Buchrezension «Landschaftsfotografie Erleben»: Ein Dialog mit der Natur

Gute Landschaftsbilder vermitteln dem Betrachter den intuitiven Augenblick, in dem sich alles zu der Entscheidung verbunden hat, auf den Auslöser zu drücken. Stille kann man sehen, so wie man Schönheit fühlen kann; Raymond Clement macht es vor.

Cover

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Es gibt eine Szene in „Avatar“, in der Jake Sully in der Gestalt seines Na’vi Alter Egos mit Eywa, der von den Na’vi verehrten Natur-Muttergöttin, in einer Art bioelektrischer Verbindung kommuniziert. Obwohl ich bei Gott kein Fan des Films bin, in den mich mein damals dreizehnjähriger Sohn geschleppt hat, war dieser Moment das erste, was mir in den Sinn kam, als ich die Bilder von Raymond Clement sah. Er hat diese Verbindung mit der Natur seines heimischen Luxemburg, und das ist in jedem einzelnen Foto sichtbar.

(c) Raymond Clement/Paul Bertemes

(c) Raymond Clement/Paul Bertemes

Clement kehrt an dieselben Orte wieder und wieder zurück; so zu einer ihm teuren Zwillingseiche, die er auf alle denkbaren Weisen fotografiert hat. Das könnte kitschig sein, wäre da nicht die intime Kenntnis des Baumes, die aus jedem Bild spricht. Seit Jahren führt Clement mit ihm einen stummen Dialog, wie er auch sonst über seine Auge – und schlußendlich seine Kamera – mit der ihn umgebenden Natur Zwiesprache hält.

Ähnlich der Maler der Romantik verbindet sich ihm das Gefühl, welches das fotografierte Motiv in ihm auslöst, mit der Mystik der Schöpfung an sich. Wenn er auch sagt, daß wirkungsvolle Bilder zu schaffen ein geistiger Vorgang sei (schließlich muß man, nachdem das Bild sich vor dem geistigen Auge geformt hat, auch technische Entscheidungen über Verschlußzeit, Blende, und so weiter treffen), ist klar, daß er aus dem Bauch heraus fotografiert, und dieses Empfinden teilt man als Betrachter seiner Fotos.

Clement zeigt uns, daß man als Landschaftsfotograf nicht mit teurem Gear um die ganze Welt reisen muß, um beeindruckende Bilder zu machen. Es ist wichtiger, mit seinem Motiv intim vertraut zu sein, und aus dem, was sich einem bietet, das beste herauskitzeln zu können.

(c) Raymond Clement/Paul Bertemes

(c) Raymond Clement/Paul Bertemes

Bärlauch im Wald, Margariten im Wind oder jener Zwillingsbaum sind für ihn genauso interessant wie die Landschaft des Our Nationalparks in Luxemburg aus einem Heißluftballon heraus.

(c) Raymond Clement/Paul Bertemes

(c) Raymond Clement/Paul Bertemes

Das Buch ist von prägnantem erklärendem Begleittext durchzogen, der dem Leser nicht nur eine Erläuterung der Motivation hinter einer Aufnahme bietet, sondern auch die technischen Daten – ein Lerneffekt ist also auf mehreren Ebenen gegeben. Besonders ansprechend fand ich die zahlreichen Doppel- und Ausklappseiten, die „Landschaftsfotografie Erleben“ zu einem einmaligen visuellen Erlebnis machen. Man möchte sie als Drucke an die Wand hängen, um sich tagtäglich an ihnen zu erfreuen und mit Raymond Clement zusammen dem Licht nachzuspüren.

(c) Raymond Clement/Paul Bertemes

(c) Raymond Clement/Paul Bertemes

(c) Raymond Clement/Paul Bertemes

(c) Raymond Clement/Paul Bertemes

Über die Autoren: Raymond Clement, 1944 geboren in Luxemburg, wohnt in Bourglinster und Luxemburg, fotografiert seit den Sechziger Jahren und verbindet mittlerweile seine Passion für Fotografie mit der für Musik. Paul Bertemes, 1953 geboren in Luxemburg, begleitet seit über 30 Jahren das künstlerische Schaffen in Luxemburg und der Großregion insbesondere mit Beiträgen für Publikationen im Kultur- und Pressebereich, auch mit Ausstellungskonzeptionen, -einführungen und -kuratierungen.

[buchrezensiontabelle 9783864903304]

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