Schnappschussporträt: Flüchtige Erinnerung

Manche Bilder erzählen Geschichten. Manchmal „erzählen“ jedoch auch Geschichten erst die Bilder. Hier wird zum Beispiel durch die Erklärung des Fotografen die geplante Geschichte hinter dem Bild erkennbar. Ohne diese Beschreibung jedoch würde etwas fehlen.

Leserfoto: Klick für Vollansicht (© Ufuk Tekin).

Kommentar des Fotografen:

Das Bild ist unscharf, dies war zwar nicht geplant, aber es war bei der Umsetzung für das Bild, für mich auch nicht wichtig. Die Umsetzung in s/w war von Anfang an geplant. Das Bild soll eine Leichtigkeit transportieren, etwas unwahres. Es ist manchmal so, das man etwas/Jemanden irgendwo nur ganz kurz sieht und sich dann am nächsten Tag versucht daran zu erinnern. Da hat man selber dann nur ein unsauberes Schema (unscharf) vor den Augen. Eine Erinnerung, einen kleinen Moment. Ich habe versucht, das zu vermitteln.

Profi Robert Kneschke meint zum Bild von Ufuk Tekin:

Manche Bilder erzählen Geschichten. Manchmal erzählen jedoch auch Geschichten erst die Bilder. Hier wird zum Beispiel durch die Erklärung des Fotografen die geplante Geschichte hinter dem Bild erkennbar. Ohne diese Beschreibung jedoch würde etwas fehlen. Das heißt:

Das Bild kann noch nicht für sich selbst stehen.

Mir gefällt die Idee und auch die Begründung der Unschärfe leuchtet mir ein. Dann wäre jedoch technisch anzumerken, dass die spitzenbesetzte Strumpfhose zwar nicht komplett scharf, jedoch deutlich schärfer als das Gesicht ist. Wenn es schon um Erinnerung gehen soll, hätte auch dieser Bereich unscharf sein müssen.

Durch die vielen dunklen Bereiche (in den Haaren beispielsweise ist keine Zeichnung mehr vorhanden) kann ich auch keine Leichtigkeit erkennen. Die würde ich bei der Geschichte jedoch auch nicht fordern. Eher stelle ich mir vor, dass das Motiv den flüchtigen Blick festhält, den ein Betrachter im Gedächtnis behält, wenn er kurz das junge Mädchen dort sitzen sieht.

Hier könnte jedoch die innere Logik verbessert werden. Das Mädchen schaut den Betrachter an, von der Körperhaltung auch so, dass es nicht nur ein Sekundenbruchteil war, sondern weitaus länger. Die Kamera befindet sich auf Augenhöhe des Mädchens. Da dieses sitzt, müsste auch der Betrachter sitzen, was ebenfalls gegen einen nur flüchtigen Blick spricht.

Besser wäre vielleicht eine Sitzhaltung, die nach Party/Feier/Geburtstag o.ä. aussieht, mit der Kameraposition höher, die im Vorbeigehen eine kurze Kopfbewegung des Mädchens in Richtung des passierenden Fotografen festhält.

Die schon erwähnten Strümpfe lenken auch den Blick des Betrachters zu schnell auf die Knie, weil dort die meisten Details im Bild und die am wenigsten unscharfe Stelle zu sehen sind. Ganz rechts ist die Hand genau am Handgelenk abeschnitten, was oft – und auch hier – unpassend aussieht.

Insgesamt ein sehenswertes Foto mit einer Geschichte, an der sich jedoch noch arbeiten lässt.

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