Défilé: Hochzeitsgäste in den Fokus

Offenblende-Fotografie ist gerade bei Anlässen mit Menschen ein hervorragendes Mittel, um ein Details aus der Masse herauszugreifen und in der Schärfe freizustellen. Allerdings muss man sich genau überlegen, was das sein soll.

Palästinensische Hochzeit

Canon EOS 6D 1/60s bei Blende 2.8 mit 70mm Brennweite und ISO 800. © Holger Vieth

Holger Vieth aus Freiburg schreibt zu diesem Bild: Dieses Foto ist auf der Hochzeit einer palästinensischen Freundin von mir entstanden – an Weihnachten in Bethlehem. Es war eine vergleichsweise multikulturelle und liberale Feier, wenngleich viele der Gäste deutlich traditioneller eingestellt waren als das Brautpaar. Ich meine, dass dieser Kontrast auch in dem Foto sichtbar ist.

 

Natürlich ist an einer Hochzeit die Braut das Wichtigste. Aber sie ist nicht immer das interessanteste – in diesem Bild wird das deutlicher als irgendwo.

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Balloons in Dutch Angle: Aus dem Rahmen gefallen

Wenn man mit ungewöhnlicher Perspektive unerwünschte Elemente ins Foto bringt, sollte man sich ihrer zumindest in der Nachbearbeitung annehmen.

Aliza im Dutch Angle mit Ballons am Strand

Die technischen Daten: EOS 5D Mk III, Sigma 1.4/50 mm, Blende 5 bei 1/160s. © Reinhard Witt

Reinhard Witt aus Loose schreibt zu diesem Bild: Es war kalt, lausig kalt… Mein langjähriges Modell Aliza kam immer auf solche „grenzwertigen“ Ideen. Aber sie hat den Job einer Eventmanagerin, der es eben an den schönen Tagen des Jahres nicht möglich macht solche Bilder zu schießen. Die Zeit wird für etwas anderes gebraucht. Nun entschloss sie sich im Oktober das nachzuholen, was sie sich im Sommer ausgedacht hatte. Schon die Vorbereitungen mit den Luftballons gerieten fast zu einem Desaster. Helium hat eben seine Tücken… Wir entschieden uns für Strand… ja klar… und dann dieser eisige Wind… Aliza ließ sich nichts, aber auch nichts anmerken. Konzentriert wie immer… Welche Absicht steckte hinter dem Bild, ihr stellt Fragen. Muss denn immer eine hochtrabende Absicht dahinter stehen, darf man keine Bilder nur aus Spass mehr machen? :-) Gibt schon genug traurige Bilder auf der Welt. Und was ist speziell?… Vielleicht die Nachbearbeitung die ich mit dem Pixlr ausgeführt habe. Mittlerweile ein eigenständiges und für meine Zwecke hervorragendes „Verhübschungsprogramm“ :-)

Einer der Hauptgründe, warum ich gerne Bildkritiken schreibe, ist, dass ich permanent damit zu kämpfen habe, mein eigenes ästhetisches Empfinden – sprich, wie ich an Motive herangehe, wie ich sie umsetze, hintanzustellen. Hätte ich diese Szene fotografiert, wäre alles düster, Aliza schwarz angezogen, entsprechend geschminkt etc. Genau deshalb habe ich mir Dein Bild ausgesucht: es ging in eine so vollkommen andere Richtung. Weiterlesen

Teufelsmauer-HDR: Warum soviel Aufwand?

Ein grossartiges Landschaftsmotiv wird fotografisch  mit erweitertem Kontrastumfang nicht unbedingt besser. Im Gegenteil: bisweilen wird der gute Eindruck durch Artefakte zerstört.

teufelsmauerhdr

Canon EOS 1100D, 1/40 s, F/3.5, 18mm, 100ISO © Tino Zeidler

Tino Zeidler aus Quedlinburg schreibt zu diesem Bild: Motiv bildet hier eine Sandsteinformation aus dem Harzvorland, die „Teufelsmauer“. Aufgenommen zum Sonnenuntergang kurz vor der blauen Stunde. Entstanden ist das Bild als eine HDR-Belichtungsreihe aus 6 Bildern über einen Zeitraum von ca 5 Minuten. Die Tonwerte wurden speziell auf diesen mythischen/sagenumwobenen Ort abgestimmt.

Als begeisterter Landschaftsfotograf finde ich Deine Aufnahme auf den ersten Blick bemerkenswert. Ich hätte ein paar Verbesserungs… ähm. Und dann sehe ich die Artefakte und die Farbsäume und frage mich: Was ist denn hier passiert? Weiterlesen

Touristen am Zytglogge: Näher ran

Bei hohen Kontrasten im Bildausschnitt muss auf das wesentliche Motivteil belichtet werden. Die Automatik der Kamera wird das häufig vermasseln.

Canon EOS 600D, 1/125s bei Blende 7 mit 55mm und ISO 100, "Tourists", © Lena Hahner

Canon EOS 600D, 1/125s bei Blende 7 mit 55mm und ISO 100, „Tourists“, © Lena Hahner

 

Lena Hahner aus Heidelberg: Ich habe dieses Bild in Bern geschossen. Ich kam durch den Torbogen der Zytglogge und sah dort eine Menschenmenge darauf warten, dass die Stunde schlägt. Als nur ein Glockenschlag ertönte, rissen alle ihre Kameras und Handys hoch, um den Moment einzufangen, anstatt es sich mit bloßem Auge anzusehen. Das hat mich so zum Lachen gebracht, dass ich wartete, bis es beim nächsten Mucks, den die Uhr von sich gab, wieder geschah. Dann habe ich abgedrückt.
Ich habe das Bild hinterher bearbeitet (s/w, einige Schatten und Kontrast verändert).
Ich halte das Bild von der Aufteilung her eigentlich für gelungen, auch wenn es da noch besser hätte sein können. Es kommt mir jedoch ein wenig zu unruhig vor – zu viele kleine Details, und der Fokus zu wenig auf den Menschen. Mich würde interessieren, was ich an meinen Kameraeinstellungen und der Bildkomposition hätte besser machen können, um den Moment besser einzufangen.

Du bist genau in die Mittagslicht-Falle gelaufen – und dagegen gäbe es zwei Abhilfen: Auf das eigentliche Motiv belichten oder eine Belichtungsreihe anlegen (HDR). Hier stellt sich indes die Frage, ob Du die richtigen Entscheidungen für das von Dir geplante Bild getroffen hast. Weiterlesen

„2“ – Abstrakte Realität: Geht das?

Funktioniert Abstraktion, wenn man sie sieht und fotografiert? Selbstverständlich. Und wie! Eigentlich IST Fotografie Abstraktion. Immer.

Abstrakte Containerwand. X100T Aufnahmedaten: 1/70s bei Blende 8 mit 23mm Brennweite und ISO 200

Fuji X100T Aufnahmedaten: 1/70s bei Blende 8 mit 23mm Brennweite und ISO 200

Michael Gündling aus Neulussheim schreibt zu diesem Bild: Ich bin sehr an abstrakter Malerei interessiert, und seit einiger Zeit probiere ich, Abstraktion auch in der Photographie umzusetzen. Mich interessiert vor allem die Emotionalität von Farbe an Alltagsgegenständen auf unseren Straßen. Dieses Bild ist ein Ausschnitt eines Containers, den ich an der Psychiatrie in Heidelberg gefunden habe. Sofort zog mich das intensive Blau, die Ziffer und der kontrastierende Rost an. Mit der schwingenden Kette hatte ich noch eine Ebene. Meine Frage: Funktioniert diese Art von Aufnahme als Foto?

Abstraktion ist Reduktion. Und Fotografie reduziert immer: Die Welt auf einen kleinen Ausschnitt. [amazon  B01JLZBMVK]Also ist Fotografie per se Abstraktion.[/amazon] Manchmal sehr gute, manchmal unverständliche. Die hier ist sehr gut. Weiterlesen

Strassenfotografie: Freistellen

In einem belebten Umfeld muss ein Motiv freigestellt werden – durch Schärfe, Pespektive, Licht oder mit anderen Mitteln.

Fotografie ohne Schärfentiefeneffekte

Zwei Kinder begegnen sich – Strassenmusiker in Berlin.

Uwe Köppe aus Berlin schreibt zu diesem Bild: Mitten in Berlin begegnen sich in der Touristenmeile zwei Kinder…
„Kontrast“ im sozialen Sinne

Strassenfotografie bietet viel Reiz durch die ungeheure Dynamik, die in der Stadt für ständig wechselnde Motive sorgt. Bisweilen ist es aber eben auch zuviel Dynamik, und eine Trennung der Ebenen tut not.

Leider haben wir zu dieser Aufnahme keine Exif-Daten, ich gehe aber davon aus, dass sie mit einem Normalobjektiv oder etwas, was dem nahe kommt, an einem trüben Tag um die Mittagszeit mit einer nicht sehr weit geöffneten Blende und einer relativ langen Belichtungszeit entstanden ist. Letzteres ist zu erkennen an der Bewegungsunschärfe im rechten Fuss des kleinen Jungen.  Weiterlesen

Gewinner-Uploads im August: Eine Gasse und viel Gras

Die interessantesten Fotos unter allen Uploads im August könnten verschiedener kaum sein. Aber jedes der Bilder ist auf sehr ausgeprägte Weise anders.

Collage der Siegerbilder im August. Sie alle zeichnen sich durch eindeutige Akzente aus.

Collage der Siegerbilder im August. Sie alle zeichnen sich durch eindeutige Akzente aus.

Seine „Gasse in Carona“ hat uns eben erst beschäftigt: Im August hat Hans Georg Sandforth seine Fotografie aus dem Tessin zur kritik eingereicht, kürzlich habe ich sie besprochen, und ausserdem ist sie von den Fokussiert-Kritikern jetzt zum interessantesten Uplaod des Monats August gewählt worden – dicht vor einigen andern sehr bemerkenswerten Bildern: Weiterlesen

Schrill und spannend: Schwankende Gestalten

Mit Sonderausrüstung wie dem Lensbaby kann man spannende Motive weiter verfremden. Während dabei vielfach übertrieben wird, ist der Effekt hier zurückhaltend und Bildverstärkend eingesetzt.

Sony Alpha 57, Lensbaby Sweet 35, ISO 800, 1/5 sec, Blendenwert nicht gespeichert - wohl recht weit offen

Sony Alpha 57, Lensbaby Sweet 35, ISO 800, 1/5 sec, Blendenwert nicht gespeichert – wohl recht weit offen

H. Ullrich aus Marienthal: Das Bild ist an einem diesig-feuchten Winterabend an einer Haupverkehrsader in Mainz entstanden. Die Lichter der Straße wurden diffus in der feuchten Luft zu einer mystischen unwirklichen Welt gestreut. Das Lensbaby sweet 35 Objektiv tat das übrige. Ein Stativ hatte ich mal wieder nicht dabei, also habe ich mich für mehr Stabilität mit der Schulter an die Fassadenfront gepresst und die Spiegelung in der Fensterfläche gleich ins Bild mit aufgenommen… (Sony Alpha 57, Lensbaby Sweet 35, ISO 800, 1/5 sec, Blendenwert nicht gespeichert – wohl recht weit offen)

Was ich hier besonders toll finde? Dass man der Aufnahme nicht sofort anmerkt, dass sie mit einem [amazon B004O6MW48]Lensbaby[/amazon] geschossen wurde! Weiterlesen

Gasse in Carona: Virtuelle Räume

Das Spiel mit Flächen und Strukturen führt oft in die Abstraktion. Wenn es sich mit bildhafter Darstellung mischt, wird die Geschichte besonders interessant. Hier entsteht sozusagen ein gekrümmter Raum…

Gasse in Carona, TI, Schweiz. Aufgenommen auf Farb-Diafilm, gescannt und in Photoshop bearbeitet. © Hans Georg Sandforth

Gasse in Carona, TI, Schweiz. Aufgenommen auf Farb-Diafilm, gescannt und in Photoshop bearbeitet. © Hans Georg Sandforth

Hans Georg Sandforth aus Rietberg: „Gasse in einem Tessiner Bergdorf“. Das Bild wurde mit einer Nikon FM2 auf Farbdiafilm aufgenommen, später gescannt, in Photoshop bearbeitet und in SW konvertiert. Gereizt hat mich am Motiv die Komposition der Formen und strukturierten Flächen.

Die meisten hier kennen wohl den Künstler M.C. Escher.  Er hat sein Publikum im letzten Jahrhundert mit Zeichnungen fasziniert, die vielfach von [amazon  3836529645]optischen Täuschungen,[/amazon] geometrischen Spielereien und der Mischung aus Foto-Realismus und Abstraktion geprägt waren. Du hast sozusagen das fotografische Pendant zu [amazonna  3822837067]Eschers Grafik der „unmöglichen Konstruktionen“[/amazonna] geschaffen – sehr interessante Stilrichtung! Weiterlesen

Ausweg: Der Blick von unten

In ungewöhnlichen Perspektiven liegt ein spannendes fotografisches Experimentierfeld. Wer ausserdem mit Formen und Flächen arbeitet, braucht in der Tat nicht zu viel auf die Technik zu geben.

ausweg

Paula Christine Lehmann aus Freiburg schreibt zu diesem Bild: Liebe Damen und Herren,
Meine Bilder sind alle mit einer Digitalkamera Nikon cool B500 gemacht und wie gesagt nach Gefühl ohne Bestimmungen, also ich kann leider nicht die technischen Daten aufzählen und hoffe trotzdem, dass eines von 30jährige Beachtung findet….

Ich entnehme Deiner Einführung eine (etwas trotzige) Ansage, dass Dich technische Details nicht interessieren – und dagegen ist nicht viel einzuwenden, schon deswegen nicht, weil Du offensichtlich andere Wege zu einer künstlerischen Fotografie gefunden hast.

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