Leserfoto – „Nordische Reise“: Mut zur Nachbearbeitung

Es ist nichts Falsches dabei, mit einem experimentellen Foto (oder an sich) weiter zu experimentieren, denn nur so lernt man und entwickelt sich weiter.

(c) Christoph Derganc

Dieses Bild ist mir zwar leider nur mit meinem Smartphone geglückt, zu schnell war die Situation in einem überfüllten Passagierbus bei der Landung in Helsinki wieder vorbei. Es blieb keine Zeit, eine bessere Kamera zu zücken. Was mir persönlich gefällt, ist das Ineinanderfließen von Grau- und Blautönen, welches lediglich von der einzigen Person auf dem Bild in neongelber Weste und dem neon-Orange des Positions-Hütchens unterbrochen wird. Durch die regennasse Scheibe wirkt das Bild zwar unruhig und nicht „auf den ersten Blick erfassbar“. Das finde ich jedoch gerade interessant, dass man einzelne Details (Flugzeug-Flügel inkl. Schatten, Passagierbrücke, Passagierbus links, die Person im Bild etc.) „hintereinander“ anschauen muss, um die Gesamtsituation zu erfassen. Das Bild ist bis auf eine Auto-Korrektur-Funktion, die etwas Grauschleier entfernt hat, unbearbeitet. Ich würde mich über eine fachlich kompetente Beurteilung freuen, eventuell auch um Verbesserungsvorschläge.

Ich hätte diesen Beitrag beinahe mit „Mut zur Schliere“ überschrieben. Seit Jahren beschäftige ich mich mit Effekten, die mit Wassertropfen und anderen „Filtern“ dieser Art spielen. Was dabei herauskommen kann, ist faszinierend. Du bist den Weg zur Hälfte gegangen, und im folgenden werde ich Dir hoffentlich Anregungen geben, ihn weiter zu gehen.

Aber zunächst zu Deinem Foto: Mir gefällt das Spontane, Experimentelle dieses Bildes. Womit es schlußendlich entstanden ist, ist Nebensache; Dein Nokia hat eine gute Kamera.

Du bist in einem Flughafenbus gesessen, draußen regnete es und Dich interessierten die blassen Farben und teilweise leicht unscharfen Formen, durchbrochen von wenigen Details und einigen Farbtupfern. Man sieht auf den ersten Blick rechts ein Flugzeug mit angedockter Treppe, links einen blauen Bus. Der Flügel der Maschine spiegelt sich auf dem regennassen Beton, einige Personen sind zu sehen. Weiterhin fällt die Spiegelung des Fensters hinter Dir in der Scheibe vor Dir auf. Eine Momentaufnahme. 

Alle bestimmenden Elemente sind aus dem Goldenen Schnitt heraus verschoben (rosa), was aber zu der Szene hier für mich paßt – wenn ich auch bezweifle, daß Du Dir zur Zeit der Aufnahme darüber irgendwelche Gedanken gemacht hast; es ist Zufall.

Goldener Schnitt

Die durch die Spiegelung des anderen Fensters erzeugten helleren Stellen im Bild könnten in Photoshop angeglichen werden, aber dazu habe ich mir nicht die Zeit genommen.

In Deiner Einreichung schreibst Du, das Foto sei kaum korrigiert worden. Das sieht man, und wenn mir jemand das schreibt, heißt es meistens, daß er oder sie sich nicht sicher war, was man im konkreten Fall tun sollte. Die Antwort ist: das liegt bei Dir.

Du hast von Deiner Warte aus auf den Auslöser gedrückt, wodurch die Tropfen auf dem Glas scharf abgebildet wurden, alles dahinter jedoch unscharf. Dadurch entsteht ein malerischer Eindruck, was mir persönlich, wie oben erwähnt, gefällt. Du hättest sogar noch einen Schritt weiter gehen können, und noch mehr Details aus dem Foto nehmen, indem Du auch die Regentropfen verschwimmen läßt. Das läßt sich in Photoshop mit dem Filter „Gaußscher Weichzeichner“ simulieren:

Vergleichsfoto

Das Motiv selbst finde ich eher unaufregend, aber ich würde anregen, die Idee anderweitig weiterzuverfolgen. Hier ein paar Beispiele, wie das aussehen kann:

Bay Bridge im Regen/(c) Sofie Dittmann

 

La Llorona IV/(c) Sofie Dittmann

Ich würde mich freuen, in der Zukunft ein paar Einreichungen Deinerseits zu sehen, die das Thema wieder aufgreifen und weiter entwickeln.

1 Kommentar
  1. Chilled Cat
    Chilled Cat sagte:

    Das Mistwetter zum Zeitpunkt der Aufnahme kommt für mich im Bild gut rüber, allerdings stimme ich Sophie zu, dass das Motiv recht unspektakulär ist. Vielleicht hilft es, durch eine Vignettierung den Mann in gelb stärker hervorzuheben. Den sehe ich als Hauptmotiv im Bild.
    Die Originalversion mit scharfen Tropfen auf der Scheibe gefällt mir besser.

    Antworten

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