Buchrezension «Brooklyn Hipsters»: Der urbane Raum als Laufsteg

Wenn jeder seinen eigenen Trend pflegt, wird die Straße zur ständig wechselnden Modenschau. Vero Bielinski hat diese mit der Kamera in Brooklyn/New York eingefangen.

(c) Vero Bielinski

(c) Vero Bielinski

Level: Alle
Genre: Fotobuch
Benutzbarkeit*: 7
Preislevel**: €€
Ein Fotobuch, das durch seine Farbporträts besticht.
* 1 – eher nicht, 5 – geht so, 10 – super
** € (sehr billig) bis €€€€€ (überteuert)

„Brooklyn Hipsters“ ist das Werk der jungen Fotografin Vero Bielinski, konzipiert und angefertigt während ihres Praxissemesters in New York City. Die Idee zu dem Projekt bekam sie, weil in dem Viertel in Brooklyn, in dem sie lebte, täglich die Leute in diesem Buch, oder Leute wie sie, an ihr vorbeigingen, als seien sie auf einer Modenschau. „Strutting your stuff“, zu Deutsch: „zeigen, was man (drauf) hat“, nennt man das im Amerikanischen.

(c) Vero Bielinski

(c) Vero Bielinski

Sie spricht im Vorwort, ihrem Artist Statement, darüber, daß sie die Nähe zu den Menschen, die sie porträtiert, suche, ihre Geschichten erfahren wolle, und diese Gruppe von Leuten, die nach Individualität strebt, jedoch längst eine Uniform trägt, ist keine Ausnahme. Sie hat die Porträtierten auf der Straße angesprochen; teilweise sind auch Informationen zu den jeweiligen Personen hinten im Buch enthalten. Unverwandt schauen sie in die Kamera, kurz gestoppt von der Fotografin und ihrer Kamera auf dem Weg irgendwoher und irgendwohin.

Die dadurch entstandenen Porträts wirken direkt, spontan, und der Schnappschußcharakter, den sie haben, korreliert nicht nur mit der Schnelllebigkeit, mit diesem „Hit and Run“ des New Yorker Alltags, es unterstreicht auch sehr gut die der Modetrends, der Bielinskis Spontanmodelle anhängen. Diese präsentieren sie auf dem Laufsteg der Straße, einer Bühne mit ständig wechselnden Akteuren, Kostümen und Make-up.

Jeder pflegt zwar seinen eigenen, teilweise ziemlich ausgefallenen, Modetrend, aber immer wiederkehrend sind Second-Hand-Klamotten, teilweise der edelsten Sorte, Wollmützen, riesige Sonnenbrillen und dergleichen. Auch (blau) gefärbte Haare scheinen sehr trendy, und viele Tätowierungen. Was individuell erscheinen soll, wird so zur Uniform.

Da man ein Fotobuch dieser Art wegen der Fotos kauft, kann ich dieses vor allem, oder eigentlich nur, wegen der meines Erachtens sehr guten Farbporträts empfehlen. Die zwischen diese eingestreuten körnigen Schwarzweißbilder im „Film Noir“-Stil, ich hielt sie erst für eine Art Titelblatt für ein nachfolgendes Kapitel (was aber nicht der Fall war), hätte ich weggelassen. Wenn es auch gute Aufnahmen sind, passen sie nicht zu den anderen, tragen zur Geschichte nichts bei, und sie stören mich eher.

(c) Vero Bielinski

(c) Vero Bielinski

Wenn es Bielinskis Absicht gewesen sein sollte, den Betrachter ab und an visuell aufzurütteln, mag ihr das damit gelungen sein, aber die Schwarzweißaufnahmen machen für mich genauso wenig Sinn wie die scheinbar arbiträte Entscheidung für leere Seiten, die ebenfalls das Buch durchziehen, oder die schwer lesbare Schrifttype, in der das sehr lange und etwas konfus wirkende Vorwort gehalten ist.

Was sie aber geschafft hat, ist in der Tat, die von ihr festgehaltenen fotografischen Begegnungen so umzusetzen, daß man sich fast selbst hinter der Kamera wähnt, wenn man sie sieht, und die ein Gefühl dafür vermitteln, wie es wohl so ist, diese „Brooklyn Hipsters“ tagtäglich an einem vorbeiziehen zu sehen und zu denken, „Mann, sieht der/die COOL aus.“

(c) Vero Bielinski

(c) Vero Bielinski

(c) Vero Bielinski

(c) Vero Bielinski

Buchtitel: Brooklyn Hipsters

Autor: Bielinski, Vero

Verlag: Kerber

Erscheinungsjahr: 2015

ISBN: 978-3735601773

Listenpreis: [amazon 3735601774]Gebunden (29,95)[/amazon]

Genre: Fotobuch

Seitenanzahl: 144

Level: Alle

Über die Autorin: Die in Deutschland geborene Fotografin mit polnischen Wurzeln absolvierte 2013 ihr Kommunikationsdesign-Studium mit Schwerpunkt Fotografie am Fachbereich Gestaltung der Hochschule Darmstadt unter Professor Michael Kerstgens, einem ehemaligen „Stern“-Fotografen. Vero Bielinski lernte ebenfalls bei Honorarprofessorin Barbara Klemm.

Während ihres Studiums nahm sie jegliche Herausforderung an, um ihr Auge zu schulen und Inspiration zu erlangen. Im Auslandsstudium an der Akademie für Bildende Künste in Krakau vertiefte sie ihr Wissen und Können in Grafik und Malerei. In New York City war sie während Ihres Praxissemesters die Assistentin von Fotokünstler Ken Schles und durfte die Elite der Fotografen kennenlernen, unter anderen Robert Frank.

Sie reist viel um die Welt, um ihre Fotoprojekte zu erarbeiten. Vero Bielinski erhielt bereits zahlreiche Preise für ihre Arbeiten und konnte diese in vielen Ausstellungen zeigen. Seit 2012 arbeitet sie als freie Fotografin.


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