Canon Ixus 860 IS im Test (1/2): Kleiner Breitmaulfrosch

Canons Ixus 860 IS bietet mit Weitwinkel-Zoom und manuellen Einstellmöglichkeiten etwas von dem, was SLR-Besitzer von einer Kompakten als Zweitkamera verlangen. Und wenn schon Winz-Sensor, dann bitte in entsprechend winzigem Gehäuse.

Canon Ixus 860 IS (Powershot SD870 IS)

Canon Ixus 860IS: Eine der wenigen kleinen Kompakten mit einem Weitwinkel-Zoom. (Bild Canon)

Nach den eher ernüchternden Tests von „Kompaktkameras mit Anspruch“ habe ich mich entschieden, die von den Herstellern durch Winz-Sensoren diktierten Abstriche in Sachen Rauschen bei der Anschaffung einer Zweitkamera mit echter Kompaktbauweise zu kompensieren:

Wenn ich mich schon mit den Nachteilen der Miniaturisierung herumschlagen muss, dann soll aber wenigstens auch die Kamera wirklich klein sein.

Die Wahl fiel nach einigen Stunden herumfingern beim Kompakt-Fachhändler (sprich: Discounter) auf die Canon Ixus 860 IS (die in den USA in der Powershot-Reihe als Powershot SD870 IS läuft).

Im Vergleich zur minimalistischen Ixus 70 und zwei Modellen von Casio respektive Fuji mit vertikalem, innenliegendem Zoom setzte sie sich aus drei Gründen durch. Sie verfügt über einen optischen Bildstabilisator, vor allem aber über ein Zoom vom Kleinbildbereich 28 bis 105mm: Es handelt sich um eine der wenigen Kompakten mit Weitwinkel.

Der dritte Grund ist der tiefe Dollarkurs. Nachdem eine der Elektronik-Ketten hier in Kalifornien die Ixus 860IS für 300 statt 400 Dollar im Sonderangebot hatte (Listenpreis Canon Deutschland: 339 Euro, entspricht bei aktuellem Kurs 524 Dollar…), war die Entscheidung gefallen.

Canon Ixus 860 IS Rückseite
Die Rückseite der Canon Ixus 860 ISD besteht fast nur aus Monitor – und ein paar gut gewählten „hartverdrahteten“ Bedienelementen.

Diese Kameras sind KLEIN

Dem „Kleinheitsgebot“ fielen zwei weitere meiner alten Kamera-Anforderungen zum Opfer: Diejenige nach einem optischen Sucher und die nach austauschbarer Energieversorgung, sprich Akkuzellen.

Da sich aber schon der Sucher der Semiprofi-Kompakten Powershot G9 als unbrauchbar erwiesen hatte, kann ich darauf an der Ixus gerne verzichten; der fast die ganze Gehäuserückseite einnehmende 3Zoll-Monitor entschädigt dafür mit einem guten Bild. Dass er den kleinen Akku im Nu leersaugen würde, wie ich es befürchtet hatte, kann ich nicht bestätigen: Rund 200 Bilder (ohne Blitz) hielt das winzige Powerpack (1120 mAh) durch. Ein sehr akzeptabler Wert.

Und noch einen Nachteil birgt die Kleinheit dieser Knipsboxen. Sie sind allesamt nicht wirklich einfach in der Handhabung: Es gibt kaum Gehäusefläche, an der man sie richtig anfassen kann – das Gerät wird ständig mit spitzen Fingern berührt. Für jemanden, der üblicherweise mit einer kiloschweren Spiegelreflex inklusive Batteriegriff hantiert, ist das sehr gewöhnungsbedürftig.

Die Bedienelemente hingegen präsentieren sich so, „wie man das inzwischen gewohnt ist“, sprich in einer Drehschalter fürs Zoom, den wichtigsten Basisfunktionen in eigenen Knöpfen auf der Gehäuserückseite und auf einem Auswahl-Fünfwegeknopf sowie dem Menu.

Das Funktionsmenu der Canon Ixus 860 IS
Das Funktionsmenu der Canon Ixus 860 IS

Canons Spezialität sind allerdings die Fotofunktionen, die ein separates Menu im Aufnahmemodus am Bildrand anbietet. Es gibt den Bildmodus von automatisch über manuell bis zu Panorama-Überlappung oder eine der etwas gag-artigen Farbaustausch-Modi wieder, lässt die Einstellung von Belichtungskorrektur, Weissabgleich, Farbeinstellungen, Fokusbereich, Bildqualität und Auflösung zu. Blitz, ISO, Makromodus oder Timer können im Foto-Modus direkt über den Fünfwege-Schalter ausgewählt werden.

Das ist um vieles angenehmer als der mühsame Wechsel ins Menu, der bei vielen andern Kameras nötig wird, wo man dann zuerst nach der gewünschten Funktion suchen muss. Dass der Aufnahme/Anzeige-Umschalter die Kamera auf Knopfdruck auch ohne Ausfahren des Objektivs als Abspiel-Gerät startet, ist ein kleines, aber feines Detail. Ein Schieberegler auf der Gehäuseoberseite schaltet zwischen dem (moderat brauchbaren) Video-, der Szenenprogramm- oder der manuellen Foto-Betriebsart um.

Der Blitz ist im Gehäuse integriert und auf zwei, drei Meter brauchbar, der Bildstabilisator wird im Menu eingeschaltet und dann am besten vergessen – ausser, man macht Stativaufnahmen, dann sollte er ausgeschaltet werden.

Canon Ixus 860 IS von oben
Draufsicht auf die Canon Ixus 860 IS: Der Wählschieber bestimmt den Video-, Szenen- oder den manuellen Modus.

Überhaupt tut der manuell-Fotograf gut daran, einige der angepriesenen Zusatzfunktionen geflissentlich auszuschalten, etwa den ISO-Shift-Automat, der die Empfindlichkeit selbständig anpasst – und so auch bei Stativaufnahmen statt einer langen Belichtungszeit eine hohe ISO-Zahl wählt und die Bilder völlig verrauscht. Denn wie wir im zweiten Testbericht sehen werden, auch bei dieser 8-Megapixel-Kamera mit dem kleinen 1/2.5-Zoll-Sensor sind Aufnahmen aus ISO-Bereichen jenseits von 200 praktisch unbrauchbar.

„Manueller Modus“ mit beschränktem Einfluss

Überhaupt bietet die kleine IXUS nur sehr beschränkte Eingriffsmöglichkeiten für Amateure mit Selbstbestimmungsanspruch. Im Modus „Manuell“lassen sich grade Mal Weissabgleich, Farbdominanz und Belichtungskorrektur einstellen; nicht aber Belichtungszeit oder gar Blende. Angesichts von Blendenwerten zwischen 2.8 und 5.8 und der Tatsache, dass sich an der Schärfentiefe bei diesen extrem kurzen physischen Brennweiten sowieso nicht viel ändert, ist das zu verkraften. Der Verzicht auf eine manuelle Scharfstellung hingegen ist eher ein kleines Ärgernis, zumal der grosse Monitor mit einem entsprechenden Zentrums-Ausschnitt und Schnittbildindikator durchaus Spielraum gäbe.

Der Sucher-Monitor der Canon Ixus 860 IS mit eingeblendeten Gitternetzlinien und 4:3-Abdeckungen
Der Sucher-Monitor der Canon Ixus 860 IS mit eingeblendeten Gitternetzlinien und 4:3-Abdeckungen

Aber ich habe mich inzwischen mit dem Point-And-Shoot-Charakter abgefunden, und ich zweifle nicht daran, dass die durchschnittliche Qualität von Familienfotos dank Gesichtserkennungs-Autofokus gehörig gestiegen ist -auch wenn ich diese Funktion kaum je benutzen werde. Dafür bietet die Ixus 860 IS einen Belichtungs- ebenso wie einen Fokusspeicher.

Zusammen mit der Spotmessung erlauben diese beiden Instrumente ausreichende Bildgestaltung trotz der kleinen Optik. Dass ein einfaches Histogramm nicht schon während der Komposition, sondern erst nach der Aufnahme angezeigt wird, halte ich für eine vergebene Chance, auch fotografischen Laien Gelegenheit zu geben, während der Knipserei etwas zu lernen – obwohl diese einfach-Wert-Histogramme in der Regel nur die Grauwertigkeit oder den Grünkanal wiedergeben und damit von beschränktem Nutzen sind (im Gegensatz zum Life-Histogramm der Powershot G9 beispielsweise).

Der Monitor der Canon Ixus 860 IS zeigt ale wesentlichen Information zur Bildkontrolle.
Der Monitor der Canon Ixus 860 IS zeigt alle wesentlichen Information zur Bildkontrolle.

Das Makro hingegen erlaubt verblüffend scharfe Nahaufnahmen kleiner Objekte im Weitwinkel-Bereich mit einer Nähe von drei Zentimetern vor der Linse – eine Funktion, die ich an meiner grossen Nikon mangels Objektiv vermisse (und Kleingegenstände dann häufig mit dem 200er Tele und geschlossener Blende abzulichten versuche, was in Innenräumen selten gelingt und zum Öffnen der Blende und entsprechend reduzierter Schärfentiefe führt).

Beim Abspielen der auf SD-Kärtchen gespeicherten Bilder (nur JPG-Dateiformat) zeigt sich die Auslegung der Kamera als allround-Knipsbox für die Familie erneut durch Diaschau-Betrieb und den Lage-Sensor, der die Bilder je nach Haltung der Kamera auf dem (ich wiederhols gerne: überaus grossen) Monitor quer oder hoch anzeigt.

Ein helles Rotlicht sorgt nicht nur bei Blitzaufnahmen für eine recht wirksame Reduktion des Rote-Augen-Effekts, sondern lässt den Autofokus auch in stockdunklen Räumen scharfstellen. Der Bildstabi kommt dem ernsthaften Fotografen sehr entgegen, der die Benutzung des Blitz so lange wie möglich hinausschieben möchte. Und schliesslich lassen sich auf dem Sucher-Monitor die Linien des Goldenen-Schnitt-Rasters einblenden, zugleich können graue Ränder die Schnittbereiche für Fotos im 3:4 oder im 16:9-Seitenverhältnis anzeigen.

Selbstredend bietet die Canon Ixus 860 IS eine ganze Palette weiterer Zusatzfunktionen, die ich für meine Fotografie kaum je beanspruchen werde, von Audio-Aufnahme zu jedem Bild bis zur Panorama-Stitching-Funktion, dem Video-Modus (ohne Verwendung des optischen, aber des digitalen Zooms) und Spielereien wie dem Farbtausch, bei welchem auf Knopfdruck eine im Voraus ausgewählte Farbe einer Aufnahme durch eine andere, frei wählbare Farbe ersetzt wird.

Ich werde am Rande des zweiten Testberichts darauf zurückkommen – denn ausprobiert habe ich sie natürlich.

Hier bisher nur so viel: Ein Ersatz für meine Spiegelreflex kann und will die Ixus 860 IS nicht sein, aber als hemdentaschenfähiges Gerät, das recht ansehliche Schnappschüsse oder auch mal eine sorgfältig komponierte Aufnahme auf einem Spaziergang – mit den durch die kleine Optik auferlegten Beschränkungen – erlaubt, ist sie im Alltag doch besser, als gar keine Kamera dabei zu haben. Neben nicht wiederkehrenden Momenten, Lomographie-Versuchen und Erinnerungsaufnahmen kann sie auch als Gedächtnisstütze für eine spätere Rückkehr an einen idealen Aufnahmeort für Landschafts- oder Stadtfotografen dienen. Der 28mm-Witwinkel erlaubt dabei eine sehr viel stärkere Annäherung an eine SLR-Aufnahme als die meisten Kompakten.

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  2. […] von 35mm-105mm. Wir nehmen übrigens drüben auf fokussiert.com grade die Canon Ixus 87 IS mit 28mm-Weitwinkel unter die […]

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