Die Ballerina: Klischee, märchenhaft gelungen
Eine junge Frau tanzt gedankenversunken Ballett im romantischen Ballsaal – bis sie die Zeit um sich herum vergisst und der Verfall einsetzt. Eine gut gewählte Geschichte lässt selbst das Klischee von „jungen Frauen in alten Gemäuern“ gut dastehen.
Kommentar des Fotografen:
Aufgenommen in einer location aus dem 19 jahrhundert, schon seit jahrzenten leerstehend. War früher ein ballsaal und vergnügungsstätte mit allem drumherum. Dieses bild entstand aus einer belichtungsreihe (1/60, 1/250, 1/15), in der das model die pose hielt. Ich wartete auf den tag, an dem sonne schien und in das große fenster hinter der bühne fiel. Den staub ein bißchen aufgewedelt und das model positioniert. Die belichtungsreihe wurde im photoshop per hand (ebenen und masken) bearbeitet. Durch die handarbeit konnte ich lichter und tiefen gezielt herausarbeiten. Wir hatten 7 grad minus draussen und das model war sehr tapfer!
Profi Robert Kneschke meint zum Bild von heike brauer:
Willkommen zur gefühlt 3756. Folge von „Junge Frau in alten Gemäuern“. Warum das oft nicht gut geht, hatte ich in einer früheren Bildkritik ausführlich erklärt.
Warum es manchmal doch klappt, zeigt das Foto von Heike Brauer. Bei vielen Varianten der „Reine Haut und verfallene Häuser“-Fotos passen die Umgebung und die Person nicht zueinander. Hier passt beides im Gegenteil perfekt zueinander:
Zu sehen ist eine anmutige Ballerina, die gedankenversunken tanzt – in einem alten, großen Ballsaal, bei dem durch die Fenster von hinten die Sonne ihre Strahlen auf den Jahrhunderte alten Staub wirft.
Die Schönheit ergibt sich aus dem Zusammenspiel des Motivs und der passenden Technik. Das Gebäude ist verfallen, wurde jahrzehntelang nicht genutzt, aber der einstige Glanz der Architektur ist immer noch in den Feinheiten der Kuppeldecke und den Fenstern zu erkennen. Die kleine Frau in der Mitte des Bildes unterstreicht noch die majestätische Größe der Fenster.
Das Aufwirbeln des Staubs ist ein eleganter Trick, um das Alter, das Unbenutzte des Ortes dezent zu betonen und die Sonnenstrahlen sichtbar zu machen, die Tiefe in den Raum bringen. Da die Sonnenstrahlen sonst auch unsichtbar sind, erhält das Bild auf diesem Wege eine leicht mystische Note.
Inhaltlich ist das Bild ebenso stimmig. Die Ballerina trägt klassische Ballettkleidung, wie sie schon vor Jahrhunderten getragen wurde. Somit gibt es keinen Bruch zwischen Ort und Person. Die in sich ruhende Tanzhaltung lässt die Frau so wirken, als würde sie vor lauter Musik in ihrem Kopf die Zeit um sich herum vergessen haben – ebenfalls passend zum Verfall.
Die Technik hilft mit, diese Aussagen zu unterstreichen. Die Frau ist mittig arrangiert, was langweilig wirken kann, hier aber die eben erwähnte und erwünschte Ruhe ins Bild bringt. Durch das Licht von hinten wird die Frau von Lichtsäumen (Rim Light) umgeben und hebt sich damit vom Hintergrund ab. Die symmetrische Bildaufteilung des Hintergrunds verstärkt die symmetrische Bauweise der Fenster. Durch den behutsamen Einsatz von HDR mittels einer Belichtungsreihe wurden die Tiefen und Lichter dezent betont.
Eine gelungene Arbeit, die zeigt, dass Klischee-Motive auch wirkungsvoll umgesetzt werden können.
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Diese Aufnahme hat den monatlichen Preis von 100 Euro für das beste zur Profi-Kritik eingereichet Bild im Februar 2011 gewonnen. Herzliche Gratulation an Heike Brauer.
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In der Rubrik “Bildkritik” analysieren Profi-Fotografen im Auftrag von fokussiert.com montags bis freitags jeweils ein Foto aus der Leserschaft.
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ich verzeihe dir, peter….:) und schön, das es jemanden aufgefallen ist..
@Peter; das gute alte Web2.0
(ich sehe schon Schlagzeilen in der Emma; „Patriarchalische Template entdeckt“)
Bei dem Bild braucht man nix mehr zu erwähnen…
Ein klasse Foto. Schade nur, dass Heike nun ein „Fotograf“ ist . . .
Ich bin sonst nicht so pingelig, aber hier wirkt es etwas deplatziert, da ihr Name unmittelbar über „Kommentar des Fotografen“ steht.
Stimmt. Ich versuche, das jeweils aus dem Template heraus anzupassen, aber manchmal rutscht mir ein „Fotograf“ durch. Heike möge mir verzeihen…
Informationen zur Wahl zum Bild des Monats Februar:
http://fokussiert.com/2011/03/07/fokussiert-fotowettbewerb-taenzerin-gewinnt-im-februar/
@lichtbildwerkerin und jens..
dankeschön!
ah ok, dann Herzlichen Glückwunsch ;-)
@jens richter..weil es das foto des monats februar ist…steht zwar nicht hier, aber in meinem emailpostfach.
@ Drachenkind, woher nimmst Du die Gewissheit, dass das das Bild des Monats ist. Vor allem weil heut der 7. des laufenden Monats ist und das Bild von welchem Monat ist das dann? Beste Grüße Jens
@lichtbildwerkerin..
das ist eine herzliche einladung auf meine flickr seite zu kommen! da gibt es das und viele andere in ganz groß. vielen dank der jury für die kritik und das bild des monats. ich freue mich ganz toll..
Vielen Dank, Heike. Das Foto gefällt mir sehr!
Hi, leider kann man das Bild nicht in der Vergrößerung ansehen (Bild 0 von 0).