ungünstigen Lichtverhältnissen zu beheben, hätte ich hier ebenfalls eine Schwarzweißumwandlung vorgenommen. Nicht nur, weil ich selbst ein großer Fan von guten Schwarzweißaufnahmen bin, sondern weil in der Tat die Farben in solchen Situationen nichts positiv zur Aufnahme beitragen. Durch das Monochrome gewinnt Dein Bild, denn das, was im Hintergrund als Farbkleckse wiedergegeben worden wäre, gibt jetzt den oben erwähnten Kontext und negativen Raum, ohne unnötige Ablenkung.

Ein für mich gekonnter Schnappschuß, den ich als Ausgangspunkt für weitere Aufnahmen nehmen würde, bei denen Du die hier zufällig entdeckten Elemente und Effekte bewußt weiterentwickeln und verfeinern kannst.

 

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