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Versunken im Augenblick: Straßenszene in Tunesien

Der Aufnahmestandpunkt und der Augenblick, in dem man auf den Auslöser drückt, bestimmen maßgeblich das fotografische Endergebnis. Wenn beide perfekt zusammenkommen, sieht man das im Bild.

Leica Digilux2 mit Festobjektiv, BW 22,5 (KB 45 mm); 1/500 s; Blende 8; ISO 100 – © Bernd Plumhof

Anmerkung: Dieser Beitrag schließt sich inhaltlich an eine andere Bildkritik an, die ich vor Jahren über ein Foto von Bernd geschrieben habe. Gleicher Markt, anderes Motiv.

Unser Leser Bernd Plumhof aus dem rheinland-pfälzischen Gutweiler hat uns das obige Bild unter dem Titel „Straßenszene in Tunesien” in der Kategorie ‚Street/Strasse‘ zur Besprechung eingereicht. Er schreibt dazu:

„Hier in Douz spielt sich ein großer Teil des Tages auf bzw. an der Straße ab. Auf dem Pflaster hocken die Männer konzentriert beim ‚Zocken‘. Vom Geschehen um sie herum haben sie sich innerlich distanziert. Ein paar Fußgänger, Mopeds und Fahrräder im Hintergrund deuten das an. Die Männer sitzen – ungewohnt – nicht im Schatten des mächtigen Baums, da musste ich einfach den Auslöser drücken, ohne viel zu fragen.”

Als ich Dein Foto zum ersten Mal sah, dachte ich, es handele sich um Statisten in einem Film oder etwas ähnliches. Dann realisiert man, daß die Gruppe authentisch sein muß. Was sie genau spielen, konnte ich nicht ausmachen – Karten scheinen es jedenfalls nicht zu sein. Weiterlesen

Fotografen im Fokus: Marcus Leusch

In Zeiten, in denen alles gemessen und vermessen wird, ist „Haltung“ wahrscheinlich das Wichtigste, was man zu einem Fototermin und auf privaten Erkundungen dabei haben sollte. Marcus Leusch macht es vor.

Selbstporträt - (c) Marcus Leusch

Selbstporträt – (c) Marcus Leusch

Name: Marcus Leusch

Wohnort: Mainz

Biografisches:

Geboren in einer kleinen Moselgemeinde, die mit „Alf“, dem katzenverschlingenden US-Fernsehstar aus Kunststoff den Namen gemein hat, weswegen die hiesigen Ortsschilder oft geklaut wurden. Aufgewachsen im Traum, Studium (selige Freidenkerei), Zeitschriftenredakteur, seit 2006 Vogelfrei im Universum: als freier Journalist, Texter, Ghostwriter (nur hinter vorgehaltender Hand, und also ein durchaus undankbarer Job!) und gelegentlich auch fotografisch unterwegs, verlangt und unverlangt, wofür ich dankbar bin). Straßenfotografie seit den 1980er Jahren,  Portraitarbeiten seit 2010 …

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Streetfotografie: Das Gewusel der Großstadt

Kann Streetfotografie von der Übersichtsaufnahme her gelingen? Ein Versuch, die Frage in Bildschnitten zu beantworten.

Tramway

Leser Niklas Kääb aus München hat uns das obige Bild unter dem Titel „Tramway” in der Kategorie ‚Street/Strasse‘ zur Besprechung eingereicht.

„Ein Bild, das vor ca. einem Jahr relativ spontan in einer der Istanbuler Hauptstraßen, der İstiklal Caddesi entstanden ist. Mangels Photoshop habe ich die Bearbeitung mit Gimp durchgeführt. Nach einem standardmäßigem Weißabgleich habe ich zusätzlich den Rotanteil in den Schatten und Mitten leicht nach oben geschraubt, sowie etwas Helligkeit ausgenommen, so wie den Kontrast leicht nach oben. Leider kann ich mich hier nicht mehr an die genauen Werte erinnern.”

Zur Aufnahme wurde eine Canon EOS 1100D mit Kitobjektiv Canon EF-S 18-55mm f/3.5-5.6 III verwendet. Die Brennweite betrug 18 mm (entsprechend knapp 29 mm Kleinbildäquivalent bei einem Formatfaktor von 1.6), die Belichtungsdaten waren 1/100 Sekunde bei Blende f/5,6 und ISO 100 .

Ich wage es ja fast gar nicht zu sagen, aber manchmal bin ich ja richtiggehend froh, wenn Bilder in voller Auflösung (wie hier mit 4272 mal 2848 Pixel) eingereicht werden, da dann noch einige Beschnitt- und Auswahlreserven bestehen (siehe unten). Doch betrachten wir zunächst wieder die grundsätzlichen Bildelemente. Weiterlesen

Bewegungsunschärfe: Flirrendes Großstadtleben

Urbane Motive und Bewegungsunschärfe passen gut zusammen.

Rush Hour Bewegungsunschärfe in einem Stadtbild

Rush Hour: Bewegungsunscharfe Stadtszene © Wolfgang Everding

Unser Leser Wolfgang Everding aus Bremen hat uns das obige Bild unter dem Titel „rush hour” in der Kategorie ‚Street/Strasse‘ zur Besprechung eingereicht. Er schreibt dazu:

„Situation vor einer U_Bahnstation in Peking. Ich wollte die Bewegung der Menschen aufnehmen und habe beim Gehen mit langer Belichtunszeit mehrmals abgedrückt. Dieses Foto finde ich ist mir gut gelungen.”

Zu Ausrüstung und Aufnahmedaten liegen keine Informationen vor.

Betrachten wir zunächst wieder die grundsätzlichen Bildelemente. Weiterlesen

Einführung in die Street Fotografie/Straßenfotografie – Teil 4/4: How-To Tipps

In diesem letzten Teil, nach all den allgemeinen Betrachtungen der letzten drei Teile, möchte ich noch ein paar Tipps geben, wie bessere Street Aufnahmen zustande kommen.

  • Nimm Dir Zeit – Insbesondere in Großstädten ist das Tempo des Lebens so rasant, daß man von allen Seiten mit Reizen überflutet wird. Wo unzählige gute Motive gewesen wären, kommt man dann mit keinen oder mittelmäßigen Aufnahmen nach Hause. Anstatt einen ganzen Tag hektisch durch die Stadt zu rennen, ist es deshalb ratsamer, sich auf einen Markt im Freien, einen Straßenzug, ein Viertel zu konzentrieren.

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Leserfoto: Straßenschnappschuß – Geschichten erzählen

Die Geschichte, die ein Foto erzählt, ist für jeden anders.

Leserfoto: Klick für Vollansicht (© Markus Rimml).

Kommentar des Fotografen:

Das Foto entstand 2011 in Lissabon und war mein erstes Streetfoto, das eine Geschichte erzählt.

Profi Sofie Dittmann meint zum Bild von Markus Rimml:

Wenn ich ein Foto lange betrachten muß, um mir darüber klar zu werden, was ich eigentlich darüber schreiben will, hat das meistens den Grund, daß mir die Inspiration hinsichtlich genau dieses Bildes fehlt – es spricht mich auf einer tieferen Ebene nicht an.

Wir bekommen hier bei fokussiert nicht oft Bilder unter „Street“ eingereicht, die ich tatsächlich auch in diese Kategorie einordnen würde, denn oft sind es nur im Vorbeigehen gemachte Schnappschüsse, bei denen die Kategorie für den Einreichenden wohl irgendwie am besten gepaßt hat. Dieses Foto hier ist für mich Street, allerdings weiß ich nicht, was für eine Geschichte es mir erzählen soll.

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Einführung in die Street Fotografie/Straßenfotografie – Teil 3/4: Street und Recht am Eigenen Bild

Eine Diskussion, die immer geführt wird, wenn erkennbare Personen im Foto sind, das an einem öffentlichen Ort aufgenommen wurde, ist: „Darf der das?“ Persönlichkeitsrecht und Recht am eigenen Bild sind ein Thema, das in verschiedenen Ländern verschieden gehandhabt wird. In den USA zum Beispiel gibt es den Begriff „reasonable expectation of privacy“ oder „begründete Erwartung von Privatsphäre“, während in Deutschland das Recht am eigenen Bild über allem steht. Verschiedene Kulturen haben Bilderverbote; anderorts gilt es als unschicklich, als Mann nicht zur Familie gehörende Frauen abzulichten. Man sollte sich daher mit den vorherrschenden rechtlichen und kulturellen Regeln vertraut machen, bevor man zur Kamera greift.
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Einführung in die Street Fotografie/Straßenfotografie – Teil 2/4: Muß Street kompositionell/technisch perfekt sein?

Nach meiner Begriffsbestimmung steht Perfektion nicht im Vordergrund. Viele Street Aufnahmen sind kompositionell und technisch perfekt, aber viele sind es eben nicht. Doch da sie die Zeit und den Ort so perfekt eingefangen haben, akzeptiert man es als Kompromiß.


Es existiert beispielsweise ein Foto von Helen Levitt von circa 1940, das einen kleinen Jungen und ein etwa gleichaltriges Mädchen beim Tanzen auf der Straße zeigt. Sie haben die Arme erhoben, selbstvergessen, und scheinbar nicht bemerkt, daß sie fotografiert wurden. Der kleine junge ist Afroamerikaner, das Mädchen weiß – und in einer Zeit, als es verpönt oder mancherorts gar verboten war, sich mit jemandem der anderen „Rasse“ abzugeben, ist das Foto deshalb noch bemerkenswerter. Es ist auch beim genauen Hinsehen etwas unscharf, aber sonst so perfekt eingefangen, daß diese Unschärfe dem Bild keinen Abbruch tut.
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Einführung in die Street Fotografie/Straßenfotografie – Teil 1: Wie definiert man Street?

Der folgende Artikel richtet sich an Fotografen, die gerne mit der Kamera einen Ort erkunden, aber nur eine vage Vorstellung davon haben, was genau Street eigentlich ausmacht.


Hier auf fokussiert bekommen wir oft Bilder geboten, die jemand sozusagen im Vorbeigehen in einer Großstadt geschossen hat. Diese werden gerne unter „Straßenfotografie“ eingereicht, auch wenn es sich eher um einen Urlaubsschnappschuß handelt. Und konsequenterweise bekomme ich als Kritiker dann die Frage gestellt, was Street Fotografie denn eigentlich sei. Berühmte Vertreter des Genres, man denke an Henri Cartier-Bresson, haben Street ihren Stempel aufgedrückt, ohne den Begriff in eine Form zu gießen, die es für andere leichter macht, ihn zu erfassen.
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Bildkritik: Reduzierte Farbenpracht

Farben und Formen gut kombiniert ergeben ein gutes Bild und erzählen im besten Fall eine Geschichte.

[textad]

Leserfoto: Klick für Vollansicht (© Bernhard Bader).

Kommentar des Fotografen:

Strassenverkäuferin in Peru beim Bohnen schälen und sich unterhalten.

Profi Thomas Rathay meint zum Bild von Bernhard Bader:

Bernhards Fotografie würde ich eher in die Kategorie „street-photography“ einordnen als abstrakt. Was mir bei diesem Bild sofort ins Auge gefallen ist, sind die Farben. Wie so oft sehen wir die Bilder ja erst einmal nur klein irgendwo und entscheiden dann in Sekundenbruchteilen darüber, ob wir es näher betrachten wollen oder weiter „blättern“, also kein weiteres Interesse an der Abbildung haben.

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