Minimalistische Stadtansicht: Istanbul im Dunst

Insbesondere bei einem ungewöhnlichen Kompositionsansatz sollte man auf bestimmte Kleinigkeiten achten.

(c) Bernd Plumhof

Leica Digilux2 mit Festzoom; Brennweite 36 mm (KB); 1/400 s; Blende 6,7; ISO 100 – (c) Bernd Plumhof

Aufgenommen bei der Überfahrt von der asiatischen zur europäischen Seite. Während es über dem Marmara-Meer noch relativ klar ist, liegt der europäische Teil Istanbuls im Dunst des Morgens. Hier eine untypische Stadtsilhouette Istanbuls ohne hochaufragende Minarette. Das Bild vermittelt den Kontrast zwischen scheinbar friedlicher Individualität und der „Vermassung“ einer zugewachsenen Großstadt. Das Bild habe ich leicht bearbeitet, es war unterbelichtet, aber nicht beschnitten.

Von Istanbul gibt es genauso typische Aufnahmen, wie von allen anderen Großstädten dieser Erde, die irgendwie auf der Bucket List von Touristen stehen – bestimmte Trophäenbilder kommen immer wieder, wie (hier nicht abschließend aufgezählt) der Gedeckte Basar, Sultanahmet oder die Hagia Sophia. Du hast aus der Hand heraus eine Aufnahme von der Fähre aus gemacht. Man sieht vorne ein kleines Boot, dann viel Wasser, und schließlich hinten die Stadt im Dunst. Es ist nicht leicht zu erkennen, daß es sich um Istanbul handelt, außer man kennt die Stadt sehr gut, denn es fehlen eben die typischen visuellen Aufhänger. Jedenfalls muß es sich (Fahne auf dem Boot) um eine Großstadt in der Türkei handeln. Weiterlesen

Zufälliger „Film Noir“: Bewußter Fotografieren

Wenn auch ein zufälliger Schnappschuß einen Treffer landen kann, sollte man bewußt fotografische Entscheidungen fällen können, damit das Ergebnis wiederholbar wird. Dazu gehört Komposition.

powerline

Nikon D7100, 20mm, f/11, 1/100s, ISO 100 – (c) Andreas Matti

Leser Andreas Matti hat uns dieses Foto zur Besprechung eingereicht. Er schreibt dazu:

„Das Bild habe ich während einem Spaziergang zu Herbstbeginn auf dem Pfannenstiel aufgenommen (D7100, 20mm, f/11, 1/100s). Eigentlich beiläufig fotografiert, fiel mir zu Hause die Dramatik der Wolken in Kombination mit dem Strommast auf, welche ich mit der S/W-Umwandlung verstärken wollte. Ich bin mir bezüglich der stürzenden Linien des Strommasts jedoch nicht sicher, ob diese nun für das Bild vorteilhaft oder störend sind.“

Vor kurzem habe ich bei fokussiert einen Artikelzweiteiler veröffentlicht, der sich mit Drauflosfotografieren beschäftigte. Genauer gesagt ging es darum, daß sich viele Leute wundern, warum ihre Fotos wie Anfängerschnappschüsse wirken, trotzdem sie ohne nachzudenken auf den Auslöser gedrückt haben. Hier hat das meines Erachtens zufälligerweise funktioniert, aber Du bist Dir der Sache nicht sicher, und hast uns deshalb Dein Bild zur Besprechung eingereicht.

Ich will mich hauptsächlich auf die Komposition und Bildaussage konzentrieren, denen ja Deine Frage galt: Weiterlesen

Seniorenporträt: Das Rätsel von Lady Luck

Situationsporträts entwickeln bisweilen hohe Anziehungskraft dadurch, dass einige der wesentlichsten Elemente einer Porträtfotografie fehlen. Diese Aufnahme ist ein Bilderrätsel von hoher Dynamik. Leider macht das missglückte Framing viel davon gleich wieder zunichte.

Senior in Schwarz Weiss

Charakterkopf im Seniorenheim – S/W-Porträt Canon EOS REBEL T4i, Blende 9 bei Brennweite 135mm und ISO 100 © Reinhard Witt

Das Bild zeigt meinen 90 jährigen Vater bei einem Besuch im Alten/Pflegeheim. Es wurde vor kurzem aufgenommen. Eine Absicht stand nicht dahinter. Er kasperte zu dem Zeitpunkt ein wenig herum, was er sonst eigentlich nie getan hatte. Zufälligerweise (!) hatte ich zu dem Zeitpunkt meine Kamera am Mann und konnte eine ganze Serie davon ablichten. Mir gefällt einfach der Ausdruck und das SW – in Farbe kommt das Bild überhaupt nicht rüber… :-) – Reinhard Witt

Ein älterer Herr mit Sonnenbrille und Baseball-Cap schaut in diesem Schwarz-Weiss-Brustporträt (Medium-Closeup) in die Kamera. In seiner rechten Hand hält der Mann eine Kuchengabel über einem Stück Kuchen auf dem Teller in seiner Linken. Das zerfurchte Gesicht lässt keinen genauen Schluss auf seine Gemütsstimmung zu. Weiterlesen

St. Marxer Friedhof im Frühling: Nachbearbeitung ist eine individuelle Entscheidung

Klischee oder nicht – Nachbearbeitung ist eine individuelle Entscheidung. Schwerer wiegen manchmal andere Dinge, die schon bei der Aufnahme anders hätten gemacht werden sollen.

Canon EOS 6D, 35mm Festbrennweite von Canon, f6,3 1/200, ISO 400

War ein sonniger früher Frühlingstag, neue Kamera wollte getestet und geübt werden, ein Besuch am größten noch erhaltenen Biedermeierfriedhof bot sich da an. In der Bearbeitung hat mir dann s/w trotzdem besser zum Thema Friedhof passend gefallen. Aber ob das jetzt zu sehr Klischee ist, ich weiß es nicht? Das Bild hängt außerdem etwas, tatsächlich ist es aber gerade, es ist einfach der Weg dort schräg. Bin mir da nicht sicher, ob ich das grade rücken soll, damit es fürs Auge passt…

Du hast uns hier ein Foto des St. Marxer Friedhofs in Wien eingereicht. Zu sehen sind links und rechts Grabsteine, fast mittig ein Baum, der im Weg wächst. Rechts sieht man auch umgefallene Grabsteine. Das ganze hast Du in Schwarzweiß gehalten. Weiterlesen

„Rad rasant“: Bewegung ins Bild gebracht

Zugegeben: Manchmal beneide ich ja die Filmer um die Möglichkeit, Bewegungen „einfach“ einfangen zu können. Aber auch die Fotografie bietet hierzu interessante Ansätze. Eine Herangehensweise wollen wir uns in der heutigen Bildbesprechung anschauen.

Canon A1, 2.8/24mm, auf Ektrachrome 100, Diaper Klebeband am Schienenbein befestigt, AV Modus, Blende 8 - (c) Dirk Althoefer

Unser Leser Dirk Altehoefer aus Wittenbach im Kanton St. Gallen hat uns das obige Bild unter dem Titel „Rad rasant” in der Kategorie ‚Landschaftsfotografie‘ zur Besprechung eingereicht. Er schreibt dazu: „Canon A1, 2.8/24mm, auf Ektrachrome 100, Diaper Klebeband am Schienenbein befestigt, AV Modus, Blende 8, Versuch Bewegung und dennoch Durchzeichnung des Waldweges zu erkennen.”

Ich hoffe, Dirk und seine Canon haben diesen Ausflug unbeschadet überstanden. Rasant sieht diese Abfahrt tatsächlich aus. Mit etwas Klebeband hat Dirk die alte A1 in eine Vollformat-Actioncam verwandelt. Vermutlich war noch ein langer Drahtauslöser im Spiel. Schauen wir uns nun aber das Ergebnis dieses interessanten Experiments an. Weiterlesen

„Kleinkind und Corbijn“: Dem Hauptbildgegenstand mehr Gewicht verleihen

Schnappschuss mit Kleinkind in einer Ausstellung, der noch ein wenig Nachbearbeitung benötigt.

Kleinkind in Ausstellung

Unser Leser Torsten Groth aus Bochum hat uns das obige Bild unter dem Titel „Corbijn und ein wenig Farbe” in der Kategorie ‚Schnappschuss‘ zur Besprechung eingereicht.

Er schreibt dazu: „In einer Ausstellung mit Bildern von Corbijn waren meine Tochter und ich fast allein unterwegs – rote Jacke, schwarz/weißer Hintergrund, und dann „nur“ das Handy (iphone4 mit zerkratzter Linse zur Hand). Aber wenn ich die vielen Kinder-Bilder, die man (also Vater) so macht im Laufe der Zeit, durchgehe, bleibe ich immer wieder an diesem Bild hängen – habe lange überlegt, ob es anders zugeschnitten sein sollte, mich aber entschlossen, es vollkommen unverändert zu belassen. Freue mich über eine Rückmeldung.(Bilddaten: ISO 125, 4mm, f/2.8, 1/120)”

Längere Zeit habe ich überlegt, „Wie reagiere ich auf dieses Bild, wie empfinde ich es?“ Letztendlich bin ich zum Schluss gekommen, dass die Farben des Kindes in dem eher monochromen Raum alleine wirken, und dass ich den nicht vorhandenen Blickkontakt zu einem sichtbaren Bild an der Wand ignorieren kann. Besser wäre es schon gewesen, bei der Aufnahme gleich darauf zu achten, dass das Kind eines der im Foto befindlichen Bilder anschaut. Auch eine andere Perspektive der Aufnahme, von einem Standpunkt weiter rechts, würde sich dann anbieten.

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„Bahnsteig“: Bewegung vs. Stillstand

Die Linie ist hervorragend geeignet, den Blick des Betrachters zu lenken, Räume aufzuteilen und Dynamik oder Statik zu symbolisieren. Dem Fotografen bietet sie ein einfaches, aber mächtiges Kompositionselement. Wirkungen und Nebenwirkungen wollen wir uns in der folgenden Bildbesprechung vor Augen halten.

bahnsteig3

Unser Leser Bruno Reuter aus dem unterfränkischen Kleinostheim hat uns das obige Bild unter dem Titel „Bahnsteig” in der Kategorie ‚Street/Strasse‘ zur Besprechung eingereicht.

Er schreibt dazu: „Beim Betrachten des Bildes \“MTA\“ von Emil Licht erinnerte ich mich an ein ähnliches Bild von mir. Es entstand an einer Bahnstation in Amsterdam. Ich kam gerade die Treppe hoch und habe schnell das Bild gemacht, im nächsten Moment ging der junge Mann im Vordergrund auch weiter. Ich wollte die Mischung aus Stillstand und Bewegung festhalten. Später fiel mir dann auch die extreme blaue Farbe au, die durch die Fenster zu sehen ist.”

Über Ausrüstung und Aufnahmedaten ist hier nichts bekannt. Das von Bruno mit 4996 Pixel mal 3378 Pixel eingereichte Bild ist für normale Monitore doch etwas groß, so daß ich es für unsere Zwecke auf 1000 Pixel mal 676 Pixel verkleinert habe. Unverändert zeigt sich im Vorschaubild ein kräftiges Moiré, was allerdings im Vollbild verschwindet.

Die Belichtung zeigt sich dem Betrachter ausgewogen. Ein Blick auf das Histogramm bestätigt diesen Eindruck. Die Mehrheit der Tonwerte bewegt sich in den Zonen I bis VII. Geringfügige Abbrüche sind lediglich im Lichterbereich zu verzeichnen. Da es sich hierbei um die Lampen oberhalb des einfahrenden Zuges handelt, sehe ich dies als unproblematisch an. Einzig die Bahnhofsuhr scheint etwas überblendet. Hier hätte man eventuell in der Nachbearbeitung über das Werkzeug “Lichter wiederherstellen” nachjustieren können.

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«Playing Bass»: Bühnenaufnahme mit zuviel Raum

Bei manchen Fotos macht der Beschnitt das Bild

(c) Olaf Veit

Nikon D800 – F 3.2 – 1/125 Sek.- 100.0 mm – ISO-4000

 

Die Aufnahme entstand während eines Polo Hofer Konzertes. Ich habe diese in schwarzweiss umgewandelt und wäre froh über eine Beurteilung.

Du hast uns eine Bühnenaufnahme eines Konzerts eingereicht, in der der Bassist einer Band „im Augenblick“ zu sehen ist. Er hat die Augen geschlossen, spielt vielleicht ein Solo – man weiß es nicht. Polo Hofer mußte ich zugegebenermaßen erst einmal nachschlagen; es handelt sich um einen Schweizer Mundart-Rocker, und der abgebildete Musiker ist demnach Teil seiner Band. Persönlich mag ich diese Art von Musik, speziell etwa so Leute wie Hubert von Goisern, und wünschte mir, es gäbe mehr ihrer Sorte anstatt des vorherrschenden pseudo-englischen Musikbreis, den man sonst geboten bekommt. Weiterlesen

Leserfoto – «Paris en pleine nuit»: Etwas mehr Nacht bitte

(c) Nicolas Zenz

Eigentlich beginnt doch jeder Urlaub gleich. Streit mit der Freundin, ob das Stativ nun mitkommt oder nicht. Ich habe mich durchgesetzt, das Stativ im Gepäck, leider auch das Versprechen es bei der Stadtbesichtigung zuhause zu lassen (=100% der Zeit). Was macht der kreative Fotograf? Er fotographiert aus dem Hotelfenster bei Nacht. So ist dieses Foto also entstanden.

Mir gefällt es gut, der Freundin (vielleicht aus Trotz, weil ich sie damals aufgeweckt habe?) nicht besonders. Nun fände ich eine professionelle Meinung zu dem Bild interessant. Was könnte man verbessern? Wenn man sich zu lange selbst mit einem Bild beschäftigt, wird man einfach betriebsblind.

Fotodaten:
Sony NEX-C3, Daten: 60mm; F22; 20 Sek. Verschlusszeit; ISO 200

LG Nicolas

Paris ist eine dieser Städte, die einen nicht mehr losläßt, wenn man mal da war. Mir war es nur einmal vergönnt, und ich rede heute noch drüber. Du hast uns einen Schnappschuß eingereicht, der die Stadt bei Nacht zeigt. Zu sehen ist der Fluß, Straßenlichter reihen sich wie Perlen durchs Bild. Weiterlesen

Leserfoto – „Halbzeit“: Absicht und Aussage

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(c) Gregor Boos

Dies Bild ist im Juni, abends nacht 19:00 Uhr, in Lübeck im Aegidienhof entstanden.
In dem Moment, als ich ihn betreten hatte, ist mir dieser Ball sofort aufgefallen, wie gerade eben liegengelassen.
Fotografiert wurde es mit einem SLR Magic 35mm f/1.7 (C-Mount Objektiv an Micro Four Thirds Adapter) an einer Olympus E-PL3.
Blende geschätzt f/8 (der Einstellweg zwischen f/5,6 und f/16 beträgt knapp 10mm und das Objektiv hat keine Blendenrastung). Das Objektiv hat auf Grund seiner Konstruktion je nach Blende einen mehr oder weniger großen scharfen Spot und bildet außerhalb dieses Spots unscharf ab. Scharfgestellt wurde auf den Ball.

Grundsätzlich muß ein Bild ohne die Erklärung des Fotografen, was er intendiert hat, bestehen können – es in der Hinsicht, also intentionalistisch, zu beurteilen, wird im allgemeinen als falsch angesehen. In diesem Sinne betrachte ich Dein Bild, und sehe eine Fußball vor einem Baum. Die Ränder sind verschwommen dargestellt, was auf den ersten Blick entweder dem Objektiv oder der Nachbearbeitung geschuldet ist. Weiterlesen