Bewegtexperiment: Inner Space

Durch Bewegung der Kamera lassen sich bisweilen faszinierende Effekte bewirken. Es lohnt sich, damit ausführlich zu arbeiten.

[textad]Leserfoto: Klick für Vollansicht (© Thomas Renner).

Kommentar des Fotografen:

Ein Experiment mit bewegter Kamera und langer Belichtungszeit. Wurde aus RAW entwickelt, Weissabgleich extra falsch gesetzt auf Trüb. Zu Anfang der Belichtung hab ich ruhig gehalten um danach um den Baum herum zu gehen (ca. 1/2 Umdrehung), die Kamerarichtung blieb dabei die selbe. Danach noch etwas PS (Gradationskurve, Tiefen und Lichter, „falsche“ Nachschärfung der Mikrokontraste, Bereichsreparaturpinsel gegen den Sensorstaub).

Peter Sennhauser meint zum Bild von Thomas Renner:

Ein dunkles, grüngelbes Gebilde ragt in diesem Farbbild aus dem unteren Bildrand in das Zentrum der Aufnahme und breitet sich dort in feiner Verästelung aus. Zwischen den Ästen scheint helles Licht durch und vermittelt den Eindruck, durch eine adrige Membran zu blicken.

Die Überschrift dieser Besprechung habe ich mir von Hollywood geborgt: Es ist der Titel eines Films mit Dennis Quaid über die Reise eines auf Nano-Masse vekleinerten Piloten in einem U-Boot in einem Menschen – übrigens ein Remake des gleichen Themas aus den 60er Jahren:

In einer Szene befindet sich der U-Boot-Pilot hinter dem Auge des Patienten, und die Szenerie – Augapfel am Sehnerv – sieht fast aus wie Dein Bild.

Ich weiss nicht, ob Du das als Kompliment nehmen magst und ob ich nicht einfach durch übermässigen Sci-Fi Konsum geschädigt bin – aber das Bild hat mich gepackt und nicht mehr losgelassen. Und das ist jedenfalls ein gutes Zeichen…

Die Herausforderung in der fotografischen Abstraktion liegt darin, Gegenstände nicht mehr bildhaft „abzubilden“ und dennoch eine Botschaft, eine Aussage oder zumindest eine optische Faszination zu vermitteln.

Wenn ich diese Aufnahme interpretieren müsste, würde ich sagen, es geht um Licht, um Zugang zum Licht, und um organische Substanz, um Leben – was sich, wie Deine Erklärung zeigt, als absolut richtig erweist, obwohl ich nie auf die Idee gekommen wäre, dass es sich bei dem Motiv um einen Baum handelt. Eher dachte ich an ein Gemüse, einen Blumen- oder einen sonstigen Kohl. (alles Lüge. Ich dachte an einen Sehnerv.)

Eine zweite Herausforderung der Abstraktion kann darin bestehen, nicht zufällige Ergebnisse zu erzielen, sondern entweder eine Absicht zu verfolgen oder eine Technik weiter zu entwickeln und so aus einem Effekt ein „Genre“ zu machen, das gleichzeitig fasziniert und dabei eine reproduzierbare Interpretation zulässt.

Anders gesagt: Dies ist ein vereinnahmendes Bild, das mich als Serie, die entweder mit der gleichen Technik entstanden ist und verschiedene Motive verfremdet, oder beispielsweise das gleiche Thema – Licht und das Streben danach – verfolgt, vollständig begeistern könnte. Oder, um nicht vorzugreifen, Deine ganz eigene Assoziation mit dem, was Du hier geschaffen hast.

Dies nur als Anregung, weil ich ganz persönlich finde, dass sich Entdeckungen dieser Art anbieten, um weiter zu experimentieren und dabei die Chance nicht zu verpassen, ein eigenes Muster zu finden, aus dem ein Projekt entstehen kann.

In der Rubrik “Bildkritik” analysieren Profi-Fotografen im Auftrag von fokussiert.com montags bis freitags jeweils ein Foto aus der Leserschaft.
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3 Kommentare
  1. Josef
    Josef sagte:

    Wow. Sieht fantastisch aus. Habe erst kurz gedacht, dass es ein medizinisches Bild ist (Kontrastmittel im Blutkreislauf). Mir gefällt auch die Beschreibung von abstrakter Fotografie. Weiter so.

    VG
    Josef

    Antworten
  2. thomaspom
    thomaspom sagte:

    danke peter für deine bildbesprechung!

    dies war nicht mein erster versuch mit bewegter kamera und auch mit sicherheit nicht mein letzter (hab noch andere ideen). nur was nach der umsetzung wirklich rauskommt ist eine andere sache, manchmal klappt es so wie ich es im kopf habe und dann eben auch nicht.
    gleiches motiv, andere belichtungszeit und bea hier: http://www.flickr.com/photos/thomaspom/5398662218/

    dein vergleich mit dem sehnervstamm find ich klasse, sehe ich jetzt auch :-). die peitschende weide aus harry potter wurde auch schon genannt…

    glg thomas

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